Vererbte und erlernte Funktionen des Gehirns

Das menschliche Gehirn ist entlang zweier Achsen organisiert. Dieses Prinzip scheint sich durch die Gehirnorganisation aller Primaten zu ziehen. Copyright: Sofie Valk/ MPI CBS

Bei einfachen Prozessen der Wahrnehmung hängen Struktur und Funktion von Gehirnregionen erblich zusammen. Anders bei abstrakteren und komplexeren Vorgängen – hier prägen Umwelteinflüsse, berichtet ein internationales Forschungsteam im Fachmagazin „Nature Communications“. (Quelle: Forschungszentrum Jülich – Pressemitteilungen)

Wie Struktur und Funktion unseres Gehirns zusammenhängen und welche Zusammenhänge erblich sind, beschäftigt Hirnforscherinnen und Hirnforscher seit langem. Für einfache Prozesse der Wahrnehmung wie sehen, hören oder schmecken gilt beispielsweise, dass ähnlich strukturierte Gehirnregionen in einem Netzwerk zusammenarbeiten, die Forschenden sprechen von einer Struktur-Funktions-Kopplung der Gehirnareale. Dieser Zusammenhang wird auch vererbt. Das zeigt das Team um Sofie Valk, die am Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM-7) und am MPI für Human Cognitive and Brain Sciences in Leipzig arbeitet und mit Ihrer Arbeit an Topic 5: „Decoding Brain Organization and Dysfunction“ von Programm 2: „Natural, Artificial and Cognitive Information Processing“ des Helmholtz-Forschungsbereichs Information andockt. Anders ist es bei Hirnregionen, die abstraktere und komplexere Prozesse ermöglichen, die etwa mit sozialer Kognition und autobiografischem Gedächtnis zusammenhängen. Die Kopplung der Funktion mit bestimmten Gehirnstrukturen nimmt hier ab, sie wird nicht vererbt und kann sich daher besonders flexibel an wechselnde Umwelt- und Kultureinflüsse anpassen.

Makaken, das sind mittelgroße Primaten, wiesen ähnliche Muster auf. Der Effekt war aber in den frontalen und parietalen Regionen deutlich schwächer, also genau den Regionen, die abstraktere und komplexere Prozesse ermöglichen. Das deutet da drauf hin, dass der Zusammenhang zwischen Struktur und Funktion in diesen Arealen in Menschen mehr entkoppelt ist als bei ihren nächsten Verwandten – möglicherweise eine evolutionär relevante Veränderung, die mit typisch menschlichem Verhalten zusammenhängt.

Diese neuen Erkenntnisse können dazu beitragen, genauer zu beschreiben und zu verstehen, wie Gene und Erfahrungen die menschliche Gehirnstruktur und -funktion formen und mit den individuellen Unterschieden in der menschlichen Kognition zusammenhängen.

Die Original-Pressemitteilung finden Sie unter: 

Vererbte und erlernte Funktionen des Gehirns

Die Originalpublikation finden Sie unter: 

Sofie L. Valk, Ting Xu, Casey Paquola, Bo-yong Park, Richard A. I. Bethlehem, Reinder Vos de Wael, Jessica Royer, Shahrzad Kharabian Masouleh, Şeyma Bayrak, Peter Kochunov, B. T. Thomas Yeo, Daniel Margulies, Jonathan Smallwood, Simon B. Eickhoff & Boris C. Bernhardt, Genetic and Phylogenetic Uncoupling of Structure and Function in Human Transmodal Cortex, Nature Communications. DOI: 10.1038/s41467-022-29886-1

Verortung im Helmholtz-Forschungsbereich Information:

Helmholtz-Forschungsbereich Information, Programm 2: Natural, Artificial and Cognitive Information Processing, Topic 5: Decoding Brain Organization and Dysfunction

Kontakt:

Dr. Sofie Valk
Leiterin der Gruppe Gehirn und Verhalten am Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM)
Forschungszentrum Jülich
Tel.: +49 2461/61-2975
E-Mail: s.valk@fz-juelich.de

Kontakt für diese Presseinformation:

Dr. Barbara Schunk
Pressereferentin
Forschungszentrum Jülich
Tel.: +49 2461 61-8031
E-Mail: b.schunk@fz-juelich.de

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