Naturwissenschaften sind faszinierend und überaus komplex. Daraus Sachverhalte verständlich zu vermitteln, ohne sich in Fachbegriffen zu verlieren oder allzu viel Fachwissen beim Leser zu erwarten, stellt manchen Wissenschaftler vor hohe Herausforderungen. Wie gut, dass man hierfür auf die Hilfe von „Übersetzern“ zurückgreifen kann – die Wissenschaftsjournalisten. Sie können dem interessierten Leser Sachverhalte anschaulich und verständlich erklären.
Wobei jeder Wissenschaftsjournalist seinen eigenen Stil mitbringt. Wir nutzen gern die Unterstützung von Tim Schröder, dessen individueller Schreibstil unverkennbar ist. Er schreibt für renommierte Institutionen, Zeitungen, Magazine, Online Portale usw. – und gelegentlich für uns, wie z.B. die Highlight Themen und einige der „Schlaglicht“ Artikel für das coastMap Portal.
Was zeichnet seine Artikel und Beiträge aus? Sie nehmen den Leser Zeile für Zeile mit – bis zum Ende. Weil es anschaulich ist und neugierig macht auf das, was noch folgt. Es ist eine Erzählweise, die wenig mit dem Erzählen einer konstruierten Geschichte zu tun hat und noch weniger mit dem Begriff „Storytelling“, der im Marketing verwendet wird. Sie ist doppelt „ansprechend“ im übertragenen Sinn der Kommunikation. Fast wirkt es nach dem Einstieg in den Text so, als würde man als Leser den Wunsch nach mehr Lesestoff äußern.
Doch wie entstehen solche Texte? Bleiben wir bei dem Beispiel unserer Highlight Themen. Wenn ein Thema bei uns intern festgelegt ist, bekommt Tim Schröder von uns möglichst viele Vorab-Informationen, wie z.B. Webseiteninhalte, relevante Publikationen, Blogbeiträge usw., sowie den/die konkreten Ansprechpartner genannt inklusive unseres Zeitrahmens, bis wann der Artikel „druckreif“ sein soll. Ab diesem Zeitpunkt übernimmt er den aktiven Part und wir haben ihn gebeten, mal ein bisschen „aus dem Nähkästchen“ zu plaudern.
Herr Schröder, entwickeln Sie schon beim Studium der Vorab-Informationen eine Idee, was der „Aufhänger“ für den Artikel sein könnte?
Ja, das ist so. Denn in der Regel enthalten die Highlight-Themen ja eine Neuigkeit und damit einen Nachrichtenwert. Manchmal ist eine Technologie die Neuigkeit, manchmal sind es die Ergebnisse eines Forschungsprojektes. Damit ist meist schon am Anfang klar, was die Nachricht ist. Es gibt aber auch Themen, bei denen ein Projekt noch in Arbeit ist. Da braucht es dann eine zündende Idee, einen Fakt, der in den Vordergrund gerückt wird. Meist hilft hier Frage „Was hat die Menschheit“ von diesem Projekt?“. Das ist übrigens allgemein ein ganz entscheidender Gedanke für eine Forschungsgeschichte, die sich an die Öffentlichkeit richtet: Jede Geschichte braucht eine Conclusio, die dem Leser die Frage beantwortet „Warum soll ich das eigentlich lesen?“.
Wie gestaltet sich die Kommunikation mit den genannten Ansprechpartnern?
In der Regel sende ich eine Email an die Forscherin oder den Forscher und bitte um einen Telefontermin – und gegebenenfalls darum, mir vorab noch aktuelle Paper zum Einlesen zuzusenden. In dem folgenden Telefoninterview stelle ich dann Detailfragen zu den Aspekten, die noch unklar sind.
Wie schwierig ist es, wenn die Ansprechpartner nur in englischer Sprache kommunizieren? Gibt es da nicht ein „Durcheinander“ in Ihrem Kopf, diese Informationen für einen deutschsprachigen Artikel zu adaptieren?
Natürlich ist es immer etwas anstrengender, Interviews zu Fachthemen auf Englisch zu führen. Aber über die Jahre habe ich eine gewisse Routine entwickelt. Und da ich selbst Naturwissenschaftler bin, kenne ich viele Fachtermini. Hart wird es, wenn die Interviewpartner einen starken Akzent haben oder gebrochen englisch sprechen. Da muss ich dann häufiger nachfragen, um wichtige Details richtig zu verstehen. Meine Mitschrift ist dann natürlich englisch. Das ist schon witzig, hinterher die Geschichte auf Deutsch zu schreiben. Aber das geht recht gut.
Fügen Sie erst die Informationen in einen Rahmen und entwickeln dann Ihren „Erzählstil“?
Nein, ich mache mir vor dem Schreiben grundsätzlich keine Textstruktur. Das engt ein. Der Text entwickelt sich beim Schreiben. Ich lese und denke mich so lange ein, bis ich das Gefühl habe, die zentralen Fakten im Kopf zu haben. Dann notiere ich die wichtigsten Aspekte noch einmal auf einem Spickzettel und fange mit dem Schreiben an. Zuerst ein Einstieg, der den Leser abholt, dann das Problem schildern und dann die HZG-Lösung präsentieren.
Wann entsteht die Idee zur Überschrift? Spontan am Anfang oder erst nach dem fertigen Manuskript?
Hier befolge ich die gute alte Journalisten-Regel, dass Überschrift und Teaser immer zum Schluss entstehen. Mein Tipp an alle, die selbst manchmal schreiben müssen: Zum Schluss den Text noch einmal lesen und die wichtigsten Begriffe anstreichen. Dann kommen die Ideen für eine Überschrift von ganz allein.
Wie kritisch sind Sie mit sich selbst, bevor Sie den Artikel zur fachlichen Durchsicht und Abstimmung an Ihren Ansprechpartner reichen?
Die Überschrift muss originell sein. Der Text darf nicht langweilen. Die Highlight-Themen bringen es mit sich, dass ich relativ tief ins Thema eintauchen muss. Ich sehe zu, Fachsprache möglichst wegzulassen und die Fakten mit einfachen Worten zu beschreiben. Das sind Aspekte, auf die ich die Texte noch einmal abklopfe, bevor ich sie losschicke. Auch sollte das Ende nicht dahintröpfeln, sondern klar sagen, wohin die Reise geht oder für den Leser noch eine kleine Überraschung bereithalten. Meist lasse ich den fertigen Text über Nacht liegen und schaue am nächsten Tag mit frischem Geist noch einmal drauf. Da fallen mir oftmals noch Dinge auf.
Herzlichen Dank für den Blick hinter die Kulissen! Das zeigt, dass hinter Ihren Artikeln in leichter Erzählweise eine Menge harter Arbeit steckt.
Auch wir freuen uns immer über den „ersten Wurf“, denn es ist absolut spannend, aus welcher Perspektive Tim Schröder das genannte Thema anhand der gelieferten Vorab-Informationen angeht. Er hat uns damit schon manches Mal überrascht, wo der Schwerpunkt liegt und welche Details er herausarbeitet.
Sobald der Artikel „fachlich“ abgenommen ist, geht die Arbeit bei uns weiter. Wir suchen dann mit den jeweiligen Ansprechpartnern passende Fotos zur Illustration heraus. Manchmal haben die Kollegen selbst Fotos angefertigt im Labor und auf Messkampagnen oder wir greifen auf unsere Bilddatenbanken zurück. Bei Grafiken wird es schwieriger. Wenn nichts Geeignetes existiert, müssen die Kollegen etwas Neues erstellen. So ergibt sich auch nach Vorlage des Textes noch ein ziemlicher interner Kommunikationsaufwand, bis alle Beteiligten zufrieden nicken und den gesamten Artikel zur Veröffentlichung freigeben.
[…] Ina Frings den Spieß umgedreht und mich in einem Interview zu meiner Arbeit befragt. Hier erfahren Sie mehr darüber, wie meine Texte für den Highlight-Blog […]