Ins kalte Wasser geworfen

Beim „Ausführen des Hundes“. Foto: L. Krug (POGO)

Von: Amabelle Go, Sian Seymour, Stacy Ballyram, Yoania Perez, Ahmad Mohamed |

„Abschuss“ eines XBT. Foto: E. Sauter (AWI)

Einer der zentralen Inhalte dieser Expedition ist das Ozeanographie-Modul, worin wir die Möglichkeit erhielten, sowohl praktische Erfahrung im Gebrauch ozeanographischer Instrumente als auch in der Analyse der aufgezeichneten Daten zu gewinnen. Wir hatten einen sehr engen Zeitplan mit wenig Pausen. Bereits am Tag nach dem wir uns auf der Polarstern eingeschifft hatten, ging es am frühen Morgen los.

Das erste Gerät, das wir zum Einsatz brachten, war ein sogenannter „Bathithermograph“ (expendable bathythermograph, XBT). Dieses Gerät enthält einen Sensor, welcher Temperaturprofile in der Wassersäule bis 1830 Meter Tiefe misst. Uns wurde gezeigt, wie wir es von der Seite des hinteren Arbeitsdecks aus ins Wasser schießen müssen. Zuerst waren wir begeistert, dass unser Kurs gleichsam mit einem Knall beginnen sollte. Kurz darauf wurden wir jedoch etwas ernüchtert, weil mit „schießen“ tatsächlich gemeint war, dass das Gerät aus der Halterung ins Wasser fällt. Wie auch immer, es war aufregend die ersten eigenen Daten zu sammeln.

Als nächstes kam die CTD-Rosette! Die Bezeichnung CTD steht für Conductivity-Temperature-Depth, also für Leitfähigkeit-Temperatur-Tiefe, wobei es sich eigentlich um eine Kombination aus mehreren Instrumenten zur Messung ozeanographischer Parameter in der Wassersäule handelt. Da die Salzkonzentration des Seewassers seine elektrische Leitfähigkeit definiert, kann man umgekehrt durch die Messung der Leitfähigkeit die Salinität bestimmen. Die CTD wird am Drahtseil ins Wasser gelassen und sammelt mit ihren Sensoren Daten auf dem Weg nach unten. Um die Sensoren herum sind 24 große Probenflaschen im Kreis angeordnet (darum auch CTD-Rosette), welche auf dem Weg nach oben einzeln geschlossen werden können, um Wasserproben in unterschiedlichen Wassertiefen zu nehmen. Eine Redensart in der Ozeanographie lautet: „beeil dich und warte!“ und das stimmt ziemlich gut mit unserer CTD-Erfahrung überein.

Beim „Ausführen des Hundes“. Foto: L. Krug (POGO)

Bevor die CTD zu Wasser gelassen wurde, mussten wir sicherstellen, dass die Deckel aller Probenflaschen offen und alle Auslaufventile geschlossen waren. Wir mussten auch überprüfen, dass jede Flasche korrekt nummeriert und registriert war. Es ist wichtig, dass diese Vorbereitungen getroffen werden, bevor das Schiff die Station erreicht hat. Dann kam ein Schritt, den wir „walk the dog“ („mit dem Hund ausgehen“) nennen: Die CTD wird mit einem kleinen Kran angehoben und vom Arbeitsgang hinaus auf das Arbeitsdeck gebracht. Dabei geht der Operateur, der den Kran mit einer Kabelfernbedienung steuert, wie mit einem Hund an der Leine, nebenher. Draußen wird die CTD an das Windengeschirr angeschlagen und dann bis in die Tiefsee hinuntergelassen. Das ist nun die Zeit des Wartens: Auf unserer tiefsten Station dauerte das Fieren bis in eine Tiefe von 5800 m etwa 1,5 Stunden. Glücklicherweise werden die Daten in Echtzeit auf den Monitor übertragen, so dass wir begeistert zusahen, wie sich die unterschiedlichen ozeanischen Messparameter mit der Tiefe veränderten. Nach drei Stunden, in denen es mit dem Fieren und Hieven der CTD (einschließlich dem Schließen der Flaschen) etwas geruhsamer zugegangen war, mussten wir wieder zurück aufs Arbeitsdeck: Die CTD kam zurück an Deck und nun mussten wir uns wieder beeilen, um die Wasserproben aus den Flaschen abzufüllen: Einige chemische Parameter, wie die Sauerstoffkonzentration können durch den Kontakt mit der Luft verfälscht werden. Darum füllten wir die Proben sehr zügig aber zugleich vorsichtig ab, wobei wir auch sicher gehen mussten, dass alle Proben korrekt beschriftet wurden. Diese werden dann später im Labor u.a. auf Nährstoffe, gelösten Sauerstoff, Chlorophyll-a und pH-Wert untersucht.

XBT Temperaturprofile

Unsere Gruppe konnte einige der gesammelten Rohdaten auswerten und analysieren, wobei wir interessante Ergebnisse erzielten: Während unseres Moduls setzten wir vier XBTs ein. Es war faszinierend hieraus zu beobachten, wie das Wasser in nördlicher Richtung mit zunehmender Entfernung von der Antarktis immer wärmer wird. In diesen Temperaturprofilen erkennt man in Richtung Äquator zudem eine zunehmend ausgeprägte Wasserschichtung. Bei den CTD-Daten konzentrierten wir uns auf die beiden wichtigsten Parameter Salzgehalt und Temperatur, welche uns erlaubten, die unterschiedlichen Wassermassen im Südatlantik zu unterscheiden. Jede dieser Wassermassen beeinflusst den Weltozean in der einen oder anderen Weise. Mit dem Antarktischen Bodenwasser (AABW) beobachteten wir eine der interessantesten und wichtigsten Wassermassen. Sie besteht aus dem dichtesten (schwersten) und kältesten Wasser und hat ihren Ursprung in der Antarktis. Sie führt sehr viel gelösten Sauerstoff mit sich, der für marine Organismen wichtig ist. Interessanterweise treibt das AABW mit seinen Eigenschaften die Strömungssysteme des ganzen Ozeans an. Es spielt auch eine kritische Rolle im Hinblick auf den Klimawandel, weil sich durch die Aufheizung der Polarregionen die Bildung von AABW erschwert. Eine andere interessante Wassermasse ist das Nordatlantische Tiefenwasser (NADW): Wie der Name bereits erklärt, wird dieser Wasserkörper im Nordatlantik gebildet. Evaporation und Durchmischung mit anderen Wassermassen verändert das NADW. Dadurch wird es zur schwersten und salzreichsten Wassermasse. Neben den bisher erwähnten Wassermassen gibt es noch das Antarktische Zwischenwasser (AAIW), welches ebenfalls kalt aber weniger salzreich als das AABW ist. Darum sinkt es nicht soweit in die Tiefe ab sondern befindet sich direkt über dem NADW. Diese vorläufigen Ergebnisse verdeutlichten uns bereits wichtige Elemente der Ozeanbeobachtung.

Temperatur-Salzgehalts-Grafik aus CTD-Daten

Dieses Ozeanographie-Modul hat uns ganz schön auf Trab gehalten, auch weil wir die erste Gruppe waren, die es durchlief. Die meisten von uns hatten zuvor wenig oder gar keine Erfahrungen mit dem Einsatz derartiger Geräte. Da war es schon sehr cool, dass wir selbst mit ihnen arbeiten konnten. Wir waren angenehm überrascht wie gut wir das alles hinbekommen haben. Dies ist zum großen Teil auf die großartige Leitung der uns betreuenden Wissenschaftler zurückzuführen. Am Ende dieses Moduls hatten wir nicht nur zahlreiche Erfahrungen gesammelt sondern hatten auch ein umfangreiches Wissen von unseren Mentoren übernommen.

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