Schnee von gestern

Kernentnahme. Foto: Hannes Grobe

Die Rekonstruktion von Meereis in der Antarktis

Von Maria-Elena Vorrath |

Die Sedimentkerne werden in Zentimeterscheibchen geschnitten. In jeder Scheibe stecken hunderte bis tausende Jahre Erdgeschichte. Von der Oberfläche des Meeresbodens aus können wir Schritt für Schritt in die Vergangenheit reisen und Licht in die Geschichte des antarktischen Meereises bringen. Foto: Hannes Grobe

Die Wissenschaftlerinnen der Helmholtz Nachwuchsgruppe PALICE (Paleo Sea Ice & Climate Dynamics) beschäftigen sich unter anderem mit der Frage, ob das Meereis in der Antarktis schon immer die Ausdehnung von heute hatte und wie es im Laufe der Erdgeschichte mit dem globalen Klima interagiert hat.

Die Antarktis ist ein Eisschrank und das Meereis ist seine Isolierschicht: Wenn sich Meereis bildet, bleibt salzhaltiges Wasser im Meer zurück. Dieses Wasser hat eine hohe dichte und hält warme Ozeanströmungen davon ab, zum Kontinent zu gelangen und hier das Schelfeis von unten zu Erwärmen. In den letzten Jahrzehnten ist das Meereis besonders in der Westantarktis stark geschwunden und die Abnahme der Mächtigkeit von Schelfeis konnte an vielen Orten beobachtet werden.

Der Meeresboden ist ein Archiv für die Klimageschichte der Antarktis. Hier finden sich Steine, verschiedenste Fossilien und sogar Moleküle, die von Bakterien nur sehr schwer abgebaut werden. Eisalgen bewohnen die Unterseite von Meereis. Bei ihrem Wachstum produzierten sie ein arttypisches, einzigartiges Molekül, ein hochverzweigtes Isoprenoid, welches in seiner Kurzform IPSO25 (Ice Proxy for the Southern Ocean with 25 C-atoms) genannt wird. Diese sogenannten Biomarker sind noch Jahrtausende später im Meeresboden zu finden und lassen sich als ein biologisch hergestellter Stellvertreter für das Meereis der Antarktis nutzen.

Als Doktorandin der Gruppe PALICE ist es auf der FROST Expedition meine Aufgabe, die wertvollen Meeresbodenproben aus dem Weddellmeer zu bergen. Das Weddellmeer ist für uns ideal, da es hier seit langem regelmäßig große Mengen Meereis gibt. In Bremerhavener am AWI (Alfred-Wegener Institut) können wir unseren Biomarker im Labor nachweisen. Indem wir dessen Informationsgehalt über das Meereis und die klimatischen Bedingungen mit der Herkunftsregion vergleichen, kalibrieren wir ihn. Wenn unser Biomarker das Meereis zuverlässig abbildet, können Meereisrekonstruktionen der Vergangenheit zukünftig in Klimamodellen verwendet werden und deren Aussagekraft erheblich verbessern.

 

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