Auszeichnung für Dr. Jana Friedrich

Mitarbeiter (Foto: Christian Schmid / HZG)

Dr. Jana Friedrich (Abteilung Aquatische Nährstoffkreisläufe) hat eine besondere Auszeichnung erhalten. Mit der Verleihung des Kulturverdienstordens von Rumänien im Bereich Wissenschaft für die Unterstützung der rumänischen Forschung und für die wesentliche Teilnahme an der Entwicklung und Strategie von DANUBIUS-RI wurde ihr Engagement durch den rumänischen Präsidenten Klaus-Werner Iohannis gewürdigt.

 

(Foto: Steffen Niemann / HZG)

 

Herzlichen Glückwunsch! Wir freuen uns sehr mit ihr über die verdiente Auszeichnung und haben sie gebeten, uns ein bisschen mehr über die Hintergründe zu berichten. Beginnend von den Anfängen bis zum aktuellen Stand des Projektes DANUBIUS-RI war es ein Weg, der überzeugtes Engagement, unermüdliche Energie und Durchhaltevermögen erforderte.

 

Ich bin überrascht und sehr erfreut über diese ungewöhnliche Auszeichnung und fühle mich sehr geehrt, dass mein berufliches Engagement durch den höchsten Repräsentanten eines Landes gewürdigt wird. Neben mir wurden weitere Wissenschaftler des internationalen Kern-Teams von DANUBIUS ausgezeichnet. Wie kam es dazu?

Meine Zusammenarbeit mit rumänischen Forschern begann vor mehr als 20 Jahren, während meiner Tätigkeit an der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz. In gemeinsamen Forschungsprojekten, die von der EU und der Schweiz finanziert wurden, untersuchten wir die Folgen des Nährstoffüberschusses (Stickstoff und Phosphor u.a. aus der Landwirtschaft, was über die Donau ins Meer transportiert wird) auf die Ökosysteme des Donau Deltas und des Schwarzen Meeres. Die Erkenntnis, dass der Kollaps des Ökosystems im westlichen Schwarzen Meer in den 1980er Jahren seine Ursache zum großen Teil tausende Kilometer flussaufwärts hatte, mitten in Europa bedingt durch unseren Lifestyle auf Kosten der Natur, führte zu der Idee, die Forschung in Flüssen und Meeren zusammenzubringen.

Erst eine zusammenhängende Betrachtung von Fluss und Meer, d.h. sowohl die wissenschaftlichen Untersuchungen als auch Wissenschaftler und Nutzer zusammenzuführen, würde es erleichtern, die Umweltfolgen im Meer seinen oft entfernten Ursachen im Flusseinzugsgebiet zuzuordnen und dann zu verstehen, wie so eng miteinander verbundene Ökösysteme wie Fluss und Meer funktionieren. Das Ziel ist, letztendlich Lösungen für ökologisch und ökonomisch nachhaltige Nutzungs- und Schutzkonzepte von Flüssen, Ästuaren, Deltas und Küstenmeeren zu entwickeln, um sie für unsere und zukünftige Generationen zu erhalten.

Das brachte uns auf die Idee, neue Untersuchungskapazitäten zu entwickeln und existierende zusammenzubringen, um die Lücken in der Wissenskette von Beobachtungssystemen – Analyse – Modellierung und sozio-ökonomischen Lösungsansätzen mit Hinblick auf die Gesamtbetrachtung von Fluss und Meeren in Europa zu füllen und dies Nutzern aus Wissenschaft, Umweltpolitik, Behörden und Wirtschaft zur Verfügung zu stellen. Wir wollen dabei das Rad nicht neu erfinden und laufende Aktivitäten von Umweltbehörden und Flussgebiets- und Meereskommissionen duplizieren. Im Gegenteil, wir setzen auf Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung.

Über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren entwickelten wir gemeinsam mit einem Team von 27 Partnern aus 16 Ländern das innovative Konzept für eine solche Forschungsinfrastruktur – „Das internationale Zentrum für fortgeschrittene Untersuchungen von Fluss-Meer-Systemen”, genannt DANUBIUS-RI (RI = Research Infrastructure). Die Aufnahme dieses durch Rumänien geleiteten innovativen Projekts in die Roadmap des Europäischen Strategieforums für Forschungsinfrastrukturen (ESFRI) im Jahre 2016, aller Unkenrufe zum Trotz, war ein riesiger Erfolg.

Screenshot Magazin in2science

Derzeit bauen wir die dezentrale Forschungsinfrastruktur auf. Das erfordert, die dafür notwendigen Finanzen zu beschaffen, technische Lösungen für Beobachtungssysteme zu entwickeln, wissenschaftliche, organisatorische und rechtliche Strukturen aufzubauen und das Konzept für existierende Institutionen attraktiv zu machen und Interesse zu wecken. Läuft alles nach Plan, soll DANUBIUS-RI schrittweise seinen Betrieb aufnehmen und 2024 operationell sein, unter der Leitung von Rumänien und mit Standorten in ganz Europa an großen Fluss-Meer Systemen. Im Magazin in2science stellten Adrian Stanica, der Leiter von DANUBIUS-RI, und ich das Konzept im vergangenen Jahr vor.

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Ich war eine der treibenden Kräfte in dem von den rumänischen Kollegen geleiteten Team, welche das Konzept über die Jahre entwickelt hat. Innerhalb von 3 Jahren entwickelten wir mit 27 europäischen Partnern eine wissenschaftliche Strategie, die Wissenschaftsagenda‘ von DANUBIUS-RI, welche ich als Leitautorin koordinierte. Diese Ende 2019 veröffentlichte Wissenschaftsagenda bildet die Strategie und die Grundlage für das technische Design der europaweiten Forschungsinfrastruktur.

Die Mission von DANUBIUS-RI ist es, modernstes integriertes Instrumentarium und dazugehörige Expertise in Erdbeobachtung und in-situ Beobachtungssystemen, Experimenten, Laboranalytik, Datenanalyse, Modellsystemen nach anerkannten Standards sowie Ressourcen für sozio-ökonomische Lösungsansätze als Wissenskette zur Verfügung zu stellen mit dem Ziel, europaweit Forschung gemäß des Systemansatzes ‚von der Quelle bis ins Meer‘ zu fördern, um Wissen und Lösungen zu entwickeln für nachhaltige Nutzung und Schutz des Kontinuums von Fluss und Meer.

Dieses Ziel zu erreichen erfordert gutes Netzwerken, um die benötigte Expertise ins Team zu holen, und die Fähigkeit, über große Distanzen und mit unterschiedlichen Mentalitäten gut zusammenzuarbeiten. Es erfordert Ausdauer, hohe Frustrationstoleranz, Überzeugungskraft und Professionalität, um Akzeptanz zu erreichen. Wir haben immer wieder mit Bedenken, Vorbehalten und Misstrauen gegenüber dem Projekt zu kämpfen, auch intern im HZG. Es gibt sehr unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungen, was eine Forschungsinfrastruktur ist und was sie liefern soll. Nicht wenige Leute haben Schwierigkeiten, den wissenschaftlichen und sozio-ökologischen Nutzen zu sehen, die eine Investition in ein solch komplexes und langfristiges Projekt bietet. Das macht es nicht einfacher, wie sich der Leser sicher vorstellen kann.

Warum stecke ich eigentlich Zeit und Energie in DANUBIUS-RI, trotz aller Frustration, Rückschläge und Mehraufwand zu meinen täglichen Arbeitsaufgaben? Vor allem, weil ich davon überzeugt bin, dass die Herausforderungen, die vor uns liegen, um eine Balance zwischen Nutzung und Schutz der Umwelt und des Naturkapitals herzustellen, vor dem Hintergrund von Klimawandel und zunehmendem Nutzungsdruck durch den Menschen auch neue Wege erfordern, wie und mit wem wir Umweltforschung betreiben, um dem eigentlichen Ziel näherzukommen, sachkundige Lösungskonzepte für nachhaltige Nutzung vorzuschlagen. Es spielt natürlich auch eine Rolle, dass es mich motiviert und Spaß macht, in einem internationalen Team Gleichgesinnter auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten.

Das Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG) ist einer der Schlüsselpartner in DANUBIUS-RI und koordiniert eine der Komponenten der Forschungsinfrastruktur, die Elbe-Nordsee Supersite (eine Fallstudie und ‚living lab‘). Der neue Forschungs-Ponton in der Elbe in Tesperhude (FOPLATES) wird ein wichtiger Teil davon sein. Enthusiastische und unermüdliche Mitstreiter für DANUBIUS-RI am HZG sind seit vielen Jahren Volker Dzaak, Peter Heininger und Sina Bold, die auch den Aufbau der Forschungsplattform in der Elbe koordiniert. Joanna Staneva und Johannes Pein engagieren sich für die Modellierung in DANUBIUS-RI. Die Elbe-Nordsee Supersite entwickeln wir gemeinsam mit unseren Partnern, den Bundesanstalten für Wasserbau (BAW) und Gewässerkunde (BfG) sowie Kooperationspartnern wie z.B. HPA, BUKEA und die Universität Hamburg. Ebenso schaffen wir Synergien, indem wir mit anderen Forschungsinfrastrukturinitiativen wie MOSES und COSYNA gemeinsame Sache machen. Es liegt noch ein großes Stück Arbeit vor uns.

 

Fußnote: Das europäische Strategieforum für Forschungsinfrastrukturen ESFRI ist ein strategisches Instrument, um die wissenschaftliche Integration in Europa zu entwickeln und dessen internationale Reichweite zu stärken. Dessen Roadmap für Forschungsinfrastrukturen von pan-europäischem Interesse für die kommenden 10-20 Jahre stimuliert deren Realisierung.

==> Projekt DANUBIUS-RI  (HZG Website)

==> Website DANUBIUS-RI

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