Ein Team von drei Wissenschaftlerinnen und einem Wissenschaftler unter der Leitung des AWI machte sich im Juli 2020 auf den Weg nach Spitzbergen zum Kongsfjord, um die Geheimnisse des biogeochemischen Kreislaufs von Spurenmetallen in der Arktis zu erforschen.
Durch vermehrt schmelzende Gletscher werden heute Gebiete in der Arktis frei gelegt, die bisher unter den Eisschilden verborgen waren. Diese Gebiete sind geprägt durch Moränenlandschaften, die aus frischen, oft sehr reaktiven glazialen Sedimenten bestehen. Durch die Reaktion mit Schmelzwasser können durch Gesteinsverwitterung bedeutende Mengen an Spurenmetallen aus den Sedimenten gelöst werden, die durch Schmelzwasserflüsse in den Ozean transportiert werden. Spurenmetalle sind Elemente, die nur in geringen Mengen in einem bestimmten Volumen natürlichen Wassers vorkommen, in der Regel weniger als 1 ppm (parts per million) und nur 1 ppt (parts per trillion).

Ein roter „Sedimentplum“ im Kongsfjord, der durch Verwitterungsprozesse unter dem Hauptgletscher freigesetzt wird. AWI/T. Stichel
Spurenelemente sind wichtige Mikronährstoffe für das Leben im Meer und können zudem als Anzeiger für Umweltveränderungen in der sich erwärmenden Arktis verwendet werden. Detaillierte Studien über solche Spurenmetalle sind daher unerlässlich, um den biogeochemischen Kreislauf der Elemente im Erdsystem zu verstehen.

Das Expeditionsteam (von links nach rechts: Chantal Mears, Torben Stichel, Claudia Schmidt und Grit Steinhöfel) vor der Gletscherfront des Austre Lovenbreen an der Südküste des Kongsfjords. AWI/T. Stichel
Im Juli dieses Jahres ist ein Team bestehend aus zwei Mitgliedern der AWI-Sektion Marine Geochemie, Dr. Torben Stichel und Dr. Grit Steinhöfel und zwei Kolleginnen vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG), Claudia Schmidt (Doktorandin) und Chantal Mears (MSc-Studentin) zur deutsch-französischen AWIPEV-Station in Ny Ålesund auf Spitzbergen gereist, um mit Hilfe von Wasser- und Sedimentproben, den biogeochemischen Kreislauf von Spurenmetallen in arktischen Regionen, welche tiefgreifenden Umweltveränderungen unterliegen, zu untersuchen.
Ziel der Forschungsexpedition ist es während der Hauptschmelzperiode Proben zu sammeln, um den Spurenelementkreislauf von der Gletscherfront bis zur Senke in den Meeressedimenten zu verstehen. Dabei sollen offene Fragen beantwortet werden wie welche Gesteinsverwitterungsprozesse spielen eine Rolle um Spurenmetalle freizusetzen, werden Spurenelemente gelöst im Wasser oder als feine Sedimente zum Ozean transportiert, sind glaziale Sedimente eine bedeutende Quelle für Spurenelemente im Kongsfjord, werden Schadstoffe freigesetzt. Bestimmte Spurenmetalle dienen als Indikatoren für Verwitterungsprozesse (Lithium- und Hafniumisotope), Herkunft der Sedimente (Neodym-Isotope und Seltene Erden-Elemente) oder können auch Schadstoffe für die Umwelt darstellen (z.B. Kupfer). Erhöhte Schadstofffreisetzung und ihre Auswirkungen auf Ökosysteme ist auch das Thema des kürzlich finanzierten EU-Projekts ECOTIP unter Leitung der HZG.
Reisebeschränkungen erlaubten die Einreise nach Spitzbergen, einer der wenigen Orte auf der Erde ohne einen einzigen COVID-19-Fall, erst nach zehn Tagen der Selbstisolierung auf dem norwegischen Festland in der Nähe des Flughafens bei Oslo. Die Quarantänezeit wurde vom Team zur weiteren Vorbereitung der Expedition genutzt, da sie sich erst dann nach mehreren organisatorischen Videokonferenzen zum ersten Mal persönlich treffen konnten.
Ursprünglich war die Expedition zusammen mit Kollegen von der Stony Brook University (USA) geplant worden, die jedoch leider wegen Reisebeschränkungen durch COVID-19 absagen mußten. Daher sind kurzfristig zwei Kolleginnen vom HZG eingesprungen, um das Team zu ergänzen.“Es war Schade, dass Laura Wehrmann und ihre Doktorandin dieses Jahr nicht dabei sein konnten. Wir werden jedoch die gesammelte Proben aufteilen und unsere Zusammenarbeit fortsetzen. Glücklichweise konnten Kollegen vom HZG die Lücke füllen und uns bei der Feldarbeit unterstützen. Zudem bringen sie noch weitere Expertisen mit ins Projekt”, sagte AWI Wissenschaftlerin Dr. Steinhöfel.

Beprobung an der Mündung des Schmelzwasserflusssystems am Midtre Lovenbreen Gletscher. AWI/G. Steinhöfel
In Ny Ålesund wurden die Forscher vom Stationsteam der AWIPEV-Station unterstützt, und es wurden Boote, Polarausrüstung und Ausrüstung zum Schutz vor Eisbären zur Verfügung gestellt. Der Ort Ny Ålesund besteht aus einer Ansammlung internationaler Forschungsstationen aus Indien, Italien, Norwegen, Südkorea, Großbritannien und den Niederlanden und hat eine Bevölkerung von 30 Einwohnern im Winter und bis 170 im Sommer. Das Forscherdorf wird von einem norwegischen Auftragnehmer (Kingsbay A/S) verwaltet, der für die Infrastruktur für die Lebensmittelversorgung und die allgemeine Instandhaltung, aber auch für zusätzliche Unterkünfte sowie für Forschungseinrichtungen, Ausrüstung und Schiffe verantwortlich ist.
Die Wasser- und Sedimentproben wurden von Schmelzwasserflüssen der Gletscher an Land und während kurzer Fahrten mit den Forschungsbooten der AWIPEV Station im Kongsfjord, entnommen
Während der Probenentnahme wurden auch Basisdaten wie Temperatur, Salzgehalt und pH-Wert aufgezeichnet.
„Die Expedition war ein großer Erfolg – sowohl für die Wissenschaft als auch für die verstärkte Zusammenarbeit zwischen AWI und HZG“, sagte Expeditions-Teamleiter Dr. Stichel. „Wir erwarten von dieser Kampagne wichtige Informationen über geochemische Prozesse, wenn zurückweichende Gletscher frische Sedimente freilegen“, so Expeditionsleiter Dr. Stichel.
Zukünftige Kampagnen sind im Rahmen des neuen Forschungsprogramms in PoF IV geplant, das u.a. die gemeinsamen Aktivitäten von AWI und HZG in polaren Küstengebieten stärkt. Diese Kampagnen werden sich auch auf die Saisonalität und den langfristigen Einfluss auf den Kohlenstoffkreislauf konzentrieren, um die Verwundbarkeit der Arktis durch den Klimawandels weiter zu erforschen.

Unterwegs durch die Moränenlandschaft zum Midtre Lovenbreen Gletscher. AWI/G. Steinhöfel
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