Erfassung von Seevögeln und Meeressäugern

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04.04.2018 / Beitrag mit Fotos von Dr. Nils Guse, Forschungs- und Technologiezentrum Westküste (FTZ)

Eine Seevogelmonitoringfahrt mit dem Forschungsschiff „Ludwig Prandtl“  (10.03.-16.03.2018)

Wir sind vier Wissenschaftler (Jonas Buddemeier, Modestas Bruzas, Kolja Lehmann & Nils Guse) vom Forschungs- und Technologiezentrum Westküste (FTZ) der Universität Kiel, die Mitte März eine sechstägige Schiffsausfahrt mit dem Forschungsschiff „Ludwig Prandtl“ in der Ostsee durchgeführt haben.

Unser Untersuchungsgebiet (Grafik: Nils Guse / FTZ)

Ziel der Fahrt war die Erfassung von Seevögeln und Meeressäugern anhand der international standardisierten Seabirds at Sea-Methode (SAS). Der Schwerpunkt lag auf dem Bereich der Pommerschen Bucht und den Gewässern um Rügen und vor Darß und Zingst. Die SAS-Methode liefert Erkenntnisse zu den Verteilungsmustern und Anzahlen der verschiedenen Arten.

Während der SAS-Erfassung (Foto: Nils Guse / FTZ)

Auf dieser Forschungsreise, die wir im Rahmen des Marinen Biodiversitätsmonitorings des BfN/FTZ durchgeführt haben, ging es uns besonders um die Frühjahrsvorkommen von Seetauchern und Meeresenten. Zusätzlich haben wir von zahlreichen Seevögeln hochauflösende Digitalfotos gemacht. Anhand der Bilder lässt sich analysieren, wie groß der Jungvogelanteil und wie das Geschlechterverhältnis ist. Diese Analysen führen wir in Zusammenarbeit mit Kollegen aus Schweden und dem Baltikum durch. Dabei geht es darum, genaue Daten zur Populationsstruktur bestimmter Seevogelarten zu erhalten, um den Gründen von Bestandsveränderungen auf die Spur zu kommen.

Besonders im Fokus ist hierbei die Eisente, die vor wenigen Jahrzehnten noch die häufigste Meeresente der Welt war. Diese kleine und besonders hübsche Tauchente brütet in der arktischen Tundra und überwintert zu Millionen in der Ostsee. In der deutschen Ostsee sind es Hunderttausende u.a. in der Pommerschen Bucht. Seit ca. 20 Jahren ist der Bestand stark zurückgegangen. Unsere Analysen sollen helfen zu klären, ob die Hauptursachen für den Rückgang in den arktischen Brut- oder den Überwinterungsgebieten in der Ostsee liegen. Die SAS-Daten und Foto-Analysen gehen in die EU-weiten Bewertungen seltener und bedrohter Tierarten im Rahmen von Natura2000 und der Meeresstrategierahmenrichtlinie ein.

Trupp fliegender Eisenten (Foto: Nils Guse / FTZ)

In den küstenfernen Gebieten Adlergrund (10.03.) und Oderbank (12.03.) waren deutlich weniger Eis-, Samt- und Trauerenten festzustellen als noch im November 2017, als wir ebenfalls mit der „Ludwig Prandtl“ in diesem Gebiet unterwegs waren. Eis- und Samtenten kamen in meist kleineren Trupps vor. Trauerenten waren insgesamt sehr rar. Dafür fanden sich große Eisententrupps mit teilweise mehreren tausend Tieren an der Nordostküste Rügens (13.03.), sowie am Eingang des Greifswalder Boddens und auch im Bodden (14.03.) selbst.

Bei der Untersuchung des Boddens hatten wir dieses Mal besonderes Glück. Noch am Tag zuvor war dieser wegen Eisbedeckung für große Teile des Schiffsverkehrs gesperrt gewesen. Deshalb konnten wir diesmal Gebiete aufsuchen, die sonst im Frühjahr durch die zahlreichen Stellnetze der Heringsfischer unpassierbar sind. Wie die Fischer nutzen alljährlich zahlreiche Seevögel die im Bodden laichenden Frühjahrsheringe als Nahrungsquelle. Auch die Eisenten ernähren sich phasenweise vom Heringslaich. Im Nord- und Südteil fand sich immer noch viel Eis, das von vielen Vögeln (u.a. Mantel- und Silbermöwen, Kormoranen und Seeadlern) aber auch von Kegelrobben zum Ausruhen genutzt wurde. Eine besonders große Gruppe umfasste gut 30 Robben.

Vor Darß und Zingst zeigten sich ebenfalls große Ansammlungen von Seevögeln. Gerade Trauerenten waren zahlenstark vertreten und lösten die Eisenten als häufigste Meeresenten ab. Wir konnten Trupps von hunderten und tausenden Vögeln beobachten. Auch Eiderenten nahmen ab dem Darß Richtung Westen deutlich zu.

Trupp fliegender Trauerenten (Foto: Nils Guse / FTZ)

Während die Seetaucher (Stern- und Prachttaucher) in der Pommerschen Bucht diesmal besonders spärlich vertreten waren, gelang eine spektakuläre Beobachtung vor dem Darß. Ein Trupp von 200 Seetauchern flog über die Ostsee. Von Hiddensee bis nach Warnemünde konnten wir um die 600 Seetaucher beobachten. Dies sind die höchsten jemals während unseres Monitorings erfassten Tagessummen in der Ostsee. Wir nehmen an, dass Zugstau die Ursache für das geballte Auftreten der Seetaucher in diesem Bereich war. Vermutlich haben sich die Seetaucher auf dem Weg in ihre Brutgebiete in Skandinavien und Russland westlich von Rügen gesammelt, weil es weiter östlich durch Wind und Frost zu kalt gewesen sein könnte.

Weitere spannende SAS-Daten und Digitalfotos konnten wir in der Mecklenburger, Wismarer und Lübecker Bucht sammeln. Meeresenten, Seetaucher, Möwen und Alke haben uns bis zum Fahrtende in Travemünde begleitet. An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich beim HZG und besonders bei Volker Dzaak für die Bereitstellung der „Ludwig Prandtl“ bedanken. Kapitän Helmut Bornhöft und Detlef Heinze möchten wir für die freundschaftliche Atmosphäre an Bord und hervorragende Unterstützung während dieser und so vieler anderer Seereisen danken.

Kapitän Helmut Bornhöft (Foto: Nils Guse / FTZ)

Wer sich darüber hinaus für die Ergebnisse des SAS-Monitorings interessiert, findet weitere Informationen auf den Internetseiten des FTZ  oder den Internetseiten des Bundesamtes für Naturschutz.

Leser:innenkommentare (1)

  1. Einsatzplan 2020

    […] Prandtl“. Der erste Einsatz führt in die Ostsee, wo sich die Kollegen vom FTZ Büsum der Erfassung von Seevögeln widmen. Bei den Temperaturen und Wetterbedingungen ist das ein Einsatz für hartgesottene […]

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