Warum eigentlich Sprengseismik?

Das Streamerbett nach dem Ausgraben: 300 m lang, 1/2 m tief. Alles Handarbeit (Foto: E. Smith).
Der kleine Streamer (auf dem Boden) mit dem großen Bruder auf der Trommel.

Neben den vibroseismischen Messungen werden im Rahmen des Sub-EIS-Obs-Projektes auch sprengseismische Messungen durchgeführt. Diese sind denkbar einfach: Sprengstoff wird entweder in einem mehrere Meter tiefem Bohrloch versenkt oder in Form einer Sprengschnur direkt an der Oberfläche gezündet. Dabei wird gleichzeitig die Datenerfassung ausgelöst. Die durch die Sprengung erzeugten seismischen Wellen wandern durch den Untergrund, werden teilweise reflektiert und dann an der Oberfläche an Geophonen aufgezeichnet. Der letzte Teil ist identisch mit der Vibroseismik, außer, dass wir einen etwas anderen Streamer, d.h. eine Geophonkette verwenden. Das Ganze ist allerdings deutlich zeitaufwändiger als die Vibroseismik.

Die seismische Datenerfassung auf einem Nansen-Schlitten. Der Streamer wird hinterhergezogen.

Warum verwenden wir eigentlich Sprengstoff als Quelle, wenn es mit Vibroseismik doch viel schneller geht und die Daten auch eine bessere Qualität haben? Unser Vibroseismikquelle arbeitet mit einem hydraulischen System mit welchem Frequenzen bis maximal 300 Hz erzeugt werden können. Das ist aber auch schon an der Belastungsgrenze des Systems. Bei der Sprengseismik hingegen bestimmt die Ladungsmenge den Frequenzgehalt: eine größere Ladung führt zu tieferen Frequenzen und umgekehrt.

Das Streamerbett nach dem Ausgraben: 300 m lang, 1/2 m tief. Alles Handarbeit (Foto: E. Smith)

Mit der Vibroseismik können wir Schichtmächtigkeiten am Meeresboden größer als 10-15 m auflösen. Mit der Sprengseismik hingegen kommen wir unter idealen Bedingungen auf wenige Meter, bei einer Quellstärke von weniger als 100 g Sprengstoff, verteilt auf 5 m Sprengschnur. Das macht für die Vorauswahl möglicher Sedimentbohrungen am Meeresboden natürlich einen großen Unterschied.

Um auch die Signale mit entsprechend hoher Auflösung aufzuzeichnen, verwenden wir für Sprengungen einen kürzeren Streamer, an welchen alle 3 m ein einzelnes Geophon sitzt, insgesamt 96 Kanäle über 300 m verteilt. Zum Vergleich: unser „großer“ Streamer ist 1.5 km lang und hat alle 25 m eine Gruppe von acht Geophonen. Diese Gruppen unterdrücken zwar auch Störsignale besser, mindern aber gleichzeitig das Auflösungsvermögen.

Der Zünder wird angeschlossen (Foto: E. Smith).

Wie im vorigen Beitrag beschrieben hatten wir vor dem großen Sturm die Sprengseismik bereits aufgebaut und im Feld zurückgelassen. Als die Wetterbedingungen weitere Messungen zuließen, staunte der Messtrupp nicht schlecht: in Folge des über eine Woche andauernden Sturm waren die Gerätschaften unter einem halben Meter Schnee begraben. Auch hier heißt es wieder, Hand anlegen und ausgraben (eine ausreichende Menge Schnee zu schaufeln gehört quasi zu den essentiellen Bedürfnissen der Glaziologen). Danach wird der Sprengstoff als seismische Quelle ausgebracht und im letzten Schritt der Zünder an den Sprengstoff angeschlossen. Nach jeder Sprengung wird sowohl der Streamer als auch der nächste Sprengpunkt um 150 m verschoben. Auf diese Weise lassen sich an einem Tag ca. 5 km Profil erfassen. Zum Vergleich: mit der Vibroseismik sind zwischen 20 und 40 km möglich.

Das besondere dieses Jahr: Jahrzehnte lang haben Männer diese Feld für sich alleine eingenommen. Erst in den letzten Jahren kam es zunehmend auch gemischte Messtrupps. In diesem Jahr wurden einige Profile – nach unserem Wissen in der Antarktis erstmalig – von einer reinen Frauenschaft durchgeführt: #womeninstem.

 

Sub-EIS-Obs ist die Kurzform eines Projektes der deutschen D-ANDRILL (Antarctic Geological Drilling Program)-Gruppe: Hier werden Voruntersuchungen für geowissenschaftliche Tiefbohrungen unter dem Ekström Schelfeis (Sub Ekström Ice Shelf Observations) durchgeführt. Finanziert wird dieses Projekt zu 50 % von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR, Hannover) und zu 50 % vom Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI, Bremerhaven).

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