Bambus & Stoff

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Ein Hilfsmittel, das auf keiner Traverse fehlen darf, eigentlich auf keiner Expedition in die Antarktis, sind Bambusstangen mit Stoff als Flaggen. Meistens werden sie als Markierungen verwendet, für Traversenrouten, Treibstoffdepots oder Gletscherspalten.
Für kleinräumige Messungen kann man sie auch verwenden, um Profile auszustecken. Oder unsere Bohrlöcher für die Sprengungen zu markieren, wenn man die am nächsten Tag für die Messung befüllt. Stehen sie länger an einem Ort, dann kann es sein, das nach ein oder zwei Jahren wirklich nur noch der oberste Zipfel rausschaut, vielleicht auch schon gar kein Stoff mehr dran ist.
Daneben werden sie auch öfter mal zweckentfremdet: als Werkzeug, Baumaterial oder Stössel zum Rausschieben eines Eiskerns aus dem Bohrer.

Bis vor einigen Jahren war die Strecke von Neumayer in die Kottasberge mit Bambusflaggen ausgesteckt. Sie war 400 Kilometer lang und alle 500 Meter stand eine Stange. An diesen wurde jedes Jahr über ein Jahrzehnt hinweg der Schneezutrag und die Position abgelesen. So konnte man eine sehr gute Statistik erstellen, wie der Schneezutrag von Jahr zu Jahr variiert. Erst damit ist es möglich, auch Satellitendaten zu kalibrieren und die Ergebnisse dann auf größere Flächen zu übertragen.

Aber warum Bambusstangen?

Da sie doch das eine oder andere mal verloren gehen, ist es gut, dass sie kostengünstig sind. Zum anderen sind sie auch vollständig biologisch abbaubar, auch wenn sie erst nach 10000 Jahren wieder aus dem Eis befreit werden.
Sie sind leicht, im Gegensatz zu Holzstangen gleicher Größe (bestehen ja fast nur aus Luft).
Sie sind sehr flexibel und halten so auch starken Stürmen stand. Ist der Wind doch einmal zu stark, so brechen sie nicht, sondern splittern auf. Auch gesplittert können sie oft noch aufrecht stehen bleiben.

Sie haben also eine Reihe von praktischen Vorteilen. Wenn sie aber so gestapelt für mehrere Wochen auf dem Schlitten liegen, mit den bunten und etwas zerzausten Stofffetzen, dann denkt man weniger an die Vorteile. Viel eher wird man mehrmals täglich an eine Lumpensammlertraverse oder Gebetsfahnen erinnert.

Leser:innenkommentare (2)

  1. Eisen waltraud

    Sind die Treibstoffdepots -geparkt in der freien Wildbahn- für jederman, jede Traverse die dort vorbeikäme, frei zugänglich? Sind schon mal einige Fässer abhanden gekommen? Wahrscheinlich sind nur ehrliche Traversengänger unterwegs!
    Weiterhin alles Gute und viel Erfolg.
    Gruss Waltraud

  2. Sina Löschke

    Hier kommt Olaf’s Antwort:

    Mir ist bis jetzt nichts bekannt, dass solche Depots oder Gegenstände aus Stationen wie Kohnen, die lange Zeit alleine gelassen werden, mal verschwunden wären. Auf der einen Seite ist ja nicht viel los. Auf der anderen Seite kommen ja schon „öfter“ mal Leute vorbei. Auf unserer Route war in den letzten Wochen viel Betrieb wegen der Frachtanlieferung der Agulhas, dem südafrikanischen Schiff. An Kohnen kamen in den letzten Jahren einmal eine US-norwegische und einmal eine schwedisch-japanische Traverse vorbei. In letzterem Fall war es sogar anders rum: es wurde für die Traverse extra ein Tankcontainer bereitgestellt, der von der AWI-Traverse nach Kohnen gebracht wurde.

    Kommt man an einer „unbewohnten“ Station oder einem Depot vorbei, so beschränkt sich das dann auf anschauen – man will sich ja nicht ohne Wissen und Billigung der Hausherren und -damen dort umschauen.

    Ausnahmen sind natürlich Notfälle! Deswegen werden die Stationen auch nicht abgeschlossen. Eine Anekdote aus dem Südatlantik von der Insel Bouvet: Dort hatten Forscher einen Container auf einem nur mit Hubschrauber zu erreichendem Platz abgestellt, an welchem sie mehrere Monate forschen wollten. Als sie nach einer Woche Schifffahrt dort ankamen, hatte einer zwar den Schlüssel dabei, aber leider den falschen.

    Olaf Eisen

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