Nachschlag aus der Arktis: Plastikmüll im Meer

Das eingesetzte Kamerasystem namens OFOS. Foto: Melanie Bergmann

Polarstern ist bereits vergangene Woche nach Bremerhaven zurückgekehrt – dementsprechend sind derzeit keine fleißigen Blogger an Bord. Wir möchten die Zeit für einen Nachtrag aus dem AWI-Hausgarten nutzen. Die Biologin Melanie Bergmann berichtet über ihre Forschung zu Müll im Meer – Aktuelles dazu gibt es auch in dieser Pressemitteilung sowie in unserem neuen Fokus.

Beitrag aus der Arktis im August 2015

Melanie Bergmann. Foto: N. Budaeva ORAN
Melanie Bergmann. Foto: N. Budaeva ORAN

Ich bin Melanie Bergmann und arbeite mit epibenthischer Megafauna, den größeren Bewohnern des Meeresbodens, wie z.B. Seegurken, Garnelen, Seesterne und Schwämme. Natürlich kann man für diese Arbeit Schleppnetze einsetzen, aber ich ziehe inzwischen lieber Photographien zu Rate, um zu sehen was dort lebt, weil das dem Meeresboden und seinen Bewohnern weniger Schaden zufügt.

1999 errichtete die Tiefseegruppe des AWIs das Tiefsee-Observatorium HAUSGARTEN. Es ist in der Nähe von Spitzbergen, in der Arktis. Ein Teilaspekt unserer Arbeit ist die Megafauna. Diese untersuche ich, indem ich jedes Jahr die gleichen Stellen auf dem Meeresboden mit einer Kamera abfahre. Wenn man dann die Bilder aus verschiedenen Jahren miteinander vergleicht, kann man sehen, ob es Veränderungen am Meeresboden gegeben hat. Diese Art von Untersuchung ist natürlich besonders wichtig in einem Gebiet, das stark den Folgen des Klimawandels ausgesetzt ist.

Bilder vom HAUSGARTEN Observatorium mit Tiefseebwohnern. Foto: Melanie Bergmann
Bilder vom HAUSGARTEN Observatorium mit Tiefseebwohnern. Foto: Melanie Bergmann

Aber während dieser Arbeit wurde ich auch noch ein anderes Umweltproblem aufmerksam: die Menge von Müll am Meeresboden nahm im Laufe von 10 Jahren zu, ja verdoppelte sich sogar! Wir haben zwar zum Glück (noch) keinen ‚Garbage Patch‘, aber wir fanden mehr Müll als Kollegen in einer Tiefseeschlucht vor der industrialisierten Portugiesischen Metropole Lissabon. Als sich meine Master-Studentin vor kurzem die Bilder der letzten drei Jahre ansah, fand sie heraus, dass dieser Trend weiter anhält und dass andere Stellen unseres Observatoriums auch betroffen sind. Es sieht also so aus, als ob wir ein weiteres Umweltproblem in der Arktis haben. Auf der Suche nach Bildern im Netz für einen Vortrag stieß ich auf folgenden Blog-Eintrag, der mich traurig stimmte.

 

Müll in der Tiefsee. Foto: Melanie Bergmann
Müll in der Tiefsee. Foto: Melanie Bergmann

Natürlich graut es mir inzwischen bei jedem neuen Kamera-Transekt davor, noch mehr Müll im Meer zu finden. In den letzten Wochen habe ich unser Kamera-System an drei Stationen unseres Observatoriums von Süden nach Norden eingesetzt und wieder gleich mehrere Teile Müll gefunden: eine Plastiktüte, ein Stück Netz aus der Fischerei, Glasscherben, den Flaschenhals einer Bierflasche und einen anderen Behälter. Aber erst eine genauere Analyse aller Bilder wird zeigen, ob der Trend anhält! Im Laufe der Expedition machen wir noch Experimente mit einem Tauchroboter, um die Auswirkungen des Mülls auf die Tiefseebewohner zu untersuchen.

Je mehr sich das Meereis zurückzieht, desto mehr öffnet sich der arktische Ozean für den Schiffsverkehr. Die Anzahl der Schiffe und Fischer hat bereits stark zugenommen. Gerade zur rechten Zeit wurde daher vor kurzem der Polar Code von der International Maritime Organization (IMO) verabschiedet. Er tritt 2017 in Kraft und untersagt es Schiffen, in der Arktis Öl, Klärschlamm, Chemikalien und Abfälle im Meer zu entsorgen. Dennoch, der größte Teil des Mülls im Meer stammt vom Land, also muss das Problem auch hier effektiver angegangen werden. Unser Müll kann über weite Strecken mit den Meeresströmungen nach Norden getragen werden.

Mehr zum Thema ‚Müll im Meer‘ kann in dem von mir und meinen (AWI-) Kollegen Lars Gutow und Michael Klages herausgegebenen Buch ‚Marine Anthropogenic Litter‘ kostenfrei nachgelesen werden.

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