Überraschungsflug Richtung Norden

Übereinander geschobene Meereisschichten

Kurz nach seiner Ankunft nahm Johannes die Reparatur der Datenerfassungs-Hardware des Eisdickenradars (EMR) in die Hand. Das Auseinanderbauen der defekten Box und die Fehlersuche nahmen viel Zeit und Geduld in Anspruch. Glücklicherweise ist auch keines der teilweise kleinen Bauteile im Staubsauger gelandet, der auf der Princess Elisabeth Station regelmäßig in die Hand genommen wird. Als die Reparatur nach einem Tag noch nicht abgeschlossen war, plante Graeme einen Flug, der sich nördlich an die bisher geplanten Fluglinien in West-Ost-Richtung anschließt und über Schelf- und Meereis führt. Das funktionsbereite Akkumulationsradar ist im Vergleich zum Eisdickenradar zwar nicht in der Lage, das Felsbett unter 1000 Meter dickem Eis (östlich der Princess Elisabeth Station) zu detektieren, kann bei geringerer Eisdicke (im Norden) aber einen Ersatz darstellen. Die Route wurde so knapp vor Abflug festgelegt, dass Christian, Wayne und Tobias erst im Flugzeug erfuhren, wo diese genau entlang führte. Während alle eingebauten Messgeräte Daten aufzeichneten, konnte auch die Aussicht genossen werden. Spalten im Schelfeis und Eisberge sowie übereinander geschobene Meereisschichten boten eine willkommene Abwechslung zum eher eintönigen Inlandeis östlich der Sør-Rondane-Berge.

Gestern wurde das EMR erfolgreich getestet und somit wieder mit allen Geräten an Bord geflogen. Da es sich hierbei bei Johannes und Graeme um den ersten Messflug dieser Saison handelte, war vor Start und während des Fluges die Weitergabe bisheriger Erfahrungen in der Bedienung der Mess-Systeme wichtig. Alle während des Fluges auftretenden Probleme konnten behoben werden. Anschließend hofften wir, dass heute keine neuen Probleme hinzukommen, die ohne die beiden Stofftier-Glücksbringer, die Franziska und Veit vor ihrer Abreise aus dem Flieger nahmen, häufiger als zuvor auftraten.

Kurz bevor die heutige Fliegermannschaft den Piloten grünes Licht zum Abheben geben wollte, wurde festgestellt, dass die Messwerte der Magnetiksensoren deutlich von den üblichen Werten abwichen. Für diese Beobachtung war jedoch schnell eine Erklärung gefunden: Die Magnetik-Bodenstation und auch die Messinstrumente an der Neumayer-Station deuteten auf einen Erdmagnetsturm hin, der mit unterschiedlichen Störungsursachen auf der Sonne zusammenhängen kann. Besonders gründlich wurden in diesem Zusammenhang die Ergebnisse des Kompensationsfluges betrachtet, bei dem letzte Woche störende Einflüsse auf die Magnetik-Messungen am Flugzeug quantifiziert wurden, um diese in späteren Messungen kompensieren zu können.

Wenige Tage vor Weihnachten liegen bereits jetzt so vielen Daten vor, dass ganze Abende mit der Auswertung gefüllt werden können. Mehrfach wurden wir von den beiden Piloten während des Fluges gefragt, welche wissenschaftlichen Rückschlüsse für das gerade überflogene Gebiet möglich sind. Viele dieser Fragen lassen sich nicht sofort, sondern erst nach gründlicher Auswertung der Daten beantworten. Wir sind bemüht, zumindest auf einen Teil der offenen Fragen bereits vor Ort einzugehen. Denn dann haben die Piloten auch in den nächsten Wochen dafür Verständnis, wenn wir sie bitten, bitte schön „langsam“ zu fliegen, da neben einer zu großen Flughöhe auch eine zu hohe Geschwindigkeit die Datenauswertung erschwert. (tb)

Das Foto zeigt übereinander geschobene Meereisschichten. Foto: Alfred-Wegener-Institut

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