Falter machen den Abflug

Schornsteinfeger (Aphantopus hyperantus), Foto: Walter Müller

Gleich in unserem ersten Blogbeitrag berichten wir über den Rückgang der Schmetterlinge, denn dieses Thema beschäftigt die Schmetterlingsforscher derzeit sehr.

Im Rahmen unseres Projektes „Tagfalter-Monitoring Deutschland“ werden seit nunmehr 11 Jahren Schmetterlinge erfasst und einen generellen Rückgang der Falter zeigen diese Daten nicht. Schauen wir uns die Bestandsentwicklungen einzelner Arten an, so reagieren die Arten ganz unterschiedlich. Einige Arten wie z.B. der Schornsteinfeger (Aphantopus hyperantus) sind in den letzten Jahren häufiger geworden, andere Arten wie z.B. der Hauhechelbläuling (Polyommatus icarus) gehen deutlich zurück.

Hauhechel-Bläuling (Polyommatus icarus) Foto: Walter Müller
Hauhechel-Bläuling (Polyommatus icarus)
Foto: Walter Müller

Ganz anders sieht es aus, wenn man ältere Untersuchungen auswertet, deren Daten viele Jahre zurück reichen. Hier ist das Ergebnis häufig dramatisch. So wird aktuell in einer Studie beispielhaft für ein Gebiet in der Nähe von Regensburg gezeigt, dass die Vielfalt der Falter dort seit 1840 um 40 Prozent zurückgegangen ist (Habel et al. 2016). Probleme haben insbesondere die spezialisierten Arten, deren Raupen etwa auf eine bestimmte Pflanze als Nahrung spezialisiert sind.

Aber was ist nun die konkrete Ursache für den Rückgang der Falter? In einem aktuellen Beitrag für das Wissenschaftsmagazin Science führt der renommierte Wissenschaftler Jeremy Thomas die Intensivierung der Landwirtschaft als einen der Hauptgefährdungsfaktoren an (Thomas 2016). 80% aller Tagfalterarten, so Thomas, leben in sehr kleinen, häufig isolierten Lebensräumen. Die Falter sind wenig mobil und fliegen selten weiter als 2km. Wird ein solcher isolierter Lebensraum zerstört, so haben die Falter keine Chance mehr. Durch die starke Fragmentierung der Landschaft liegen geeignete neue Lebensräume mittlerweile zu weit entfernt und sind für die einzelnen Tiere unerreichbar. Die Population stirbt in diesem Bereich aus und die Gesamtzahl der Falter geht zurück.

Besonders bedrückend ist, dass selbst in vielen Naturschutzgebieten der Rückgang der Falterarten nicht aufgehalten werden kann. Während sich die Diversität der Pflanzen (noch) nicht geändert hat, nehmen die Falterzahlen trotz spezieller Pflege der Flächen stetig ab. Die Falter reagieren deutlich schneller auf Umweltveränderungen als z.B. die Pflanzen.

Schmetterlinge sind weltweit eine der am besten untersuchten und langfristig erfassten Tiergruppen. Dies ist ein weiterer Grund zur Sorge, denn nur aufgrund der guten Datenlage kann der Rückgang so gut dokumentiert werden. Ähnlich dramatische Rückgänge werden sicher auch für viele andere Tier- und Pflanzengruppen stattgefunden haben. Nur wurde der Rückgang in diesen Fällen nicht erfasst.

 

Literatur:

Jan Christian Habel, Andreas Segerer, Ulrich Werner, Olena Torchyk, Wolfgang W. Weisser, Thomas Schmitt (2016): Buttery community shifts over two centuries. Conservation Biology, Vol 30, Issue 4, pages 754-762

Jeremy A. Thomas  (2016): Butterfly communities under threat. Science, Vol 353, Issue 6296, pages 216-218

Leser:innenkommentare (9)

  1. Hermann Falkenhahn

    Hallon Elisabeth, hallo Karl-Heinz,
    in Mittelhessen steht es mit A. hyperantus auch nicht mehr zum Besten.
    viele Grüße: Hermann Falkenhahn

    1. Elisabeth Kühn

      Lieber Hermann, lieber Karl-Heinz,
      der Trend für den Schornsteinfeger, auf den ich mich beziehe, wurde aus den Daten des Tagfalter-Monitoring berechnet. Das ist natürlich nicht unbedingt repräsentativ für das gesamte Land, da ja (noch) nicht flächendeckend gezählt wird. Auch müssen wir sicher überlegen, ob durch die Auswahl der Transekte die Wiesen-Lebensräume und somit auch die Grünland-Falterarten stärker repräsentiert werden und ihre Situation deshalb besser bewertet wird, als sie in der Realität ist. Ein wichtiger Punkt! Vielen Dank für Eure Hinweise!

  2. Renate Schellhaas, Bischofsheim bei Rüsselsheim

    Die Abwägung zwischen Faltern und Wildschweinen wurde in meinem Transektgebiet (Naturschutzgebiet) leider in einigen Transekten zugunsten der Wildschweine entschieden. Das bedeutete Rodungen von Flächen, auf denen ich in den Jahren zuvor viele verschiedene Falterarten registrieren konnte. Die Jagdpächter stellten Hochsitze auf und rodeten die Flächen davor, säten u.a. Wachtelweizen aus.
    In einem Fall wurde eine ruderale Fläche völlig umgeackert, die Vielfalt der Pflanzen zerstört.
    Nun sind die Flächen verändert, die Vielfalt ist dahin. Vielleicht kommen die Falter zurück, ich bin keine Biologien und weiß das nicht.
    Ich registriere nur, und stelle fest: Wildscheine zu Lasten der Tagfalter.
    Aber ich registriere leider, dass die Arten zurückgehen. Wildschweine zu Lasten der Tagfalter.
    28. September 2016 -Wüster Forst,Rüsselsheim-

    1. Karl-Heinz Jelinek

      Ich schlage vor, die Entwicklung gut zu beobachten und zu dokumentieren, sowohl durch Falterzählungen wie auch durch Fotos. Fotos vom Zustand vor der Rodung wären selbstverständlich auch gut.

      Grundsätzlich empfehle ich auch den Kontakt mit den Jägern, auch wenn’s oft schwierig ist. Die müssen lernen, dass Biodiversität mehr ist als nur Rehe und Wildschweine!

  3. Ulrike Schäfer

    In diesem Jahr hat ja nun die Presse das Thema sehr häufig aufgegriffen. Wäre das nicht eine gute Ausgangslage, um Kurse anzubieten, die über die Lebenszyklen von Schmetterlingen und ihre Bedürfnisse informieren, vielleicht auch Verbunden mit Informationen zu Pflanzen, die die verschiedenen Falter als Nahrung und auch für Ihre Raupen benötigen.

    Ich göaube, daß viele Menschen nicht wissen, daß jeder einen Beitrag zur Unterstützung der vorhandenen Arten leisten kann. Und daß verschiedene Arten verschiedene Bedürfnisse und Lebensräume haben. Das muß man vermitteln.

    Weiterhin wäre es vielleicht hilfreich, Mustergärten für Schmetterlinge in öffentlichen Gärten und/oder Anlagen anzulegen, idealerweise auch mit Informationstafeln zum Thema. Wo es Schmetterlingshäuser für tropische Schmetterlinge gibt, sollten auch Habitate für heimische Arten geschaffen und gezeigt werden, ein Themengarten halt.

    Weiterhin wäre es schön, die Gartenarchitekten und Gartencenter mit ins Boot zu holen.

    Die Landwirtschaft wird sich nicht umstellen, zumindest nicht so schnell. Wenn wir darauf warten, dann kann es vielleicht zu spät sein. Aber wenn viele Einzelne aktiv werden, dann besteht villeicht eine Chance, zumindest den Bestand zu unterstützen.

    Was meinen Sie?

    1. Elisabeth Kühn

      Liebe Frau Schäfer,
      ja, das Wissen um die Zusammenhänge in der Natur ist der entscheidende Punkt. Wir hier am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung sehen unsere Aufgabe vorrangig darin, die wissenschaftlichen Kenntnisse um die Zusammenhänge zu erweitern und zu verbreiten. Aktivitäten, wie Sie sie vorschlagen sind wichtig, aber fallen eher in den Arbeitsbereich der Naturschutzverbände – und werden dort ja auch schon durchgeführt. Deshalb ist es bedonders wichtig, die Naturschutzverbände zu unterstützen.
      Herzliche Grüße,
      Elisabeth Kühn

  4. Rolf Hohmann

    Hier in Südhessen ist A . hyperathus nicht mehr häufig.
    Viel häufiger war 2018 der Weisse Waldportier und auch das Grosse Ochsenauge

  5. Rolf Hohmann

    Durch den Klimawandel sind bei mir in Südhessen einige Arten verschwunden (Dukatenfalter, Grosser Schillerfalter, Kleiner Fuchs, auch das Tagpfauenauge ist stark zurück gegangen). Dafür haben aufgrund des wärmeren Klimas einige Arten stark zugenommen: Grosser Fuchs, Kaisermantel, Weisser Waldportier, Kleiner Schillerfalter

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