Wir fegen das Meereis von unten

Der Tauchroboter, das Untereis-ROV Beast, während eines Tauchgangs unter Meereis mit dem neuen ROV-Netz (Foto: AWI Meereisphysik).
Der Tauchroboter, das Untereis-ROV Beast, während eines Tauchgangs unter Meereis mit dem neuen ROV-Netz (Foto: AWI Meereisphysik).

Von Marcel Nicolaus |
Nach ersten erfolgreichen Tests im vergangenen Herbst haben wir unseren neuen Tauchroboter, das Untereis-ROV Beast, in Bremerhaven optimiert und erweitert, bevor wir es jetzt auf der aktuellen Polarstern-Expedition PS106 unter arktischem Meereis einsetzen. Die laufenden Messungen finden zum Beginn des Schmelzens statt, wenn gleichzeitig das tierische Leben unter dem Meereis nach dem Winter wieder in Gang kommt. Zooplankton wird gebildet, was dann wiederum die Nahrungsgrundlage für Vögel, Fische und Säugetiere bildet.

Bei den Arbeiten mit dem ROV geht es uns zunächst einmal noch darum, Methoden weiter zu entwickeln und zu erproben, wie wir das Zooplankton und die Tiere direkt unter dem Meereis bestmöglich beproben können. Hierzu haben wir ein kleines Schleppnetz für das ROV entwickelt, das an der Oberseite einen Besen hat. Mit diesem Besen fegen wir die Unterseite des Eises ab. Dadurch werden Tiere, die direkt unter dem Meereis sitzen, gesammelt und in das Netz gespült. Zusätzlich ermöglicht uns der Einsatz des ROV auch die Untersuchung der Tiefenverteilung unterschiedlicher Arten. Wir konzentrieren uns auf der aktuellen Expedition auf die obersten 20 Meter, die unter dem Eis mit normalen Netzen nicht erreicht werden können und die auch bei der Beprobung im offenen Wasser durch die Schiffsschraubenbewegung stark durchmischt werden.

Der Tauchroboter, das Untereis-ROV Beast, vor dem Tauchgang unter das Meereis mit dem neuen ROV-Netz. Im Hintergrund liegt Polarstern an der Scholle (Foto: Marcel Nicolaus).
Der Tauchroboter, das Untereis-ROV Beast, vor dem Tauchgang unter das Meereis mit dem neuen ROV-Netz. Im Hintergrund liegt Polarstern an der Scholle (Foto: Marcel Nicolaus).

Mit unseren ROV-gestützten Probenahmen möchten wir die Verhaltensweisen und die Verteilung der Organismen im Tages- und Jahreszeitenverlauf untersuchen. Die Drift an einer einzigen Meereisscholle über zwei Wochen ermöglicht es Prozesse zu studieren, die vor allem einer zeitlichen Veränderung unterliegen, wie aktuell die Produktion von Zooplankton im Zusammenhang mit den Meereiseigenschaften. Normalerweise fahren wir von Messstation zu Messstation und erleben dabei auch eine starke räumliche Variabilität. Hier beobachten wir nun den direkten Zusammenhang und die zeitlichen Veränderungen des Eises, der Algen und des Zooplanktons. Zusätzlich ist das ROV mit zahlreichen Sensoren ausgestattet, die die Umweltbedingungen der Netzfänge beschreiben: etwa die Meereisdicke, die vorhandene Lichtmenge, Informationen über Algen im Eis und die Strömung des Ozeans unter dem Eis.

Unterwasseraufnahme des ROV-Netzes mit Besen während eines Tauchgangs zur Beprobung der Untereisfauna (Foto: AWI Meereisphysik).
Unterwasseraufnahme des ROV-Netzes mit Besen während eines Tauchgangs zur Beprobung der Untereisfauna (Foto: AWI Meereisphysik).

Die ersten Tauchgänge zeigen bereits, dass das ROV-Netz sogar noch besser funktioniert als erhofft. Es folgt sehr gut der Eisunterseite und auch das ROV selbst lässt sich trotz des fünf Meter langen Netzes gut unter dem Eis manövrieren. Eine erste Studie zur Tiefenverteilung des Zooplanktons und der Untereisfauna zeigt deutliche Unterschiede zwischen Tag und Nacht, obwohl es hier bei uns derzeit 24 Stunden am Tag hell ist. Langfristig arbeiten wir nun auf das große MOSAiC-Experiment im Jahr 2019/20 hin, wenn wir derartige Studien rund um das Jahr betreiben wollen. Dabei werden wir einzigartige Ergebnisse erzielen, die die Beziehung zwischen Meereis, den obersten Wasserschichten und dem Lebenszyklus und der Überwinterungsstrategie von Organismen beschreiben. Wir können dann mit Hilfe des ROV-Netzes auch einzelne Organismen entnehmen und weitere Experimente damit machen.

Polarstern liegt während der Driftstation (Expedition PS106) an einer Scholle. Auf der Backbordseite markieren verschiedene Installationen und Flaggen die unterschiedlichen Messpunkte auf und unter dem Meereis (Foto: Svenja Kohnemann).
Polarstern liegt während der Driftstation (Expedition PS106) an einer Scholle. Auf der Backbordseite markieren verschiedene Installationen und Flaggen die unterschiedlichen Messpunkte auf und unter dem Meereis (Foto: Svenja Kohnemann).

Leser:innenkommentare (1)

  1. Von Flügen über und Tauchgängen unter dem Meereis - Polarstern-Blog

    […] kleinerer Skala, auf einzelnen Schollen setzen wir einen Tauchroboter (das ROV) ein, um ebenfalls ein Netz ziehen zu können und die Eisdicke und andere Umweltparameter zu […]

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