RASER-MRT: Großer Nutzen für Medizindiagnostik und Quanteninformationstechnologie

Neuer Ansatz: RASER-MRT verspricht bessere Bildgebung als klassisches MRT. Copyright: phonlamaiphoto – stock.adobe.com)

Ein Team von Wissenschaftler:innen vom Forschungszentrum Jülich und dem Karlsruher Institut für Technologie aus dem Helmholtz-Forschungsbereich Information, der RWTH Aachen, und aus den Vereinigten Staaten hat eine grundlegend neue Methode für die Magnetresonanz-Bildgebung (Magnetresonanztomographie, MRT) entdeckt. Diese an der RWTH Aachen zum ersten Mal beobachtete sogenannte „RASER-MRT“ (Radiofrequency Amplification by Stimulated Emission of Radiation) könnte sowohl die MRT-basierte Medizindiagnostik revolutionieren als auch neue Anwendungen für Quantensensoren bzw. in der Quanteninformationstechnologie ermöglichen. Aus dem Forschungszentrum war Prof. Stephan Appelt vom Zentralinstitut für Engineering, Elektronik und Analytik, Systeme der Elektronik, an der Studie beteiligt: drei Fragen an den Forscher zu der neuen Methode. (Quelle: Forschungszentrum Jülich – Pressemitteilungen)

Prof. Stephan Appelt
Copyright: Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau

Was steckt aus wissenschaftlicher Sicht hinter der „RASER-MRT“?
Prof. Stephan Appelt: Bei der bisherigen MRT regt man die Protonen des Gewebes mit passender externer Radiofrequenz an und misst anschließend das emittierte Radiosignal der Protonen in Anwesenheit eines inhomogenen Magnetfeldes. Aus dem Antwortsignal kann man dann ein Bild rekonstruieren. Entscheidend ist, dass jeder Bildpunkt – jedes Voxel – völlig unabhängig von allen anderen Voxeln ist. Das heißt, der Kontrast des MRT-Bildes hängt nur von den lokalen Eigenschaften des Voxels, wie etwa der lokalen Dichte oder den Relaxationszeiten der Protonen, ab.

Kann man bestehende Geräte einfach aufrüsten? Oder muss man völlig neu bauen?
Man kann sowohl auf- als auch abrüsten. In den letzten Jahren konnten RASER-Experimente erfolgreich bei verschiedensten Magnetfeldstärken demonstriert werden; anders als normale MRT benötigt RASER-MRT also nicht unbedingt supraleitende Hochfeldmagneten, sondern ist auch mit kostengünstigen Niederfeldmagneten möglich. Zudem kann man, wie schon erwähnt, auf äußere Radiofrequenzeinstrahlung völlig verzichten, wodurch Erhitzungseffekte in den Zellen des Patienten vermieden werden. Beides ist eine erhebliche Abrüstung der erforderlichen Hardware.

Die Aufrüstung besteht in der Implementierung von effizienten Hyperpolarisations- technologien, um die Protonen des Kontrastmittels genügend negativ zu polarisieren. Das bedeutet, dass man die Protonen sozusagen umdrehen muss, so dass sie entgegen der Richtung des äußeren Magnetfeldes stehen. Ansonsten kann sich keine spontane RASER-Emission ausbilden. Glücklicherweise hat es in den letzten Jahren große Fortschritte in der Technologie der Hyperpolarisation gegeben, sodass in Zukunft die entsprechende Einrichtung immer effizienter und kostengünstiger wird.

Hat dieses Ergebnis auch Auswirkungen auf und Berührungspunkte mit anderen Fachgebieten?
RASER-MRT ist sehr eng mit den verschiedensten Fachgebieten verknüpft. Das hängt damit zusammen, dass das Modell der RASER-MRT einen universellen Charakter hat, da es mit zwei zentralen Ordnungskonzepten in der Natur zusammenhängt: Zum einen folgt das RASER-MRT-Modell aus dem von Hermann Haken eingeführten Versklavungsprinzip, nachdem sich alle schnell variierenden Größen eliminieren lassen. Dies führt zu einer extremen Vereinfachung der Beschreibung von vielen wechselwirkenden Untersystemen wie den Voxeln. Zum anderen taucht in dem RASER-Modell das Prinzip des Synchronismus auf. Synchronismus ist dadurch gekennzeichnet, dass in einem komplexen System die Teilsysteme aufgrund ihrer kollektiven Wechselwirkung sich im Gleichtakt, das heißt kohärent, bewegen. Beide Grundprinzipien haben in den letzten Jahrzehnten enorme Veränderungen in der Physik (z.B. Josephson Arrays), der Chemie (chemische Oszillatoren), der Biologie (neurale Netzwerke) und der Astrophysik (Neutrino-Oszillationen) verursacht, um nur einige Beispiele zu nennen. Der genaue Mechanismus, wie Synchronismus bei der Entstehung eines RASER-MRT-Bildes mitwirkt, wird gerade durch unsere Forschergruppe untersucht und wird demnächst publiziert.

Und schließlich zeigen neueste Erkenntnisse, dass Synchronismus als klassisches Analogon zu der Quantenverschränkung aufgefasst werden kann. Letzteres ist für das Verständnis der Quantencomputer fundamental wichtig. Vor diesem Hintergrund ist es absehbar, dass in naher Zukunft die Physik der RASER-MRT nicht nur in der Medizintechnik, sondern auch für die Quantensensorik und der Quanteninformationstechnologie von großer Bedeutung sein wird.

Weitere Informationen:

Medizindiagnostik: Verbesserte Bildgebung

Die Original-Pressemitteilung finden Sie unter: 

RASER-MRT: Großer Nutzen für Medizindiagnostik und Quanteninformationstechnologie

Die Originalpublikation finden Sie unter: 

Sören Lehmkuhl, Simon Fleischer, Lars Lohmann, Matthew S. Rosen, Eduard Y. Chekmenev, Alina Adams, Thomas Theis, Stephan Appelt, RASER MRI: Magnetic resonance images formed spontaneously exploiting cooperative nonlinear interaction, Sci. Adv. 8, eabp8483 (2022), DOI: 10.1126/sciadv.abp8483

Verortung im Helmholtz-Forschungsbereich Information:

Helmholtz-Forschungsbereich Information, Programm 3: Materials Systems Engineering, Topic 5: Materials Information Discovery

Kontakt:

Prof. Dr. Stephan Appelt
Zentralinstitut für Engineering, Elektronik und Analytik (ZEA)
Systeme der Elektronik (ZEA-2)
Forschungszentrum Jülich
Tel.: +49 2461/61-3884
E-Mail: st.appelt@fz-juelich.de

Dr. Sören Lehmkuhl
Gruppe NMR-Mikrotechnologien für Bildgebung und Spektroskopie am Institut für Mikrostrukturtechnik (IMT)
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Tel.: +49 721-608-22760
E-Mail: soeren.lehmkuhl@kit.edu

Kontakt für diese Presseinformation:

Dr. Regine Panknin
Pressereferentin
Forschungszentrum Jülich
Tel.: +49 2461 61-9054
E-Mail: r.panknin@fz-juelich.de

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