Die ersten Landbeprobungsflüge der PS115.1

Isabell und Thomas erkunden während eines Landgangs die faszinierende grönländische Landschaft. Foto: Maria Bachmann

Von Maria Bachmann und Viktoria Timkanicova |

Nach jedem Flug braucht der Helikopter ca. eine halbe Stunde während der Tank gefüllt und das Flugzeug mit neuem Equipment beladen wird. Foto: Sophie Peschke

Letzte Woche Freitag war es endlich soweit: Der Nebel hat sich verzogen und die ersten Helikopterflüge konnten nun unternommen werden. Am ersten Flugtag starten sogar fünf Flüge: Auf dem Plan stehen drei Landbeprobungsflüge und zwei Flüge, die der Beobachtung mariner Säuger dienen. Für viele ist es das erste Mal, dass sie in einen Helikopter steigen dürfen. So auch für Isabell, eine biologisch-technische Assistentin, die an der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im Bereich Geomikrobiologie arbeitet. Am Donnerstag, ein Tag vor dem Abflug, besuche ich sie im Nasslabor, ihrem Arbeitsplatz an Bord von Polarstern. “Wir versuchen zwei bis drei Stellen anzufliegen und an jeder wird eine Flasche befüllt,” sagt sie während sie ihre Arbeitsutensilien für den Landgang vorbereitet: drei Flaschen, Beutel, Schaufeln und Löffel zum Befüllen, Becher für DNA-Proben und eine Fotokamera, um die Beprobungsorte zu fotografieren. Zudem packt Isabell auch ein Überlebenspaket mit Essen und warmer Kleidung ein. Da sich das Wetter in der Arktis, trotz der präzisen Wettervorhersagen von unserem Meteorologen Christian, rapide ändern kann, wies die Helikopter-Crew die Passagiere darauf hin, sich für unerwartete Flugverzögerungen oder schlimmstenfalls Notsituationen in der grönländischen Landschaft, weit weg von jeglicher Zivilisation, vorzubereiten. „Es ist ein großes Abenteuer. Ich bin auch noch nie mit dem Helikopter geflogen,” erzählt Isabell erwartungsvoll.

Carsten Zillgen ist einer der zwei Heli-Piloten an Bord der Polarstern während der Expedition PS115.1. Foto: Viktoria Timkanicova

Am Freitagmorgen um 06:30 sammeln sich alle Wissenschaftler des ersten Flugs am Heli-Deck von Polarstern. Unter ihnen Katrin und Max, welche größere Gesteinsproben aus dem grönländischen Kronprinz-Christian-Land sammeln wollen, die Eisbärenwächter Rüdiger und Thomas, der Hubschrauberpilot Carsten und Isabell. Ich hatte auch das Glück im Helikopter mitzufliegen, Isabells Landgang zu begleiten und somit ihre Arbeit festzuhalten. Zunächst müssen alle Passagiere die knallorangenen Überlebensanzüge, sowie die Sicherheitshelme mit eingebauten Mikros anziehen. Diese dienen der Kommunikation während des Flugs. Unverzichtbar ist außerdem die Sicherheitsweste. Mitfliegen dürfen nur diejenigen, die den STASS-Einweisungskurs, also den Short Term Air Supply System-Kurs, vorweisen können. Dieser hat jeden Mitfliegenden mit dem neuen Beatmungssystem der Sicherheitswesten vertraut gemacht. Auf dem Brücken-Deck versammeln sich Schaulustige, die die Flugvorbereitungen des ersten Helikopteranstiegs dieser Expedition miterleben wollen. Ich spüre die positive Aufregung in der Luft, während die arktischen Sonnenstrahlen mein Gesicht wärmen.

Um 07:00 Uhr startet Carsten den Helikopter für den ersten Flug der PS 115.1. Erst ertönt ein leises Knurren der Turbinen, bis die schmalen, waagerecht drehenden Flügel mit voller Leistung den orangenen Helikopter in die Luft steigen lassen. Der Hubschrauber hebt ab und fliegt in Richtung der malerischen Landschaft Grönlands.

Seit 1992 ist Carsten Helikopterpilot. Bislang war er für Rettungs- und Militärflüge im Einsatz, über dem arktischen Ozean auf hoher See ist er jedoch noch nie geflogen. Für unsere Expedition ist Carsten mit einem weiteren Piloten und zwei Mechanikern von der Firma HeliService angestellt. Schon am Donnerstagnachmittag sehe ich ihn mit dem Helikopter hoch und runter steigen, während er seine letzten Trainingsflüge absolviert. Er erklärt mir, dass das Fliegen auf hoher See und vor allem in der Polarregion für jeden erfahrenen Pilot dennoch eine besondere Aufgabe darstellt. Denn nicht nur die extremen Wetterbedingungen stellen viele Hindernisse dar. Auch die Landungen auf dem Schiff oder in Küstengebieten sind eine Herausforderung für das Fliegen in der Arktis. Dazu kommen die unvorhersehbare Winde im Gebirge, welche unmittelbar am Wasser beginnen und auf etwa 1500 m ansteigen. Zudem neu für Carsten ist der sogenannte “Frankenstein”, der Überlebensanzug, welchen auch Isabell trägt. Diesen gilt es, bei Überseeflügen und bei tiefen Temperaturen zu tragen. “Ich musste mich erst einmal daran gewöhnen, wie ich mich darin zu bewegen habe, sodass meine Mobilität als Pilot nicht einschränkt wird”, schildert mir Carsten. Besonders beeindruckend für den neuen Piloten auf Polarstern ist nicht nur die unendliche und eindrucksvolle Landschaft der Arktis, sondern auch das Miteinander und die Kooperation der Arbeitsgruppen an Bord – auf dem Schiff und in der Luft.

Isabell von der Arbeitsgruppe Sedimentgeologie befüllt die Flaschen mit Sedimentproben. Foto: Maria Bachmann

Angekommen auf dem Grönländischen Festland verlassen Katrin, Max und Rüdiger den Helikopter. Eine Stunde haben sie, um die Festgesteinproben zu sammeln. Weiter geht es für Isabell, Thomas und mich. Die kommenden Beprobungsorte sollen möglichst sandig und in Meeresnähe sein – kaum vorstellbar, einen Strand an der Grönländischen Küste zu finden. Schnell hat Isabell eine passende Stelle ausgekundschaftet und der Helikopter setzt wieder zur Landung an. Nur knappe zehn Minuten bleiben ihr zur Probennahme, dann geht es schon weiter zur zweiten Stelle. Auch da gilt es für sie möglichst viel sandiges Material in die vorbereiteten Fläschchen zu füllen. Isabell verrät mir während des Flugs, dass die Proben, während der Expedition aufbewahrt werden und erst nach der Rückkehr in Hannover auf die eventuellen Mitglieder und Stoffwechselwege der mikrobiellen Ökosysteme dieser noch völlig unbekannten Regionen sowie auch auf kohlenwasserstoffabbauende Mikroorganismen untersucht werden. Auf dem Rückflug holen wir noch Katrin, Max und Rüdiger von ihrem Beprobungsgebiet ab. Auch sie haben während ihres ersten Landgangs bereits umfangreiche geologisches Probenmaterial sammeln können. Erschöpft, aber glücklich kehren wir zurück an Bord von Polarstern.

Für den ersten Flug war dies ein zufriedenstellender Fang. Die Beprobungsjagd wurde auf weiteren Landgängen fortgesetzt. Das Wetter ließ es zu, dass auch am Sonntag und Montag das Grönländische Festland beflogen wurde. So konnten nicht nur Max und Katrin ihre Auswahl erweitern, sondern auch das Team der Geomikrobiologen bekam die Möglichkeit weitere Proben zu sammeln. Weitere Wissenschaftler haben die Möglichkeit bekommen, ihre multidisziplinären Forschungen mithilfe von Helikopterflügen ein Stück weit mehr zu realisieren. In den nächsten Tagen warten wir auf gute Wetterbedingungen, sodass weitere Landgänge bereits in der Planung stehen.

Leser:innenkommentare (1)

  1. Monika Meier

    Hey Kate, was für ein Abenteuer. Wir lesen hier immer ganz gespannt die Berichte. Da habt ihr euch sicherlich für die nächsten Wochen ganz viel Arbeit mitgenommen. Viel Spaß dabei. Wenn du nach Hause kommst ist es auch nicht mehr so warm, aber so kalt, wie ihr es da habt,nun doch nicht.
    Wir freuen uns schon dich wieder da zu haben. Sei ganz doll gedrückt.
    Lg Ma & Pa

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