Darf’s ein bisschen mehr sein …?

271120_titel (Foto: Steffen Niemann / Hereon

Beitrag von Volker Dzaak und Ina Frings, Abteilung Logistik & Organisation Küstenforschung

Die Frage kennen wir aus dem täglichen Leben und sie dreht sich meistens ums Gewicht. So auch in der Konstruktion eines neuen Schiffs, wobei es für unseren Neubau LP II gewisse Rahmenbedingungen gibt, die sich aus den Basisdaten ableiten. Erschwerend kommt hinzu, dass es kein festgelegtes, sondern ein variables Gewicht ist.

Für manche Messfahrten werden noch zusätzliche Laborcontainer an Bord genommen. Ebenso könnten es Container mit zusätzlichem Wasserstoff sein. Ebenfalls variabel ist das Gewicht der Tankfüllung für den herkömmlichen (dieselelektrischen) Antrieb – mal voller, mal leerer.

Eine weitere variable Gewichtskomponente ist die Ausrüstung, die von den unterschiedlichen wissenschaftlichen Messgruppen an Bord gebracht wird. Das sind manchmal ein bis zwei LKW-Ladungen (z.B. Messgeräte, Probenflaschen, zusätzliche Kühlaggregate).

Viele Komponenten bestimmen also das Gewicht – doch gewisse Parameter dürfen nicht aus den Augen verloren werden: Der Tiefgang darf 1,70 m nicht überschreiten. Hinzu kommt die maximale Höhe (von Wasserlinie bis Aufbauten) von 6,50 m, um z.B. unter den Elbbrücken durchfahren zu können. Somit besteht beim Gewicht im Betrieb des neuen Schiffes ein gewisser Spielraum innerhalb festgelegter Grenzen. Der Schwerpunkt wird präzise berechnet; zum Ausgleich von Gewichtsverlagerungen werden Tanks mit Trimmwasser eingeplant.

 

(Zeichnung: TECHNOLOG Services GmbH)

 

Doch nicht nur die Gewichtsverteilung und der Schwerpunkt sind wichtige Größen für das Verhalten eines Schiffes im Seegang, sondern auch die Verteilung des Gewichtes auf die Abmessungen. Ein schnell schaukelndes Schiff (= kurze Rollzeit) ist für viele Wissenschaftler ein Alptraum. Es beeinträchtigt sowohl die Arbeitsbedingungen als auch bei manchen Kollegen das persönliche Wohlbefinden.

Darum wurde bei der Planung dem Rollverhalten (Drehung um die Längsachse) viel Aufmerksamkeit geschenkt. Die Möglichkeit einer Verlängerung des Schiffes scheidet aus; die maximale Länge beträgt 30 m inklusive aller Teile, die über den Schiffsrumpf hinausragen (z.B. Kran am Heck oder Stange am Bug). Für diese Begrenzung gibt es einen guten Grund: Behördliche Vorgaben, dass Schiffe mit einer Gesamtlänge über 30 m bestimmte (kleinere) Häfen an der Nord- und Ostseeküste nicht anlaufen dürfen. Und diese Einschränkung würde sich sowohl für Mess- als auch Überfahrten in der Planung deutlich niederschlagen und somit den Aktionsradius für wissenschaftliche Arbeiten verringern.

Letztendlich läuft es auf eine Reduzierung der Breite des Schiffes auf 8 m (vorher: 9 m) hinaus, um das Rollverhalten deutlich zu verbessern. Die Verringerung der Breite bringt natürlich eine Reduzierung des Gewichts, doch in erster Linie müssen die damit einhergehenden verkleinerten Flächenmaße auf dem Arbeitsdeck und in den fest installierten Laboren diskutiert werden. Lösungen werden gefunden, die neue Breite ist akzeptiert und dann werden die Berechnungen zur Stabilität des Schiffskörpers erneut durchgeführt. Mit guten Ergebnissen! Manchmal darf’s eben auch ein bisschen weniger sein …

 

 

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