Plötzlich hektisch

FISP: Kartenübersicht

Wir haben es am 10.1. zum Bohrteam geschafft und sind dort herzlich begrüßt worden. Das Bohrteam war bei unserer Ankunft dabei ihr drittes Loch zu bohren und gegen Mitternacht wurde die Eisunterseite durchbrochen. Am Tag drauf wurden durch dieses Loch Wasserproben genommen und ein Sedimentkern gebohrt und die Instrumentierung des Bohrlochs und des Ozeans vorbereitet. Mit unserem Zusammentreffen mit dem Bohrteam haben neben unseren Radarmessungen auch andere Projektteile begonnen. Direkt nach der Ankunft haben wir begonnen unsere permanenten GPS Stationen und Windgeneratoren vorzubereiten, die auf dem Recovery Glacier den Einfluss von subglazialen
Wasser auf die Bewegung des Gletschers messen werden (blaue Punkte und Linien in der Karte). Eigentlich war geplant, diese Stationen erst eine Woche später aufzubauen, aber plötzlich wurde sehr schnell eine Twin Otter verfügbar, da an einer anderen Stelle, wo sie eingesetzt werden sollte, schlechtes Wetter aufzog. Damit wurde es höchste Zeit, schnell alle Teile zu montieren, die bereits vor dem Flug vorbereitet werden können. Am  gleichen Tag wurden im Bohrloch auch die Instrumente der beiden Glaziologen installiert, die die Temperatur im Eis messen werden. Die Thermistorkette lag auf einen Kilometer ausgerollt im Camp und wurde dann zusammen mit einem Glasfaserkabel zur Temperaturmessung mit allen anderen Instrumenten im Bohrloch installiert. Dies dauert rund zwei Stunden und ist eine sehr angespannte Situation, da man den Prozess nicht stoppen kann und jede Verzögerung dazu führen kann, dass die Instrumente, die bereits im Loch hängen dort am Eis anfrieren und man Instrument und Bohrloch verliert. Ausserdem besteht immer die Gefahr, dass die Instrumente, wie unsere Thermistoren an Kabeln zu viel Zugspannung beim Einbringen ins Bohrloch erfahren und dabei zerbrechen – ein ein Kilometer langes Kabel ist ein ganz schönes Gewicht. Als Sicherung des Kabels wird am anderen Ende ein Pistenbulli verwendet, dessen präzise Positionierung essentiell für die Operation ist. Über Funk wird vom Bohrloch mit dem Pistenbullifahrer kommuniziert „Fahr 20 m weiter, stop, langsamer, weiter, stopp …‘ zwei Stunden unter Hochspannung. Die Instrumente waren um 1.00h
nachts in Eis und Ozean installiert und mussten dann ’nur‘ noch fixiert werden – eine Prozedur, die das Bohrteam routiniert durchführt.

Für uns ging es am nächsten Morgen früh weiter mit der Info, dass unsere Stationen auf dem Recovery Glacier geflogen werden. Daniel Steinhage ist mit zwei Feldassistenten als Unterstützung beim Schaufeln und graben mit Steve King zu zwei Positionen auf dem Recovery Glacier geflogen und hat diese Stationen erfolgreich installiert. Nach deren Rückkehr am Abend wurde noch ein zehn Meter langer Firnkern gebohrt, der im Eislabor in Bremerhaven analysiert wird, um die Schneeakkumulation in den vergangenen Jahren zu bestimmen. Die beiden Glaziologen haben mit ihre Radarprofile in denen man sogenannte Isochronen (Schichten gleichen Alters) sehen kann, genau so ausgelegt, dass von den Traversen im Süden bis hier zum Firnkern ein durchgehendes Profil der internen Schichten vorhanden ist. In den nächsten Tagen werden wir dann
eine komplette Querung von Osten bis Westen mit den beiden Radaren messen, und haben so eine weitere Möglichkeit die Messungen zu kombinieren.

Nach dem ersten Flug zum Recovery Glacier war das Wetter gut genug, um gleich am Tag drauf die dritte und vierte Station auf dem Recovery Glacier auszubringen. Gleichzeitig hatten wir das Glück, dass der nachts (es ist tagsüber zu warm dafür) gebohrte Firnkern mit einer Twin Otter nach Rothera geflogen werden konnte. Gleichzeitig wollte das restliche Team zu einer Traverse zum östlichen Bohrloch aufbrechen. Nach der Besprechung der Piloten wurde es also ganz schnell ganz arg hektisch – die Stationen fertig machen, Computer aufteilen, mit den Piloten die Satellitenbilder besprechen, die ihnen die Flugposition zeigen, Flieger beladen, Radarmessschlitten fertig machen, Firnkern einladen – und keine Fehler dabei machen, denn ein vergessenes Werkzeig, eine vergessene Speicherkarte und der Flug war umsonst und eine weitere Chance gibt es nicht.

Leider ist im Bohrcamp zu dem der Flieger vom Recovery Glacier zurück kehren sollte, Nebel aufgezogen, der sich in white out, also kein Kontrast
und keine Sicht, verschlechtert hat. Der Flieger musste also an einem Spritdepot bleiben, wo er nachgetankt hat. Für das Team an Bord eine
unglückliche Situation. Notfallzelte, Essen und Schlafsäcke sind vorhanden, aber mehr als den kleinen Tagesrucksack mit dickeren Kleidern ist nicht dabei. Da sich das Wetter hartnäckig war, konnten sie auch gestern nicht zurück kehren. Wir hoffen nun darauf, dass sie es heute schaffen, nachdem hier im Bohrcamp das Wetter wieder gut ist. Ungeplant im Feld stecken zu bleiben, ist auf jeden Fall für Daniel Steinhage, die beiden
Feldassistenten und auch den Piloten keine angenehme Situation. Nach den beiden körperlich sehr anstrengenden Tagen des Aufbaus der Station auf dem sehr kalten Recovery Glacier, hätten sie auf jeden Fall eine andere Form von Pause gebraucht!

Angelika Humbert und Graham Nivsen haben in der Zwischenzeit in der Nähe des Camps weitere Radarmessung gemacht, die auch in den schlechten Sichtverhältnissen durchgeführt werden konnten. In den zwei Stunden Messung rund einen Kilometer ausserhalb des Camps konnte man zusehen wie das Wetter schlechter wurde und langsam das Camp nicht mehr sichtbar war – rundrum nur weiss. Die kurze Strecke nach der Messung zurück zum Camp hat mal wieder gezeigt, wie wenig man trotz Helligkeit sehen kann, denn selbst die eigenen Spuren des Skidoos im Schnee sind gar nicht leicht zu erkennen.

Das Bohrteam packt gerade zusammen und wird mit den beiden AWI Pistenbullis heute weiter zum nächsten Camp ziehen. Angelika Humbert, Graham Nivsen und hoffentlich Daniel Steinhage, werden erst morgen weiterfahren und ein weiteres Camp aufbauen müssen, da wir auf dem Weg zur nächsten Bohrung weitere Messungen machen und daher länger für die gleiche Strecke brauchen. Sollte es das Wetter gut mit uns meinen, sind wir in zwei Tagen aber wieder beim Bohrteam.

Da mit der Trennung des Teams durch das schlechte Wetter auch die Computer aufgeteilt wurden, gibt es heute leider kein aktuelles Foto!

Angelika Humbert

Kommentar hinzufügen

Verwandte Artikel