In fünf Jahren um Antarktika

Chinesische Boje nahe Thurston Island. Foto: Thomas Ronge

Von Thomas Ronge | Nach etwa einer Woche auf See, kurz vor dem Erreichen der Meereisgrenze, haben wir eine große, gelbe Boje in den Wellen des Amundsenmeeres entdeckt.

Erste Suche nach der Herkunft der Boje. Foto: Thomas Ronge
Erste Suche nach der Herkunft der Boje. Foto: Thomas Ronge

Da die Besatzung Polarsterns schon seit Jahren wissenschaftliche Verankerungen ausbringt, bzw. einholt, konnte die Boje bereits aus der Ferne als abgerissener Teil einer solchen Verankerung identifiziert wurde. Während ihrer Expeditionen ist Polarstern immer bemüht umhertreibenden Müll einzusammeln und später zu entsorgen. So haben sich der Kapitän und unser Fahrtleiter kurzerhand entschlossen, die Boje an Bord zu nehmen, besonders da in dieser Art „Müll“ evtl. sogar noch wichtige Daten stecken könnten.

Auf dem Arbeitsdeck zeigte sich, dass diese Boje den oberen Teil einer Verankerung darstellt, die ursprünglich bis in ~1500 m Tiefe gereicht hat. Arg von ihrer Zeit auf See und dem einen oder anderen Kontakt mit Eis und Eisbergen in Mitleidenschaft gezogen, war nur noch der gelbe Auftriebskörper und ein akustisches Strömungsmessgerät erhalten. Angaben zur Herkunft des Messinstrumentes fehlten leider völlig. Der einzige Hinweis, der uns blieb, war ein Siegel des Herstellers samt Seriennummer.

Jetzt, circa drei Wochen nach unserem Fund, haben wir Rückmeldung vom Hersteller aus den USA erhalten. Die Messboje gehört chinesischen Kollegen, welche die Verankerung im Jahre 2012 in der ostantarktischen Prydz Bay im südlichen Indischen Ozean ausgebracht haben. Geborgen werden sollte die Boje samt Verankerung eigentlich bereits 2013. Leider war beim Eintreffen der chinesischen Forscher an der Position keine Spur der Boje zu sehen. Mitsamt der wissenschaftlichen Daten eines Jahres wurde die Verankerung verloren geglaubt.

Fünf Jahre später sind unsere chinesischen Kollegen wieder neuer Hoffnung, dass die Boje evtl. doch noch einige Daten gespeichert hat und erwarten schon mit Spannung den Versand der Boje, sobald Polarstern wieder zurück in Bremerhaven ist.

Karte: IBCSO (verändert)
Karte: IBCSO (verändert)

Ein Rätsel bleibt zum Schluss jedoch. Wie hat es die Boje in dieser Zeit geschafft, die entgegengesetzte Seite der Antarktis zu erreichen? Am wahrscheinlichsten ist eine Route (rot) im Uhrzeigersinn entlang des Rossmeeres bis hin zum Amundsenmeer. Diese Strecke würde einen Transport im antarktischen Zirkumpolarstrom bedeuten. Auf einer zweiten denkbaren Route (orange) wäre die Boje gegen den Uhrzeigersinn mit der antarktischen Küstenströmung durch das Weddellmeer, entlang der antarktischen Halbinsel, durch das Bellingshausenmeer bis zu unserer Position transportiert worden. Auch eine dritte Route (blau) wäre denkbar. Unsere Boje könnte mit der Küstenströmung in das atlantische Weddellmeer und von dort aus durch das Scotiameer, in den antarktischen Zirkumpolarstrom gelangt sein. Von dort aus hätte sie, im Uhrzeigersinn ¾ Antarktikas umrundet.

Egal für welchen Weg sich unsere Boje entschieden hat, der Fund zeigt auf beeindruckende Weise, wie eng verknüpft unsere Ozeane sind.

 

Leser:innenkommentare (1)

  1. Hebi

    Ein spannender Bericht
    verknüpft mit einer Botschaft!

    Danke und weiterhin gute Fahrt.

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