Feldarbeit in der Antarktis: GNSS-RR
Ein Beitrag von Ladina Steiner:
Nach zwei friedlichen Wochen in der Vor-Antarktis-Quarantäne freute ich mich sehr darauf, endlich zur Antarktis-Forschungsexpedition zur Neumayer III Station aufzubrechen. Es war atemberaubend meinen Kindheitstraum zu erfüllen und diese aufregende Expedition zu erleben, die zudem von vielen Covid-19 bedingten Unsicherheiten und Umorganisationen geprägt war. Meine Faszination galt Allem, der Station, der Forschung, der Technik, der bezaubernden Landschaft und natürlich am meisten den Pinguine und Robben! Abgesehen davon, dass ich von Allem so beeindruckt war, freute ich mich sehr darauf, mein eigenes Forschungsprojekt in dieser speziellen polaren Umgebung durchzuführen. Da ich aus der Satellitengeodäsie komme, habe ich bereits einige Forschungsexperimente in den Alpen und in Finnisch-Lappland durchgeführt… aber alle auf stabilen Felsen mit mehr oder weniger guter Zugänglichkeit.
Auf dem polaren Schelfeis stellen sich ganz neue Herausforderungen: Das Testgelände für die Durchführung meines Forschungsprojekts zur Globalen Navigations Satelliten Systemen Reflektometrie/Refraktometrie (GNSS-RR) befindet sich auf dem schnell fliessenden Ekström-Schelfeis, das sich mit einer Fließgeschwindigkeit von bis zu 70 m/Jahr vorwärtsbewegt. Wir haben unser GNSS-RR Schneeüberwachungssystem installiert, das aus zwei hochwertigen Leica GNSS-Sensoren und einem kostengünstigen Emlid-Empfänger besteht. Eine High-End-Antenne ist oben auf einem Mast montiert, sie dient als Referenz und sammelt zusätzlich Signale, die von der Schneeoberfläche reflektiert werden. Die beiden anderen Antennen sind in der Schneedecke vergraben, um GNSS-Signale zu erfassen, die am Übergang von Luft und Schnee gebrochen werden und sich verzögert durch den Schnee ausbreiten, der über der vergrabenen Antenne liegt. Die Rohdaten werden ein Jahr lang gesammelt. Neben der Bewegung des Aufstellungsortes wird das System auf dem Firn und innerhalb des Schnees zusätzlich durch die Schneeverdichtung beeinflusst. Die Trennung der schneebedingten Effekte von der Bewegung der Station und den Messfehlern aufgrund Veränderungen in der Troposphäre, der Empfängeruhren und der Phasenmehrdeutigkeit bei der Prozessierung der Daten wird eine der Hauptschwierigkeiten sein.
Ziel des GNSS-RR Projektes ist die automatisierte und kontinuierliche Bestimmung von drei wichtigen, klimarelevanten Parametern: Schneeakkumulation, Masse und Dichte, gemittelt über eine Fläche von mehreren Quadratmetern um die Antennen. Reflektierte und refraktierte GNSS-Signale sollen mit einander kombiniert werden. Das Projekt möchte folgende Forschungsfragen untersuchen: a) Welches Potenzial hat eine kombinierte GNSS-RR Methode für die automatisierte und kontinuierliche Oberflächenmassenbilanzschätzung (SMB)? b) Ist es möglich, SMB, Schneedichte, Schneemasse und Schneeakkumulation auf einer sich bewegenden Bodenoberfläche mit der entwickelten kombinierten GNSS-RR Methode gleichzeitig und kontinuierlich zu schätzen? Regionale Klimamodelle, Schneemodellierung und flächenhafte Fernerkundungsprodukte sollten von der Kalibrierung und Validierung auf der Grundlage der abgeleiteten Feldmessungen profitieren.
Seit der Installation arbeitet das System zuverlässig und ich freue mich darauf, die gesammelten Daten zu prozessieren, zu analysieren und die oben genannten Forschungsfragen beantworten zu können 😊.