Zwangspause

Kabause an Neumayer nach dem Sturm
Das letzte Feldcamp, im Westen deutet sich das Sturmsystem an.
Sprengseismischer Schlittenzug wird an der Linie zurückgelassen, um nach dem Sturm die Messungen fortzusetzen.

Wetter und Logistik – die bestimmenden Themen diese Saison. Mitte Dezember erhielt die Seismik-Traverse die Information per Funk, dass zum einen ein Rückflug um mehrere Tage vorverlegt wurde, sich zum anderen schlechtes Wetter in der Vorhersage andeutet – . Sehr schlechtes Wetter. Ende nicht absehbar. Was bedeutet dies für die Traverse? Wie bereits dargelegt, können bei schlechten Bedingungen die Messungen nicht fortgeführt werden. Eine Traverse selbst kann während einer Drift weiterfahren, so lange die Maschinen laufen. Spätestens bei der nächsten Tankpause ist dann aber Schluß. Bei sehr schlechter Sicht können sich mehrere Fahrzeuge nicht mehr finden, die Gefahr eines Zusammenstoßes (!) steigt, bei der Betankung kann auch Triebschnee in den Tank gelangen. Alles keine Vorteile. Was also tun?

Während der Drift, Blick aus der Station.

Führen wir in der verbleibenden Zeit weitere Messungen durch, so lange dies möglich ist, so kommen wir nicht rechtzeitig vor dem angesagten Sturm nach Neumayer III.  Die Reisezeit zur Stations beträgt für die Traverse von unserer jetzigen Position aus ca. anderthalb Tage (wegen des EnviroVibes im Schlepptau kann man nur mit einer Geschwindigkeit von 6 km/h fahren). Der Sturm müsste also in einem Feldcamp abgewettert werden. Im schlechtesten Fall würden zwei Mitglieder der Kampagne ihren vorverlegten Rückflug verpassen.

Suchbild: wer findet Neumayer III?

Die zweite Option: Rechtzeitige Beendigung des vibroseismischen Messprogramms, Demobilisierung des Streamers und Rückfahrt des seismischen Schlittenzuges zur Station. Um die Zeit bestmöglich auszunutzen, könnten dann aber sprengseismische Messungen durchgeführt werden. Dies geht aber nur bei schwachwindigen Bedingungen. Bis zu einer endgültigen Entscheidung haben wir noch einige Tage Zeit. Jeden Abend wird weiterhin die Wetterentwicklung von den Neumayer-Meteorologen durchgegeben und das Programm für die folgenden Tage an die Bedingungen angepasst.

Die Kabause nach dem Sturm.

Schließlich entscheiden wir uns für die zweite Option – Rückfahrt. Erfreulicher Weise sind für die letzten 12 Stunden vor dem Sturm ideale Wetterbedingungen angezeigt, allerdings nur am Abend bzw. nachts. Dank des Polartages spielt das aber keine Rolle, Tageslicht ist ja immer vorhanden. Zum besagten Zeitpunkt trennen sich die Schlittenzüge, der eine fährt nach Neumayer III, der andere verbleibt noch vor Ort für die Sprengseismik und kommt erst Nachts an der Station an.

Blick aus der Kabausentür nach 8 Tagen Drift. Die Wächte hat eine Höhe von 3 m.

Die Vorhersage tritt stundengenau ein. Nachts dreht der Wind und nimmt an Stärke zu, morgens sind es bereits 25 Knoten, d.h. Windstärke 6, und nimmt weiter zu. Die nächsten acht Tage sind die Bedingungen für Außenarbeiten denkbar schlecht, genaugenommen undenkbar. Ein ungewöhnlich langanhaltender Sturm, in Böen bis Windstärke 11. Die Zeit wird genutzt zur Sichtung der Daten, Anfertigung von Sicherheitskopien, der notwendigen Berichtsarbeit und Vorbereitung der Formalitäten für die Rückfracht.

Für die Logistik beginnt nun die Suche nach der besten Lösung, was die Zubringerflüge für die nächsten Interkontinentalflüge von und nach Südafrika über Novo angeht. Am Ende wird auch hier eine für alle befridigende Möglichkeit gefunden, das neue Überwinterungsteam trifft an der Station ein und ein Teil des Personals der Sub-EIS-Obs-Traverse kann die Arbeiten beenden und die Antarktis wie geplant verlassen. Gleichzeitig trifft nun auch das Sub-EIS-Obs-Bohrteam mit einer nur kleinen Verzögerung ein, um an vorausgewählten Punkten den Meeresboden zu beproben.

 

Sub-EIS-Obs ist die Kurzform eines Projektes der deutschen D-ANDRILL (Antarctic Geological Drilling Program)-Gruppe: Hier werden Voruntersuchungen für geowissenschaftliche Tiefbohrungen unter dem Ekström Schelfeis (Sub Ekström Ice Shelf Observations) durchgeführt. Finanziert wird dieses Projekt zu 50 % von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR, Hannover) und zu 50 % vom Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI, Bremerhaven).

Leser:innenkommentare (1)

  1. Warum eigentlich Sprengseismik? - AWI-Eisblog

    […] im vorigen Beitrag beschrieben hatten wir vor dem großen Sturm die Sprengseismik bereits aufgebaut und im Feld […]

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