Ein anderes Verhältnis zur Arbeit

Ähnlich wie das HZDR liegt ein Teil des Campus der Kyoto Universität im Wald. Quelle: Privat

Im japanischen Kyoto verfeinert Gregory Lecrivain eine Simulations-Software. Seine Ergebnisse könnten eine Methode der Rohstoffgewinnung nachhaltig verbessern.

„Dresden war schon Routine. Ich wollte etwas Neues erleben.“ Nach fast fünf Jahren in der sächsischen Landeshauptstadt hat es Gregory Lecrivain deshalb noch weiter nach Osten gezogen: in das japanische Kyoto. Seit Oktober 2014 forscht er dank eines Marie Curie-Stipendiums der Europäischen Kommission an der dortigen Universität. Vor allem die langen Arbeitszeiten überraschten den HZDR-Wissenschaftler zu Beginn ein wenig. Dafür konnte er in dem fernen Land tatsächlich ein neues Hobby aufgreifen, dem er in der alten Heimat nicht nachging: dem Fahrrad fahren.

„Die Menschen verhalten sich hier sehr zivilisiert – auch im Straßenverkehr“, erzählt Gregory Lecrivain. „In Deutschland ist das leider nicht immer der Fall.“ In Dresden wäre der gebürtige Franzose deswegen niemals auf die Idee gekommen, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. In Kyoto legt er nun viele Wege mit dem Rad zurück. Gerade am Anfang seines Aufenthalts war die sportliche Betätigung eine angenehme Abwechslung zu seinem Arbeitstag: „Japaner verbringen viel Zeit im Büro.“

Kommunikation kompliziert, Atmosphäre angenehm

Dr. Gregory Lecrivain verbringt als Marie Curie-Stipendiat zwei Jahre in Japan. Quelle: HZDR
Dr. Gregory Lecrivain verbringt als Marie Curie-Stipendiat zwei Jahre in Japan. Quelle: HZDR

Im ersten Monat stand Lecrivain deshalb sechs Tage pro Woche von früh bis nachts im Labor. „Das drückt dann aber doch irgendwann auf die Stimmung.“ Mittlerweile hat der Strömungsmechaniker deshalb seine Arbeitszeiten wieder an europäische Verhältnisse angepasst. Gregory Lecrivain kann jedoch verstehen, warum es ihn und die anderen Forscher nicht früh nach Hause zieht. „Die Atmosphäre im Labor ist sehr angenehm. Meine Kollegen wollen ihr Wissen gerne mit mir teilen, auch wenn es mit der Kommunikation manchmal etwas hakt.“

Trotzdem kommt der Ingenieur gut mit seiner Forschung voran. In den ersten sechs Monaten hat er sich in den Code des Computerprogramms KAPSEL eingearbeitet. Nun entwickelt Lecrivain die Software, mit der sich Flotationsprozesse nachahmen lassen, weiter, um damit die Schaumaufbereitung zu simulieren. Diese Methode wird bei der Gewinnung von Mineralen eingesetzt. „Die zugrundeliegenden Mechanismen sind bisher jedoch unbekannt. Ein besseres Verständnis könnte die Verwertungsrate, die selbst unter optimalen Bedingungen nur bei 90 Prozent liegt, stark verbessern.“

Seine Ergebnisse tauscht Lecrivain regelmäßig mit seinen Kollegen am HZDR aus. „Deshalb fühlt es sich auch so an, als ob ich Deutschland gar nicht verlassen hätte. Virtuell bin ich immer noch da.“ Das könnte auch einer der Gründe sein, weswegen der Forschungsmigrant seine sächsische Wahlheimat momentan nicht vermisst. „Da ich weiß, dass ich in einem Jahr wieder nach Dresden zurückkomme, hält sich das Heimweh in Grenzen. Ich genieße viel lieber die großartigen Möglichkeiten, die mir das Stipendium bietet, und konzentriere mich darauf, möglichst viele neue Erkenntnisse mitzubringen.“

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