Von Sandra Gdaniec |
Vor einigen Tagen haben wir endlich etwas gefunden, auf das wir sehr lange voller Hoffnung gewartet hatten, nämlich eistransportiertes Sediment, oder wie wir es nennen: „dirty ice“; schmutziges Eis. Dieses Eis ist schmutzig, da sich darin Sediment oder Schwebstoffpartikel aus Flüssen eingeschlossen haben, als das Eis auf dem arktischen Schelf gebildet wurde. Das „dirty ice“ wurde danach durch Strömungen auf den offenen Ozean transportiert. Ungefähr bei 85°N haben wir dann schließlich „dirty ice“ in großen Mengen gefunden und hatten endlich die Möglichkeit Proben zu nehmen. Wir konnten nicht glauben, was wir sahen! Wir hatten niemals zuvor solch schmutziges Eis gesehen und alle waren hellauf begeistert.
Die Arktis, wie wir sie heute kennen, wird in der Zukunft durch den Klimawandel starken Veränderungen unterliegen. Diesen Sommer ist die Meereisbedeckung um 25% geschrumpft. Am 11. September dieses Jahres betrug sie nur 4,41 Million km2, das ist der viertniedrigste Wert, seit es Satellitenbeobachtungen gibt. „dirty ice“ ist für uns Wissenschaftler, die daran arbeiten, unser Verständnis der Strömungen und biogeochemischen Prozesse im Arktischen Ozean zu erweitern, sehr wertvoll. Dieses Eis kann uns Informationen über die Mengen an Material geben, das durch das Eis vom arktischen Schelf in den offenen Arktischen Ozean transportiert wird. Die Partikel im Eis können uns ebenfalls wertvolle Informationen über die Herkunft des Sediments geben. Zusammengefasst kann es uns helfen, die lateralen Transportmechanismen und die Verteilung von Partikeln im Ozean zu besser verstehen. Marine Partikel transportieren Nährstoffe und viele Spurenelemente von dem Kontinent in den Ozean. Viele dieser Elemente (z.B. Eisen) spielen eine wichtige Rolle und sind notwendig für das Leben im Ozean.
Nachdem das „dirty ice“ von aufmerksamen und interessierten Offizieren auf der Brücke entdeckt wurde, hielten sie auf Weisung der Fahrtleiterin das Schiff an und wir bekamen die Möglichkeit es zu beproben. Wir sagten natürlich Ja!
Zuvor hatten wir wilde Diskussionen darüber geführt, wie wir das „dirty ice“ beproben können, falls wir es finden würden. Es ging um komplizierte Prozesse, wie zum Beispiel den Einsatz der Helikopter, um auf das Eis zu gelangen und es mit riesigen motorbetriebenen Bohrern zu erbohren usw. Zum Glück hat die exzellente Polarstern-Crew dieses Problem für uns gelöst, indem sie einfach einen Eimer an einem Seil befestigten und mit einer Stange das Eis aus dem Wasser in den Eimer beförderten.
Das „dirty ice“ ist einfach eines der vielen Geschenke, die Gott uns Wissenschaftlern gegeben hat! Daher können wir nun erforschen und vielleicht sogar vorhersagen, welchen Einfluss die Klimaveränderung haben wird, und das nicht nur für die Arktis, sondern für den gesamten Ozean.
Wer hätte wissen können, dass ein so kleines Stück Eis uns eine so unglaubliche Geschichte erzählen kann?
Leider kommt nun am Ende des begeisterten Berichts über den Fund von sedimentbeladenem Eis ein Zusatz der Fahrtleiterin Ursula Schauer:
Am Donnerstag mussten wir unsere Forschung in der sibirischen Arktis unterbrechen. Wir haben einen medizinischen Notfall, der zur stationären Behandlung ins norwegische Kirkenes gebracht werden muss. Trotz der Sorge um unseren Patienten sind wir sehr froh über die exzellente Betreuung durch unseren Bordarzt und seine Assistentin, und über die hervorragende medizinische Ausstattung an Bord, die auch ein kleines Hospital mit Telemedizin beinhaltet (was das ist, steht in diesem Archiv-Artikel im Focus-online).
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