Mut zur Lücke!

Loreley-Delilah, Liam-Noel, Karl-Johann oder doch lieber Norma Jean? Hipster-Eltern haben es bei der Suche nach einem passenden Babynamen gewiss nicht einfach. Seiner Nachkommenschaft den gewissen Anstrich an Individualität zu verpassen, ohne dabei selbst im Mainstream zu landen, ist leichter gesagt als getan. Anstatt wie bisher im Internet die Top 100-Rangliste der ausgefallensten Babynamen zu durchforsten, könnte ein neuer Quell der Inspiration an einem insoweit bisher vollends unbeachteten Ort zu finden sein: in der Miniaturwelt zwischen den Sandkörnern …

Hakenrüssler, Kiefermündchen, Korsettträger oder Bauchhärling lauten nur einige der originellen Namen von den Tierchen, die im sogenannten Mesopsammon – dem „Sandlückensystem“ – zu Hause sind. Auch die wässrigen, goldbraunen Schlammhäufchen, die vor mir gerade auf das Schiffsdeck tropfen, gehören zum Lebensraum dieser Winzlinge, die in der Wissenschaft als Meiofauna bezeichnet werden und zwischen 32 Mikrometern und einem Millimeter groß sind. „Es gibt kaum einen Ort auf der Welt, den diese sehr artenreiche Lebensgemeinschaft nicht bevölkert hat“, erklärt mir Gritta Veit-Köhler, Forscherin am Deutschen Zentrum für Marine Biodiversitätsforschung von Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven. „Wir finden sie nicht nur unter unseren Badetüchern an Nord- und Ostsee. In den schwindelerregenden Höhen des Himalayas sind sie genauso beheimatet wie bei den Thermalquellen am Grund der Tiefsee, die über 300 Grad Celsius heißes Wasser speien. In den Solekanälen des arktischen Meereseises hat man sie entdeckt, ebenso hoch oben in den Baumkronen des Amazonas, wo sie sich die wassergefüllten Kelche der Bromelien mit den Kaulquappen der Pfeilgiftfrösche teilen.“

Bizarre Meeressonde mit fünf Beinen und 20 Sedimentröhren: Der Multicorer (MUC)
kehrt von seinem Nachteinsatz aus mehr als 5000 Metern Tiefe zurück.

Auf unserer SONNE-Expedition wird Gritta die Meiofauna unter die Lupe nehmen, die in den Sedimenten des Pazifischen Ozeans in mehr als 5000 Metern Tiefe nicht etwa schlummert – nein wimmelt! „Wir möchten damit eine Forschungslücke schließen, die für unsere Proben derzeit noch zwischen der amerikanischen Westküste und den Tiefseegräben bei Japan besteht“, erklärt sie. „Unsere Kollegen zu Hause in Wilhelmshaven warten schon gespannt darauf, die Proben zu untersuchen. Ihre genetischen Methoden sind sehr effizient und heutzutage für viele Fragestellungen Mittel der Wahl. Da gibt es zum Beispiel das Barcoding, die Artbestimmung von einzelnen Individuen anhand ihrer genetischen Informationen – sowie das Metabarcoding, die Analyse der kompletten Tiergemeinschaft einer Sedimentprobe auf einen Schlag. Ich selber bin daran interessiert, ob ich Tierarten wiederfinde, die meine Studenten und ich taxonomisch, also mit Bildern und Zeichnungen, beschrieben haben. Meine Studentin Annabel Mathiske hat in ihrer Bachelorarbeit vier neue Arten von Tiefsee-Ruderfußkrebsen vorgestellt, und ich habe insoweit Proben von Kollegen aus Japan. Es wäre großartig, wenn wir diese Tiere auch mitten im Pazifik wieder finden könnten!“ Unterstützt wird Gritta von Merten Bohn, Biologiestudent an der Carl-von-Ossietzky Universität Oldenburg – er schreibt derzeit bei ihr seine Bachelorarbeit über ein Fütterungsexperiment mit Meiofauna, das Gritta vor drei Jahren im Rahmen einer Expedition auf dem Forschungseisbrecher Polarstern in der Antarktis durchgeführt hat. „Bei der Datenerhebung auf der Polarstern war ich damals ja nicht dabei“, erläutert mir Merten. „Zwar führt uns die Route der SONNE-Expedition nun durch klimatisch weitaus wärmere Regionen. Trotzdem erlaubt mir diese Erfahrung auch mit Blick auf meine Bachelorarbeit, ein besseres Gespür für die Herausforderungen zu bekommen, die Wissenschaftler beim Feldeinsatz auf einem Forschungsschiff zu bewältigen haben.“ In den frisch aus dem Pazifik geborgenen Sedimentproben hofft Gritta auch bisher unbekannte Spezies aufzuspüren, die zu ihren ganz persönlichen Lieblingen innerhalb der Meiofauna gehören: den Ruderfußkrebsen, auch Copepoden genannt. „Im Angolabecken fanden wir unter 2000 Exemplaren 700 verschiedene Arten. Das ist schon unglaublich. Jeder dritte Ruderfußkrebs gehörte zu einer neuen Art!“ Grittas Augen glänzen. „Aktuell sind bei den bodenlebenden Copepoden etwa 3000 unterschiedliche Spezies bekannt –  insgesamt schätzen Kollegen ihre Artenvielfalt allerdings auf um die 30.000.“

Bei Grittas Arbeit gibt es aber nicht nur eine Menge neuer Namen zu vergeben. Zuvor gilt es, bei der Bestimmung unter dem Binokular auf jedes Detail zu achten. „Manchmal unterscheiden sich die verschiedenen Arten der Ruderfußkrebse nur durch eine einzige Borste am dritten Schwimmbeinpaar.“ Dass dies bei einem insgesamt nur 0,3 Millimeter großen Tierchen nicht ohne weiteres herauszufinden ist, leuchtet ein. „Oft müssen wir sie dazu mithilfe einer chemisch geschärften Nadel sezieren“, präzisiert die Meiofaunaspezialistin. Bevor die tief unter unserem Forschungsschiff in den Sedimenten des Pazifischen Ozeans wuselnden Sandlückentiere in den Genuss einer solchen Behandlung kommen können, müssen sie aber zunächst einmal aus ihrem schlammigen Habitat zu uns ans Deck befördert werden. Dazu hat sich Gritta vom Senckenberg-Institut ein Probenahmegerät mitgebracht, das speziell auf die Entnahme von Sedimenten in der Tiefsee ausgerichtet ist: den Multicorer – kurz MUC. Als der MUC vor ein paar Minuten aus dem Dunkel der Nacht triefend und am Drahtseil hängend auf unserem Deck einschwebte, konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren: Das bizarr geformte Eisengestell sieht mit seinen fünf Beinen fast selbst aus wie ein großgezoomtes Sandlückentierchen, das dabei ist, unser Forschungsschiff zu kapern. Der MUC ist mit zwanzig im Karree angeordneten Plexiglasrohren ausgestattet, die sich nach der Landung auf dem Meeresboden langsam in das Sediment bohren. Das Anhieven des Geräts löst dann einen Mechanismus aus, der die Rohre oben und unten mit Deckeln verschließt. „Die behutsame Bergung der Sedimentkerne ist besonders wichtig“, betont Gritta. „Nur so können wir anschließend eine nahezu ungestörte Lebensgemeinschaft in ihrem natürlichen Zustand studieren, da die meisten Tiere im obersten Zentimeter, teilweise sogar in den obersten Millimetern des Untergrunds beheimatet sind.“

Merten ist gerade dabei, die letzten Plexiglasrohre aus der Verankerung des MUCs herauszulösen. Durch die milchige Verschalung sehe ich oben auf dem Sedimentkern einige schwarzbraune Klumpen liegen. „Manganknollen“, erklärt mir der Biologiestudent. „Inmitten des Meeresschlamms bieten sie Mikroorganismen einen festen Untergrund. Es wird daher spannend sein zu untersuchen, ob sich auf ihnen bestimmte Arten der Meiofauna angesiedelt haben.“

Ich erinnere mich. Erst vor ein paar Tagen hatte mir Melanie Bergmann (Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven) Fotos von dem in dieser Gegend mit Manganknollen nahezu lückenlos übersäten Meeresgrund gezeigt; Fotos, die unser ferngesteuertes Kamera-System OFOS (Ocean Floor Observation System), 1,5 Meter über dem Ozeanbett schwebend, aufgenommen hatte. Die innere Struktur der Knollen ist von ihrem sphärisch geschichteten Aufbau mit dem einer Zwiebel vergleichbar. Allerdings wachsen sie bedeutend langsamer als ihre Verwandten im Gemüsebeet. Nur etwa fünf Millimeter in einer Million Jahre. Dabei sollte man sich vom unscheinbaren Äußeren der Knollen nicht täuschen lassen. Sie enthalten die seltenen und nur begrenzt ersetzbaren Metalle Nickel, Kupfer und Kobalt. Gerade letzteres wird von der Europäischen Union als sogenannter kritischer Rohstoff eingestuft. Dazu gehören jene Stoffe, die von hoher ökonomischer Bedeutung sind, bei denen jedoch kein freier und fairer Zugang auf dem Weltmarkt sowie keine dauerhafte Versorgung aus Quellen innerhalb Europas gegeben sind. Ohne Kobalt gäbe es zum Beispiel keine Lithium-Ionen-Akkus; das Metall ist folglich wichtiger Baustein für Smartphones, Tablets, Laptops und Elektrofahrzeuge. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Run aller großen Industrienationen auf die Abbaurechte dieser Meeresknollen in vollem Gange ist. „Die Auswirkungen des geplanten Abbaus von Manganknollen auf das Ökosystem der Tiefsee wären beträchtlich, da der Meeresgrund bei der Ernte regelrecht umgepflügt wird“, prognostiziert Gritta die Entwicklung der nächsten Jahre. „Simulationen des Abbaus seit Ende der 70iger Jahre haben gezeigt, dass sich diese Regionen von Eingriffen nur sehr langsam erholen. Die damaligen Pflugspuren sehen auch nach 40 Jahren wie frisch umgegraben aus, und viele Mikroorganismen der ursprünglich vertretenen Populationen sucht man dort auch heute noch immer vergeblich.“ Die Bewohner der Tiefsee haben sich über Jahrtausende der Evolution darauf eingestellt, dass sich die zentralen Lebensbedingungen wie Nahrungsverfügbarkeit und Temperatur kaum verändern, sich eine Sedimentschicht nach der anderen in einem langsamen Prozess übereinanderlegt. „Die durch den Tiefseebergbau gegrabenen Furchen und aufgewirbelten Sedimentwolken bergen die Gefahr, eine Vielzahl der sensiblen Sedimentbewohner unter sich zu begraben“, erläutert Gritta. „Die Vertreter der Meiofauna wachsen extrem langsam und haben nur wenig Nachwuchs. Zudem zeichnen sich die meisten Arten durch eine benthonische Entwicklung aus: Sie sind an den Meeresboden gebunden. Anders als ein Großteil der Makrofauna geben sie ihre Larven nicht frei ins Wasser ab und können damit auch nicht Strömungen nutzen, um sich über große Strecken zu verbreiten. Die Verbreitung erfolgt ausschließlich zu Fuß.“

Besondere Vorsicht scheint beim geplanten Tiefseebergbau auch deshalb geboten, weil man den Meeresgrund mit Fug und Recht als „Komposthaufen“ der Ozeane bezeichnen kann. Wie wir im Zusammenhang mit dem Einsatz unseres Marine Snow Catchers erfahren haben, rieselt das ganze Jahr hindurch Biomasse aus totem Zoo-, Phytoplankton und Kot als sogenannter Meeresschnee auf den Boden der Tiefsee. Die Sedimentbewohner zersetzen diesen „Abfall“ und wandeln ihn in anorganische Nährstoffe um, die wiederum Primärproduzenten wie Mikroalgen als Dünger dienen. Aufgrund dieser Remineralisierung nehmen die Organismen der Tiefsee eine ganz wesentliche Rolle im maritimen Nährstoffkreislauf ein. „Unsere Rolle als Wissenschaftler, speziell in diesem Bereich neue Erkenntnisse für die Öffentlichkeit zu generieren, ist schon ein wenig zwiespältig“, gibt Gritta zu bedenken. „Natürlich ist es möglich, dass Konzerne Teile unserer Forschung dazu verwenden, ihre Planungsprozesse für den kommerziellen Abbau von Manganknollen voranzutreiben. Auf der anderen Seite hoffen wir natürlich, dass unsere Forschungsinhalte aufgegriffen werden, um Umweltstandards zu definieren und den Abbau zu reglementieren: Wie groß dürfen zusammenhängende Abbauflächen maximal sein, welchen Abstand müssen sie voneinander haben?“ Ganz speziell diesen Fragen widmete sich auch unsere Vorgängerexpedition auf der SONNE, das europäische JPI Oceans-Verbundprojekt MiningImpact, das wir Ende Mai in Vancouver abgelöst hatten. Der Rechtsrahmen für den kommerziellen Abbau von Erzen in der Hochsee wird derzeit zwischen der EU und den 167 Mitgliedstaaten der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) verhandelt. Bis 2020 soll dieser Mining-Code vorliegen. Eine letzte Hürde, bevor wir Menschen auch diesem Flecken nahezu unberührter Natur unseren Stempel aufdrücken werden.

Mit Aluminiumfolie versiegelte Sedimentproben für die „Polymer-Forscher*innen“ (Oben links) –
blaue Gummistopfen auf den Kernen für die Meiofaunaspezialisten (Mitte).

Während vor meinem geistigen Auge Heerscharen von Raupenfahrzeugen auf den Meeresboden sinken, um mit der Knollenernte zu beginnen, haben sich auf dem Schiffsdeck zwei Sechserträger mit den Sedimentproben des Multicorers gefüllt. Ein Unterschied springt sofort ins Auge: In einem der Träger sind die Rohre mit Plastikdeckeln verschlossen, im anderen hingegen mit Alufolie versiegelt. Ein anschaulicher Fingerzeig dafür, dass sich der Weg der Proben an dieser Stelle gabeln wird. Während die erste Sedimentgruppe für Gritta und Merten bestimmt ist, wandert letztere zu einer anderen Gruppe von Wissenschaftler*innen unserer Expedition, die die Proben auf Mikroplastik untersuchen möchte – durch die Alufolie wird vermieden, dass die Ergebnisse durch Plastikabreibungen der Stopfen verfälscht werden.

Da den Proben nun einige Stunden Ruhe verordnet ist, damit sich in der Wassersäule befindliche Sandlückentiere, Mikroplastikpartikel und Feinsediment entspannt auf dem Boden absetzen können, verkrümele auch ich mich in meine Schiffskajüte. Das Sandmännchen und seine Körner erscheinen mir nach dem heutigen Tag in einem gänzlich anderen Licht …

Als ich am nächsten Morgen auf dem Schiffsdeck eintreffe, finde ich unsere Tiefseeschätze umringt von der Koordinatorin unseres MICRO-FATE Projekts Annika Jahnke, ihrem Kollegen vom UFZ Leipzig Stefan Lips, sowie von Mine Banu Tekman, Doktorandin am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). Die Weiterverarbeitung der Sedimentproben ist bereits in vollem Gange:

„Mach doch keinen Leckmeck, sonst schleck ich dich vom Fleck weg.“ Einige von Ihnen mögen sich an Ed von Schleck, das Kult-Eis der 80er Jahre zum Hochschieben erinnern – zum nostalgischen Auffrischen des Geschmacksknospengedächtnisses siehe Minute 0:34-0:35 und 1:24-1:25. Ed mag inzwischen aus dem Sortiment unserer Tiefkühltruhen verschwunden sein. Umso größer aber meine Freude, als ich am heutigen Morgen mitten auf dem Pazifik Zeuge der Wiederauferstehung seines leibeigenen Prinzips werde. Um die Sedimente aus den Rohren herauszubekommen, setzen die drei Wissenschaftler*innen den Plexiglaszylinder auf einen Stempel und drücken mit ihm den Bodensatz vorsichtig nach oben. Die nun emportretende Sedimentsäule wird freilich nicht abgeschleckt, sondern in ein separates, fünf Zentimeter hohes Plastikglassegment überführt, das Mine direkt über die Öffnung des Glaszylinders hält. Mit einer spachtelartigen Schaufel stößt sie dann in die Trennritze zwischen beiden Plastiksegmenten und trennt auf diese Weise den für die weitere Analyse vorgesehenen Teil vom Rest der Probe.

„Zunächst einmal möchten wir im Gesamtsediment den Gehalt an Umweltschadstoffen ermitteln“, beschreibt Annika das weitere Vorgehen im UFZ Leipzig. „Eine besondere Herausforderung wird sich hier vermutlich aus der enormen Tiefe der Probenahme und den damit einhergehenden geringen Schadstoffkonzentrationen ergeben. Liegen wir mit diesem Material noch im messbaren Bereich, um Schadstoffe nachzuweisen?“ Anschließend wird das Team um Stephan Wagner aus dem UFZ-Department Analytik die Abtrennung von Mikroplastikpartikeln aus dem Sediment übernehmen und diese auf Anzahl, Art und Größe untersuchen. „Diese isolierten Plastikpartikel überprüfen wir im nächsten Schritt ebenfalls auf ihren Schadstoffgehalt. Sollte uns ein Nachweis gelingen, könnten wir Rückschlüsse auf die Verteilung der Schadstoffe zwischen dem Sediment und dem darin enthaltenen Mikroplastik ziehen“, erklärt mir Annika. Bei diesem Vergleich geht es den Wissenschaftler*innen darum zu bestimmen, inwieweit im Plastik eine Anreicherung von Umweltschadstoffen aus dem Sediment erfolgt – Plastik als Passivsammler beziehungsweise in umgekehrter Richtung: inwieweit Schadstoffe aus dem Plastik ins Sediment abgegeben werden – sogenanntes Leaching. „Ist das Plastik in Tiefseesedimenten eine Quelle und/oder eine Senke für Umweltschadstoffe?“, bringt Annika die Forschungsfrage auf den Punkt.

Anknüpfend an diese Sedimentanalysen sollen Vergleiche zu den Schadstoffnachweisen gezogen werden, die ihre UFZ-Kollegin Elisa Rojo Nieto mit dem LV-SPE (Large-Volume Solid Phase Extraction)-Gerät aus der an den Meeresgrund angrenzende Wassersäule gewonnen hat. „Analog zu unseren Sedimentstudien möchten wir auch hier wieder die Schadstoffkonzentrationen hinzuziehen, die wir hoffentlich in jenen Plastikpartikeln nachweisen können, die mit den in situ-Pumpen aus genau diesem Segment der Wassersäule isoliert wurden“, präzisiert Annika. „Dabei geht es uns abermals um die zentrale Forschungsfrage, inwieweit Plastik als Passivsammler beziehungsweise Donor in Erscheinung tritt – nur diesmal in Bezug auf die Wassersäule.“ Wichtig war den Forscher*innen schließlich noch folgende Maßnahme der Methodenvalidierung: Auch das AWI Bremerhaven hat Triplikate der Sedimentproben bekommen und wird diese unabhängig auf Mikroplastikpartikel untersuchen. Werden verschiedene Institutionen mit unterschiedlichen Methoden und Personal zu ähnlichen Ergebnissen kommen?

Um in der Miniaturwelt zwischen den Sandkörnern ihren Platz zu finden, sind viele Tiere im Laufe der Jahrtausende zu wahren Winzlingen geschrumpft. Dieser Prozess der Verzwergung wird insbesondere darauf zurückgeführt, dass sie im Sandlückensystem einen besseren Schutz vor Fressfeinden finden, ferner auf Nahrungsarmut. Sollte es uns zukünftig nicht gelingen, mit den natürlichen Ressourcen verantwortungsvoller zu haushalten und das Problem der Überbevölkerung in den Griff zu bekommen, mag die Meiofauna der Menschheit insoweit einen letzten evolutionären Ausweg aufzeigen. In diesem Sinne auf eine zukünftige Wohngemeinschaft mit Hakenrüsslern, Korsettträgern und Bauchhärlingen. Mut zur Lücke!

Leser:innenkommentare (1)

  1. Menschen und Maschinen

    […] Mut zur Lücke! […]

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