Bei der Europäischen Organisation für Kernforschung CERN hat Julia Woithe das Schülerlabor S’Cool LAB mitaufgebaut. Erste Erfahrungen dafür konnte sie noch während ihres Bachelors am HZDR sammeln.
„Ich muss zugeben, dass ich während meiner vier Jahre hier nur eine Handvoll an tatsächlichen Schweizern kennengelernt habe“, scherzt Julia Woithe. „In Genf gibt es einfach zu viele internationale Organisationen. Außerdem ist das CERN fast eine eigene Kleinstadt.“ Seit 2014 arbeitet die Sächsin an der Großforschungseinrichtung, an der Wissenschaftler den Aufbau der Materie entschlüsseln, an ihrer Promotion in Physikdidaktik. Gleichzeitig managet sie das dortige Schülerlabor S’Cool LAB. Julia Woithe konnte dafür auf Kenntnisse zurückgreifen, die sie vor ihrem Wechsel in die Schweiz in Dresden gesammelt hatte: „Für meine Bachelorarbeit an der TU habe ich am DeltaX, dem Schülerlabor des HZDR, ein neues Experiment zu Kerr-Mikroskopie entwickelt.“
Am CERN bringt sie Jugendlichen nun die spannende Welt der Teilchenphysik näher. „Es geht uns vor allem darum, Neugier für die Naturwissenschaft zu wecken“, beschreibt Woithe ein Ziel. „Wir wollen aber auch das Image von Physik ändern. Bei unserem Programm treffen die Klassen deswegen immer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die am CERN arbeiten.“ Etwa 6.000 Besucher aus der ganzen Welt strömen pro Jahr an das S’Cool LAB. Neben Führungen durch die beeindruckenden Anlagen experimentieren die Forscher von morgen auch selbstständig. „Bei uns können sie beispielsweise eine eigene Nebelkammer – also einen der ersten Teilchendetektoren – bauen und damit die Spuren von kosmischen Teilchen beobachten. Auf diese Weise wollen wir ihnen einen Eindruck von der natürlichen Strahlung vermitteln, die uns immer umgibt.“
Für den Master gekommen – für die Promotion geblieben

Am ALICE-Experiment wollen die CERN-Forscher den Zustand der Materie unmittelbar nach dem Urknall nachstellen. Foto: CERN
Es war dieses Interesse für die Teilchenphysik, das die Wahl-Schweizerin nach Genf lockte. So kam sie zuerst für ihre Masterarbeit, in der sie ein Projekt des Netzwerks Teilchenwelt untersuchte, ans CERN. „In den ‚International Masterclasses‘ schlüpfen die Jugendlichen in die Rolle unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“, erläutert Julia Woithe. „Mit Teilchenphysikerinnen und -physikern werten sie echte Daten von Teilchenkollisionen aus, die unsere Detektoren aufzeichnen.“ Doch auch nach ihrem Studienabschluss ließ die Stadt an der Grenze zu Frankreich die gebürtige Löbauerin nicht los – oder vielmehr die internationale Forschungsstätte: „Ohne das CERN wäre ich wahrscheinlich nicht nach Genf gekommen.“ Dank eines Wolfgang-Gentner-Stipendiums des Bundesministeriums für Bildung und Forschung konnte sie an der Einrichtung schließlich ihre Promotion beginnen.
Die Schönheit der Stadt – umrahmt von Alpen und dem Genfer See – halfen aber natürlich auch, die Entscheidung zu erleichtern, wie Woithe erzählt: „Trotzdem spielt sich eigentlich das ganze Leben am CERN ab. Man hat ein wenig das Gefühl einer großen Familie. Das gemeinsame Ziel aller Forscherinnen und Forscher, unser derzeitiges Verständnis des Universums zu erweitern und neue Entdeckungen zu machen, motiviert ungemein.“ Aufgefallen ist ihr das besonders bei der Verleihung des Physik-Nobelpreises an François Englert und Peter Higgs im Jahr 2013, deren Theorie an einem Teilchenbeschleuniger des CERN bestätigt wurde. „Wir haben bei der Vergabe alle mitgefiebert“, erinnert sich Woithe. Vielleicht fällt ja auch die nächste große Entdeckung in ihre Schweizer Zeit – es wäre sicherlich ein gutes Thema, um mit den Einheimischen ins Gespräch zu kommen.
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