3 – 2 – 1 Lift-Off! Research Vessel Polarstern on its Mission to Arctic

Polarstern vor Abfahrt in Tromsø. Foto: Martina Wilde

Von Martina Wilde |

– Raumfahrer und Tiefseeforscher vereint auf Polarstern –

Blogautorin Martina Wilde bei der Sicherheitsübung. Foto: Martina Wilde

Guten Tag, ich melde mich heute zum ersten Mal, um von meiner Expedition mit dem Forschungsschiff Polarstern zu berichten, an dem ich als Koordinatorin der Helmholtz-Allianz ROBEX teilnehmen darf. Ich sage „darf“, da es für mich, die seit 1990 in der Raumfahrtforschung gearbeitet hat, nicht „normal“ ist, auf einem Forschungsschiff in der Arktis unterwegs zu sein.

Genauso wenig „normal“ ist die Helmholtz Allianz ROBEX, in der erstmalig Raumfahrt- und Tiefsee-Experten gemeinsam an robotischen Lösungen für die Erforschung extremer Umwelten arbeiten. Extreme Umwelten wie der Mond, andere Himmelskörper, aber eben auch die Tiefsee und die Polarregionen auf der Erde.

Und so kommt es, dass auf dieser Expedition PS108 der Polarstern unter den insgesamt 40 Wissenschaftlern auch 10 „Raumfahrer“ an Bord sind. Für uns ist das eine absolut neue Erfahrung und eine Chance, die wir wahrscheinlich nur einmal in unserem Leben haben werden und wir genießen sie sehr dankbar.

Polarstern vor Abfahrt in Tromsø. Foto: Martina Wilde

Wir sind am 22.8.17 in Tromsø gestartet und werden am 9.9.2017 wieder zurück in Tromsø sein. Seit Dienstag sind wir auf einer insgesamt 3-tägigen Anreise zum ersten Erkundungsziel, dem sogenannten „Hausgarten“ des AWI. In diesem Hausgarten führt das AWI bereits seit 1999 regelmäßige Untersuchungen, Experimente und Beprobungen durch.

Wir fahren tatsächlich ab Tromsø, das schon 1000 km nördlich von Oslo liegt noch mal mehr als 1000 km immer weiter nach Norden, Tag und Nacht, bei bisher sehr angenehmer ruhiger See, aber leider noch nicht unter strahlend blauem Himmel.

Vorbereiten der Geräte im Hangar. Foto: Martina Wilde

Die lange Anfahrt gibt uns nicht nur die Gelegenheit, alle Experimente, die wir von der Polarstern aus durchführen werden, vorzubereiten, sondern uns auch auf das Leben an Bord mit seinen Ritualen einzustellen. Wir leben in sehr gemütlichen Zweibett-Kammern und werden von dem sehr fürsorglichen Kombüsen-Team 4 mal täglich verwöhnt. Es gibt Frühstück, Mittagessen mit zwei Varianten, täglich frisch gebackenen Kuchen, Abendessen und dann noch die ganze Nacht über Verpflegung im Kühlschrank. Derzeit leben und arbeiten wir noch in einem normalen Tag-Nacht-Rhythmus, aber sobald die eigentlichen Forschungstätigkeiten beginnen werden, werden die Teams ihre Aktivitäten auf alle 24 Stunden verteilen. Unter anderem darum gibt es Regeln, wie zum Beispiel „Wenn die Zimmertür geschlossen ist, geht man nicht rein – üblicherweise sind alle Zimmertüren immer offen“.

Auch an Bord hat mittlerweile das „papierlose Arbeiten“ Einzug gehalten. Wir haben alle eine eigene Polarstern-E-Mail bekommen, es gibt ein Intranet an Bord, auf dem von der täglichen Speisekarte bis zu allen expeditionsrelevanten Informationen auch die aktuelle Tagesplanung mit allen geteilt wird. Auf einem Server kann man Daten ablegen, aber dort liegt für alle zugänglich auch eine große Auswahl an Musik und Videos, falls in den An- und Abfahrtszeiten der Expedition mal freie Zeit aufkommt. Aber wir genießen es einfach, am Abend mit den Kollegen der unterschiedlichsten Partner-Institute zusammen zu sitzen und „Seemannsgarn zu spinnen“, bzw. Erlebnisse aus der Raumfahrt-Welt zu teilen. Für mich das außergewöhnlichste Erlebnis bisher: hier oben im Norden gibt es keinen Handyempfang mehr und man sieht – ganz im Gegensatz zu der uns allen zuhause schon als normal empfundenen Haltung – NIEMANDEN am Tisch oder während des Gesprächs auf sein Handy schauen! Und die Erde dreht sich tatsächlich weiter!

Vorbereitung des Gliders im Hangar. Foto: Martina Wilde

Jeder Tag beginnt nach dem Frühstück mit einem Meeting aller Wissenschaftler, in dem ein Kollege des Deutschen Wetterdienstes, der hier insgesamt sieben Wochen an Bord ist, die Vorhersage bzgl. Temperaturen, Wind, Niederschlag macht und insbesondere die „signifikante Wellenhöhe“ angibt. Diese ist besonders wichtig, weil die hochkomplexen Forschungsgeräte nur bei relativ ruhiger See über Bord ins Wasser gebracht und wieder herausgeholt werden können. Danach werden die bisherigen Fortschritte und die Planungen für den Tag vom wissenschaftlichen Fahrtleiter, Dr. Frank Wenzhöfer, vorgestellt. Zum Einstieg wurden darüber hinaus heute alle für diese PS108–Ausfahrt geplanten Aktivitäten von den jeweiligen Teamleitern präsentiert.

Wir werden auf dieser Reise in erster Linie Geräte und robotische Systeme in der Tiefsee testen, die im Laufe der letzten 4,5 Jahr im Rahmen der Helmholtz-Allianz ROBEX gemeinsam zwischen den unterschiedlichen Wissenschaftlergruppen der Raumfahrt- und Tiefseeforschung entwickelt wurden. Ich zähle sie hier erst mal nur auf und werde in den kommenden Blogs detaillierter darauf eingehen, um was es geht, wer daran mitgearbeitet hat und insbesondere, welchen Fortschritt hier die Zusammenarbeit zwischen Raumfahrt und Tiefsee gebracht hat.

Zunächst steht der große Tag an, an dem wir alle gespannt darauf warten, dass der im Rahmen von ROBEX entwickelte Tiefsee-Crawler TRAMPER nach einer einjährigen Fahrt unter dem Eis wieder an Bord geholt wird. Ich werde über das Erlebnis nächste Woche berichten.

In den weiteren zwei Wochen werden die ROBEX-Geräte „MANSIO-VIATOR“ vom GEOMAR, der Tiefsee-Gleiter „MAPPA“ vom MARUM (Universität Bremen), das autonome Unterwasserfahrzeug AUV des AWI, sowie die autonomen Multikopter der Universität Würzburg getestet. Darüber hinaus werden wissenschaftliche Experimente im AWI Hausgarten und auch in einer Gas-Hydrats-Stabilitäts-Zone (GHSZ) durch das GEOMAR durchgeführt werden.

Ich melde mich mit den neuesten Nachrichten nach der sicherlich erfolgreichen Bergung des TRAMPERS, drückt uns und ihm die Daumen! Bis bald!

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