Unterricht auf dem Eis
Wer hat nicht als Kind davon geträumt ein paar Tage im ewigen Eis zu verbringen? Für 20 Schüler und Schülerinnen aus Dänemark, Grönland und den USA wurde dieser Traum Wirklichkeit. Im Rahmen des Joint Science Education Programs Sie durften zwei Tage inmitten des grönländischen Eisschildes im EastGRIP-Camp verbringen und wurden von zehn Lehrkräften auf ihrer Reise begleitet. Da das Camp für etwa 35 Menschen ausgelegt ist, sich nun aber 30 zusätzliche Gäste in EastGRIP aufhielten, befand sich das Camp für kurze Zeit im Ausnahmezustand.
Genauso wie die meisten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen schliefen alle Gäste in Zelten auf dem Schnee, es wurde also eine ganze Zeltstadt aus dem Boden gestampft. Normalerweise sorgt nur ein Koch für das kulinarische Wohl der Bewohnenden, für die kurze Zeit waren es jedoch gleich zwei. Der Platz zum Essen im Dome, dem “Wohnzimmer” des Camps, war allerdings auch begrenzt, weshalb in Schichten gegessen wurde.
Neben dem von den Lehrkräften vorgegebenem Programm durften die Schüler und Schülerinnen auch den Alltag im Camp kennenlernen, indem ihnen verschiedene Arbeitsorte gezeigt wurden. Sie haben gesehen, wie ein Eiskern gebohrt wird und was danach mit dem Kern passiert. Ein Großteil des Camps besteht aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die den Kern in verschieden große Teile schneiden um unterschiedliche Messungen daran vorzunehmen. Dafür gibt es viele verschiedene Sägen und Messgeräte, die die Besucher selber ausprobieren durften.
Als weitere Station wurde ein Doppel-Schneeschacht vorbereitet, der auf einer Seite abgedunkelt wurde, um die einzelnen Schneeschichten zu erkennen. Die zwei Meter hohe Wand zeigt Schnee von etwa sieben Jahren. Jährlich fallen 40 bis 60 cm Schnee, die nach und nach kompaktiert werden. Die einzelnen Schneelagen lassen unterschiedlich viel Licht durch, je nachdem wie stark sie verdichtet wurden.
Als letzte Station sind die Kleingruppen im Messzelt des Oberflächenprogramms angekommen. Hier werden meteorologische Daten wie Temperatur und Windgeschwindigkeit aufgezeichnet. Außerdem werden stabile Wasserisotope in der Luft sowie in den Oberflächenschichten des Schnees gemessen.
Eine andere Möglichkeit, die Arbeit der Campmitglieder kennenzulernen und Fragen zu stellen, hat sich für die Schülerinnen und Schüler beim Career-Talk angeboten. Vier Campbewohner haben sich vorgestellt und ihren Weg auf’s Eis geschildert. Neben einer Masterstudentin und einem Doktoranden hat sich auch unser Koch den Fragen der Schüler und Schülerinnen gestellt und somit gezeigt, dass die Arbeitsmöglichkeiten und die Menschen in einem Camp auf dem Eis sehr unterschiedlich sein können. Auch ich habe mich den Fragen gestellt – das war eine ganz neue Art über die eigene Arbeit nachzudenken und KollegInnen kennen zu lernen. Die Jugendlichen waren sehr daran interessiert, wie lange unser Aufenthalt auf dem Eis ist, wie man hier lebt, wie der Alltag aussieht und was wir mit den Daten daheim machen. Ich hoffe ich konnte die Schüler und Schülerinnen mit meinen Antworten davon überzeugen, dass es durchaus ein interessanter Aufenthalt sein kann, auch wenn man für mehrere Wochen keinen Sonnenuntergang sieht und dauerhaft Temperaturen unter Null Grad herrschen.
Zwar hatten die Kinder eine lehr- und ereignisreiche Zeit auf dem Eis, aber auch wir haben unsere Arbeit aus einer anderen Perspektive kennengelernt. Letztendlich waren wir dann doch froh darüber wieder etwas mehr Platz zu haben und der Wissenschaft nachzugehen.
Hannah Meyer, Alexandra Zuhr