20 000 Dezimeter unter dem Eis

Erfolgreicher Airdrop über dem EastGRIP-Camp
Einsame Eiskernkiste im Schneesturm

Was Jules Verne wohl zum EastGRIP-Projekt gesagt hätte? Ähnlich futuristisch und leicht absurd wie viele Werke des berühmten Franzosen mutet es an, über 2500 m durch einen fließenden Eisstrom zu bohren – dazu noch in eisiger Kälte auf 75°N. Vor einigen Tagen jedoch wurde ein kleiner Meilenstein erreicht; das hochzufriedene Bohrteam meldete eine einen Eiskern aus 2000 m Tiefe. Damit reiht sich EastGRIP in die kleine Familie grönländischer Tiefbohrungen ein, zusammen mit erfolgreichen Projekten wie GRIP, NGRIP und NEEM. Dieser Erfolg macht Mut für die letzten 500 Meter, gerade weil diese wahrscheinlich die anspruchsvollsten werden. Trotz ausführlicher Radarmessungen und theoretischen Modellrechnungen ist es nicht eindeutig vorhersagbar was uns in Bodennähe erwartet. Fließt das Eis dort besonders schnell? Ist es dort sehr „warm“ und gleitet es auf einem dünnen Wasserfilm? Endgültige Gewissheit wird es frühestens in einigen Wochen oder sogar erst im nächsten Sommer geben…

Das gesamte momentane EastGRIP-Team

Parallel zur Bohrung wird der Eiskern direkt vor Ort im sogenannten „Science Trench“ von der „Processing Line“ zersägt, auf diverse Parameter untersucht und schlussendlich verpackt. Mit dem Eintreffen diverser neuer Campmitglieder ging auch diese Arbeit los und mittlerweile hat sich eine gute Routine etabliert. Ca. 25-30 m Eis werden pro Tag verarbeitet, gesammelt und mit dem nächsten Flieger in alle Welt verschickt.

Erfolgreicher Airdrop über dem EastGRIP-Camp

In spezialisierten Laboren werden sie von den jeweiligen Experten in den nächsten Jahren genauer untersucht. In den ersten, sehr intensiven Tage wurden die letzten 163 m der Brittle Eis Zone prozessiert. Diese ca. 500 m dicke Zone zeichnet sich durch eine extreme Brüchigkeit des Eises aus und wird deshalb besonders lange vor Ort gelagert. Mittlerweile hat sich der Druck innerhalb der im Eis eingeschlossenen Luftblasen größtenteils an den Atmosphärendruck angeglichen und die Proben können deutlich einfacher bearbeitet werden. Nichtsdestotrotz erfordert diese Arbeit viel Konzentration und ist dementsprechend schweißtreibend – auch bei konstanten -20°C. So war das gesamte Team sehr erleichtert als die letzten Eisproben aus dieser Zone analysiert und verpackt wurden.

Star Wars lässt grüßen- Podracing auf dem Eis

Eine ähnlich aufregende Aktion, die auch aus der Feder Jules Vernes hätte stammen können, fand zur selben Zeit statt. Die US Air Force führte einen sogenannten „Air Drop“ aus, ganz ohne Apple-Geräte. Zu einem vereinbarten Zeitpunkt wurde unser Camp überflogen und bei voller Geschwindigkeit wurden mehrere Fässer Benzin und Bohrflüssigkeit abgeworfen. Deren Fall wurden von Fallschirmen gebremst und so landeten sie punktgenau im vorher deklarierten Areal. Die Piloten der US Air Force hatten so die Möglichkeit dieses riskante Manöver zu üben und wir Campbewohner erhielten eine kostenlose Lieferung sowie eine gelungene Abwechslung zum Camp-Alltag.

 

 

 

Tjost auf Grönländisch

Diese ereignisreiche Woche wurde letztendlich abgerundet mit einer EGRIP Olympiade an der das gesamte Camp teilnahm. Nansen-Schlitten wurden um die Wette gezogen und Polarforscher tummelten sich dick eingepackt möglichst lange auf Eiskernkisten. Auch der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt, als es daran ging Skulpturen aus Eis zu schaffen. Aufgewärmt wurde sich danach bei einer kulinarischen Reise, von Süddeutschland ging es nach Persien und wieder zurück in den Alpenraum. Selbstgemachte Brezeln mit Obatza und Hummus wurden zur Vorspeise gereicht, gefolgt von Persischem Reis mit Gemüseeintopf und Joghurt der mit Kaiserschmarrn als Dessert abgerundet wurde. Nach mittlerweile fünf Wochen hier im Eis, helfen alle diese Ereignisse die Stimmung hochzuhalten. Denn trotz aller Abenteuer hier freue ich mich doch langsam auf den Sommer in Deutschland – dafür hätte wohl auch Jules Verne Verständnis.

Nansen-Schlitten Wettrennen

 

Nicolas Stoll

 

 

 

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