Die große ICBM-CTD im antarktischen Eis

Die Ozeanographen des ICBM–CTD Teams: Anne-Christin Schulz, Michael Butter, Thomas Badewien und Anna Friedrichs. Foto: Thomas Badewien

Von Thomas Badewien, Michael Butter, Anna Friedrichs und Anne-Christin Schulz |

ICBM-CTD an Deck FS Polarstern – auf dem Weg in den Hangar; Foto: T. Badewien

Nach nunmehr einigen Wochen an Bord des Forschungsschiffes Polarstern haben sich alle Arbeitsabläufe eingespielt. Wir, die Ozeanographen des ICBM, sind an Bord für die CTD zuständig. Die CTD ist ein Messgerät, mit dem wir den Salzgehalt, die Temperatur und die Tiefe sowie den Sauerstoffgehalt und die Fluoreszenz im Wasser bestimmen. Die von uns mitgebrachte CTD mitsamt der Rosette – ein ringförmiges Gestell, an dem Wasserschöpfer befestigt sind – haben wir eigens entwickelt und ist die größte, die jemals an Bord der FS Polarstern eingesetzt wurde. Die Handhabung dieser CTD-Rosette stellte die Mannschaft und uns vor unerwartete Herausforderungen – das Hangartor entpuppte sich als Engstelle – die wir zusammen mit der Mannschaft aber schnell meistern konnten. Es bleibt jedoch Millimeterarbeit, insbesondere bei Seegang, die CTD aus dem Hangar des Schiffs an Deck zu fahren.

ICBM – CTD mit Kamera und Beleuchtung
Foto: T. Badewien

Die 24 Wasserschöpfer, die in den verschiedenen Wassertiefen geschlossen werden können, bringen bis zu 480 Liter Seewasser an die Oberfläche. Dieses Wasser ist besonders wichtig, um die an Bord angesetzten Salpen- und Krill-Experimente unter möglichst natürlichen Bedingungen durchführen zu können. Zusätzlich untersuchen die verschiedenen Forschungsgruppen das Wasser im Labor auf seine Inhaltsstoffe.

Zum ersten Mal ist unsere CTD-Rosette mit einer Video-Kamera mit Beleuchtungssystem ausgestattet. So können wir sogar in großen Wassertiefen Salpen, Krill und andere Lebewesen in deren natürlicher Umgebung beobachten. Beeindruckend ist, dass das Licht der Kamera von Deck aus noch bis zu einer Tiefe von 40 Metern zu sehen ist. Außerdem bestimmen wir die Tiefe des ins Wasser eindringenden Lichts mit der Secchi-Scheibe – eine traditionelle Methode, die schon seit über 100 Jahren weltweit verwendet wird; sowie die Farbe des Meerwassers mit Hilfe der Forel-Ule-Skala.

Michael Butter bestimmt die Lichteindringtiefe mit der Secchi-Scheibe und die Wasserfarbe mit der Forel-Ule-Skala. Foto: T. Badewien

Ein wichtiges Ziel der Forschungsreise ist, die Bestände von Krill und Salpen zu erfassen und die Ökologie der Tiere besser zu verstehen. Hierzu wird auf einem Stationsgitter die CTD-Rosette im Wechsel mit verschiedenen Netzen alle 3 – 4 Stunden zu Wasser gelassen. Gleichzeitig decken wir damit eine Reihe von Stationen ab, die Teil eines Monitoring-Programms der Antarktis sind. Mittlerweile haben wir so schon über 100 CTD-Profile, das heißt die vertikale Verteilung der Temperatur und des Salzgehalts im Wasser, aufgenommen. Auf Grundlage dieser Daten können wir die Wasserkörper identifizieren, in denen die zu untersuchenden Lebewesen vorkommen. Die Ausbreitung dieser Wasserkörper und die Veränderung kleinräumiger Strukturen erfassen wir mit einem an Bord eingebauten Strömungsmessgerät, dem ADCP (Acoustic Doppler Current Profiler).

Während unserer Messungen zeigt sich die antarktische Vielfalt besonders beeindruckend: Wir bestaunen riesige Tafeleisberge, eisbedeckte Inseln, Treibeisfelder, große Ansammlungen von Walen oder Pinguine auf Eisschollen. Auch Stürme und Orkane bis Windstärke 12 haben wir schon überstanden.

 

Polarstern – Antarktische Halbinsel / Weddellmeer Foto: T. Badewien

 

Leser:innenkommentare (8)

  1. Reiner

    Was ist den das ICBM? Ich denke mal, dass das nicht für Intercontinental Balistic Missile steht…

    1. Folke Mehrtens

      Hallo Herr Bühl
      gut dass Sie nachfragen, manchmal geht einem in der Meeresforschungs-Gemeinschaft eine Abkürzung durch! Das ICBM ist das Institut für Chemie und Biologie des Meeres der Universität Oldenburg (https://www.icbm.de/).
      Herzliche Grüße aus dem AWI-Presseteam!

  2. Markus

    Hallo…warum verwendet ihr gerade bei den Wasserschöpfern in Deutschland immer US
    Produkte, obwohl es in Deutschland preiswertere Hersteller gibt…exakt für Niskin Schöpfer

    1. Folke Mehrtens

      Hallo Markus – folgende Antwort erreichte mich von Bord der Polarstern (wo die Internetverbindung einen direkten Kommentar nicht hergibt):
      „Wir haben sehr gute Erfahrungen mit den Niskin-Wasserschöpfern gemacht.
      Die von uns verwendeten Wasserschöpfer haben ein Volumen von 20 l und sind eine Spezialanfertigung mit 2 Ventilen. Wir sind offen und interessiert, auch alternative Wasserschöpfer zu testen. Vielen Dank für die Nachfrage.
      Thomas Badewien“
      Beste Grüße aus dem AWI-Presseteam!

      1. Markus Armann

        Hallo Thomas…
        Dann ist das aber ein falsches Bild…hier sind 12 Liter Niskin abgebildet. Übrigends: 20l und 30l Niskins haben IMMER zwei ablasshähne.
        Ich würde mich freuen, wenn ihr mal „unsere“ Niskins testen würdet.
        LG Markus

        1. Folke Mehrtens

          Thomas Badewien erläutert von Bord:
          „Das Foto könnte täuschen, die CTD-Rosette auf dem Foto ist deutlich größer als eine Standard-CTD-Rosette. Diese CTD-Rosette ist von uns am ICBM entwickelt und konstruiert worden, um möglichst viel Wasser an Bord zu bringen. Daher hat jeder Schöpfer ein Wasservolumen von 20 Liter.“

  3. Harald Büche

    In welchen Tiefen werden die Proben genommen und wie werden die 48000 Liter der 100 CTD-Profile bis zur Auswertung aufbewahrt. Wird bei den Schöpfungen, die sicher an unterschiedlichen Positionen genommen werden, rund um die Uhr gearbeitet oder werden grössere Pausen eingelegt. Etwa bei Windstärke 12. Ist bei der Positionsbestimmung auch die Strömungsrichtung und Geschwindigkeit zu beachten?
    Die Berichte zu Eurer Arbeit sind hervorragend.

    1. Folke Mehrtens

      Hallo Harald Büche – von Bord erreichte mich (etwas verspätet) folgende Antwort des Ozeanographen Thomas Badewien:

      „Prinzipiell wird auf dem Forschungsschiff Polarstern rund um die Uhr gearbeitet. Ebenso wie die Crew, arbeiten die Wissenschaftler in einem Wachen-Rhythmus, so dass die Forschungsgeräte immer eingesetzt werden können. Ein Großteil des Wassers, das mit der CTD-Rosette an Deck gebracht wird, verwenden wir, um die an Bord angesetzten Salpen- und Krill-Experimente unter möglichst natürlichen Bedingungen durchführen zu können. Ein weiterer Teil des Wassers, von der Oberfläche bis zum Boden, wird im Labor auf dessen Inhaltsstoffe analysiert.
      Die Position des Schiffes wird mit Hilfe eines GPS-System bestimmt, dies ist unabhängig von der vorherrschenden Strömung. So erhält man die absolute Bewegung des Schiffes über dem Meeresboden. Die Bewegung des Schiffes durch das Wasser wird mit Hilfe eines akustischen Strömungsmessers ermittelt.
      Die Polarstern liegt zwar sehr gut im Wasser, bei bestimmten Bedingungen ist aber ein sicheres Arbeiten nicht mehr möglich. Gerade am Anfang der aktuellen Expedition traten bis zu 12 Beaufort Windstärke auf, die das Schiff im Landschutz abgewettert hat – s.a Polarstern-Wochenbericht (https://www.awi.de/nc/ueber-uns/service/presse-detailansicht/presse/umrundung-der-suedlichen-shetland-inseln.html).“
      Viele Grüße aus dem AWI-Presseteam

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