Einstellung junger Wissenschaftler zum Klimawandel und zur Klimapolitik

Publications (Foto: J.-R. Lippels / Hereon)
Beitrag von Prof. Dr. Hans von Storch, Systemanalyse und Modellierung

Klimawissenschaft genießt große gesellschaftliche Aufmerksamkeit, weil sie die Hüterin des Wissens über den Einfluss des Menschen auf das Klima, die langfristige Entwicklung des Klimas unter diesem Einfluss und den Folgen für Gesellschaft und Natur ist. Auch die Arbeiten im Institut für Küstenforschung und bei GERICS, beides Einrichtungen des Helmholtz-Zentrums Geesthacht (HZG), tragen zu diesem Wissen bei.

Wiewohl interessierte Kreise immer wieder erfolglos versuchen zu argumentieren, dass es entweder keinen Klimawandel gäbe, oder dieser natürlichen Vorgängen geschuldet oder in seiner Wirkung belanglos sei, ist das zusammengefasste und weitgehend einvernehmliche Urteil der Klimawissenschaft, etwa in Form der Berichte des UNO Klimarats IPCC, eindeutig. Ja, das Klima (die Statistik des Wetters) ändert sich, und dies kann nur durch den dominanten Einfluss menschlicher Faktoren (Treibhausgase) erklärt werden. Dieser Wandel kann gemindert werden durch das Zurücksetzen der Freisetzung von Treibhausgasen. Aber völlig vermieden werden kann er nicht, so dass auch Vorsorge für Natur und Gesellschaft nötig sind.

Eine interessante Frage ist, wie wissenschaftliche Akteure dies sehen. Daher fragten wir – Natur- und Sozialwissenschaftler von HZG, der Ocean University of China und der Universität Hamburg – junge Klimawissenschaftler in Hamburg und junge (werdende) Umweltwissenschaftler in Qingdao nach ihrer Meinung zu zwei Hauptpunkten. Die Ocean University of China und die Universität Hamburg sind langjährige Kooperationspartner des HZG.

Zunächst fragten wir danach, wie überzeugt man von der Erklärung sei, dass der Mensch das Klima durch die Emissionen ändere. Nicht überraschend gab es hierzu breite Zustimmung, die allerdings etwas weniger enthusiastisch in China ausfiel als in Hamburg. Diesen Umstand erklären wir durch kulturelle Unterschiede.

Dann fragten wir nach der wichtigsten Aufgabe der Klimaforschung. Als Optionen auf die Frage gab es die Möglichkeiten:

  • Bestimmung des Klimaproblems und der Gründe für den Klimawandel
  • Ableitung von Lösungen des Klimaproblems
  • Motivierung der Öffentlichkeit zur Ergreifung von Maßnahmen

Hier ergab sich ein deutlicher Unterschied. Die meisten jungen Leute in China optierten für die erste Antwort, priorisierten als Hauptaufgabe für die Klimawissenschaft die Klärung der Zusammenhänge, während die Hamburger jungen Klimaforscher die Hauptaufgabe überwiegend in der Motivierung der Öffentlichkeit sahen. Offenbar herrscht in China eine andere „Arbeitsteilung“ zwischen Wissenschaft und Politik als im Westen.

Die Studie ist jetzt online (open access) erschienen:

Storch, H. von, Chen, X.-E., Pfau-Effinger, B., Bray, D., & Ullmann, A. (2019): Attitudes of young scholars in Qingdao and Hamburg about climate change and climate policy –  the role of culture for the explanation of differences. Advances in Climate Change Research, doi:10.1016/j.accre.2019.04.001

Abstract:

This article analyses differences in the attitudes related to climate change of young scholars in environmental science in Qingdao (China) and Hamburg (Germany). The main aim of the article is to evaluate the role of cultural differences for their explanation. We expect no significant differences in the attitudes related to the findings of climate research, since scientific principles are the joint basis of the the scientific discourse wordwide. However, we expect that there are differences in the attitudes of the young scholars about the role of science, of the state and of the civil society for dealing with the challenge of climate change. We suggest that these can be explained with substantial cultural differences between both societies, with regard to the role of the state and the civil society for the solution of environmental problems.
In order to evaluate these hypotheses, we have conducted a comparative survey among environmental science students in Qingdao (China) and Hamburg (Germany) about their attitudes towards climate change. The findings support our main hypotheses. The young scholars in Quingdao and Hamburg differ substantially in their views of the role of science in society and policymaking. Plausibly, these differences may mainly be explained with differences in the cultural ideas about the role of the state and of the civil society for the solution of environmental problems. Gradual differences in the share of young scholars who think that climate change has anthropogenic causes, may be explained with differences in the curriculum but also by cultural habits.
This article makes a new contribution to the scientific debate by exploring the role of cultural differences for differences in the attitudes of young scholars in environmental science in connection with climate change and climate policy in different cultural contexts.

Die gleiche Umfrage ist zwischenzeitlich an zwei anderen Einrichtungen wiederholt worden, einmal in Italien an einer Graduiertenschule für Klimaforschung und einmal an der Technischen Universität in Hamburg. Die Ergebnisse ähneln jenen, die für Hamburg gefunden wurden.

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