Warum die Gründung eines Physik-Clubs der Anfang von Jelenas Karriere war
Sie hat einen Bachelor in medizinischer Physik, einen Master in Nuklearphysik und arbeitet jetzt als Innovationsmanagerin bei GSI und FAIR: Jelena Bardak, die in Bosnien-Herzegowina geboren ist und in Serbien studiert hat, spricht in diesem Interview über ihren Weg zu GSI und wie ihre Erfahrungen aus dem Studium bei ihrer Arbeit als Innovationsmanagerin helfen. Außerdem erzählt sie, was sie gerne macht, wenn sie nicht an ihrer Promotion arbeitet und welches ihr persönlicher Lieblings-Wissenschaftsfakt ist.
Das Interview führten Lilith Kurz, Katharina Klose und Anastasia Klopfleisch, die am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) „Wissenschaft – Medien – Kommunikation” studieren. Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Medien- und Öffentlichkeitsarbeit”, in der KIT und GSI/FAIR kooperieren, führten Studierende im Wintersemester 2023/2024 Interviews mit jungen Forschenden bei GSI/FAIR.

Du hast einen Master in Nuklearphysik und einen Bachelor in medizinischer Physik. Warum hast du dich ausgerechnet in diesen Bereichen spezialisiert?
„2020 habe ich meinen Bachelor in medizinischer Physik abgeschlossen. Ich habe nach etwas anderem gesucht, weil ich nicht nur in medizinischer Physik bleiben wollte: Ich wollte eine breitere Perspektive haben. Und dann entschied ich mich dafür, in die Nuklearphysik zu gehen.”
Sie erklärt: „Nuklearphysik ist wie ein Zweig. Und medizinische Physik ist ein Zweig der Nuklearphysik. Oder man könnte auch sagen, dass medizinische Physik auch Radiotherapie, Diagnosen und Nuklearmedizin miteinschließt – alles, was wir heute haben, ist eine Anwendung der Physik in der Medizin.”
Jelena hat ihren Master 2020 angefangen und bereits 2021 beendet. „Wir haben ein vier plus eins Programm. Vier Jahre sind für das Diplom und dann ein Jahr für den Masterabschluss”, erzählt sie uns über ihre Universität in Serbien. Während ihrer Masterarbeit bekam sie die Möglichkeit, Daten des Vereinigten Instituts für Kernforschung in Dubna (Russland) zu analysieren. „Das war während COVID, also war es chaotisch, aber ich war glücklich, dass ich experimentellen Ergebnisse besaß. Nachdem ich meine Analyse beendet hatte, verteidigte ich meine Masterarbeit und fing meinen Weg zur Promotion an.”
Entspricht dein jetziger Beruf deinem Berufswunsch aus Kindertagen?
Jelena zögert etwas: „Das kann ich nicht sagen, denn ich bin jetzt 28. Und ich merke, dass ich mich etwas verloren fühle.” Sie fügt hinzu: “Manchmal, wenn man ein kleines Kind ist, dann hat man große Träume und man sagt, okay, das könnte ich machen. Irgendwie habe ich es später herausgefunden.”
Wir scheinen zunächst vom Thema abzuweichen, als Jelena anfängt über den „Physicist Club” zu reden, eine studentische Organisation an ihrer Universität. Sie war eine der Gründer*innen und Präsidentin für vier Jahre. Beim Organisieren von Workshops hatte sie stets ihre Hand im Spiel und brachte den Club außerdem dazu, an regionalen und internationalen Festivals teilzunehmen. Das Ziel der Organisation ist es, Studierende zu versammeln, die daran interessiert sind, ihre Liebe für die Wissenschaft zu teilen und zu kommunizieren. „Wir konnten den Einfluss sehen, den wir auf die jüngeren Generationen hatten. Und mit neuen Studierenden hat der Club viele verschiedene Projekte und neue Ideen gewonnen.“ Danach kommt sie auf unsere Ausgangsfrage zurück: „Diesen Traum hatte ich nicht als Kind. Aber ich hatte immer den Traum, dass ich einen Einfluss haben möchte. Wenn etwas zum Besseren verändert werden kann, dann würde ich gerne Teil davon sein.“
Wie bist du zu GSI gekommen?
„Oh, das ist eine sehr interessante Geschichte. Eine Studentin der Fakultät der Wissenschaften in Novi Sad war hier am GSI. Ich glaube, sie arbeitete an ihrer Promotion in den Niederlanden und war zeitgleich eine Masterstudentin meiner jetzigen Vorgesetzten. Und dann fing sie mit ihrer Recherche für die Promotion bei GSI an. Sie war gut vernetzt mit den Menschen des internationalen Büros.”
Jelena führt weiter aus: “In dieser Zeit wurden speziell internationale Studierende durch das „GET_INvolved-Programm” gefördert. Es war ein neues und sehr erfolgreiches Projekt des ERASMUS Netzwerks und ein gemeinsamer Vertrag zwischen GSI und meiner Fakultät. Das war eine großartige Möglichkeit für Studierende, Praktika zu absolvieren und Zeit in einer großen Anlage zu verbringen.”
„Ich war in meinem Master und habe die Information von meiner Vorgesetzten bekommen, dass GSI mit uns kooperieren möchte. Sie fragten uns, ob wir für zwei, drei Monate dort hingehen könnten, nur um mal zu sehen, was sie dort machen. Meine Kollegin und ich kamen als Studentinnen für drei Monate hierher und jetzt sind es fast zwei Jahre.” Sie lacht. Jelena machte ein Praktikum nach dem anderen und bekam dann ein Stipendium, das bis zum Mai dieses Jahres ging. „Schon im März dachte ich mir: Okay und was jetzt?”
An diesem Punkt hatte Jelena schon eine Co-Vorgesetzte und ein Promotionsthema gefunden. Sie war aber immer noch auf der Suche nach Antworten. „Jeden Tag stellte ich mir Fragen und es wurden immer mehr und wenn man eine Studentin ist, dann sind Zweifel immer präsent: Gibst du dein Bestes? Wie aufgeregt und leidenschaftlich bist du bei deiner täglichen Arbeit?” Und sie war auch beunruhigt wegen der Zukunft: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich das in zehn Jahren immer noch machen kann. Werde ich wissenschaftliche Arbeit fortführen können?”
Also, was fehlt?
„Ich bin eine sehr kommunikative Person. Oft war ich müde, wusste aber nicht warum. Und jedes Mal, wenn ich parallel an etwas gearbeitet habe – einige Projekte, einige Managementaufgaben, Diskussionen, Konferenzen oder was auch immer – habe ich mich sehr engagiert und angetrieben gefühlt. Das war also das, was mir fehlte.“ In Bezug auf ihre Jahre als Clubpräsidentin sagt sie: „Und tatsächlich habe ich das früher oft gemacht, vor ein paar Jahren.“
„Dann sagte ich mir: Ja, ich werde an meiner Promotion arbeiten und ich möchte hier forschen. Ich möchte so viel geben, wie ich kann, und sehen, wo diese Grenze liegt. Ich möchte meine Zeit bei Experimenten genießen, Wissenschaftler*innen treffen, mit ihnen diskutieren, mit Menschen zusammenarbeiten und Wissen erlangen. Aber ich würde auch gerne etwas Neues ausprobieren.“
„Zufall oder nicht, in diesem Moment hatte GSI einige Stellenangebote, und ich fand eins davon besonders interessant. Es handelte sich um eine Position im Bereich Technologietransfer am GSI, genauer gesagt um den Transfer von Technologien und Kompetenzen. Es geht um die Verbindung zwischen Wissenschaft, Institution, Technologie und Industrie. Und ich habe mich beworben.“
Spoiler: Jelena hat die Stelle bekommen und arbeitet nun als Innovationsmanagerin im Technologietransfer des GSI.
Was umfasst deine Arbeit?
„Einfach ausgedrückt: Förderung der Innovationskultur. Genauer gesagt, die Schaffung einer Innovationskultur durch Förderung des Bewusstseins und Verständnisses für Transferoptionen. Effektive Transferstruktur, Optimierung und Stärkung von Transferaktivitäten und das Schaffen einer effektiven Transferstruktur unter Verwendung angemessener Ressourcen. Wir bieten Analyse, Beratung und ein breites Netzwerk und fungieren als Bindeglied zwischen Forschung und Anwendung.“
„Also beschäftigen wir uns – wie man an der Bezeichnung erkennen kann – mit dem Transfer von Wissenschaft in die Industrie. Eines der auf Studierende ausgerichteten Projekte ist zum Beispiel HAFIS – Helmholtz Academy for Intrapreneurship. Das Ziel ist es, junge Doktoranden, Postdocs und Forscher mit der Industrie zu verbinden. Wir möchten die Anwendung und Umsetzung ihrer eigenen Forschung in der Industrie sehen, damit es zu einem Startup oder einer Ausgründung werden kann.“ Sie spricht auch darüber, wie sie in Kontakt mit Unternehmern bleiben und auf diese Weise ein Netzwerk aufbauen.
„Mein Hauptprojekt ist aber etwas anders: Kompetenzen im Transfer von Technologien. Es geht mehr darum, wie man gute Unternehmen für die Bedürfnisse unseres eigenen Unternehmens findet und verschiedene Arten von Software testet. Wie man einen guten Einfluss auf den Markt ausübt und sichtbar ist. Wie man etwas von der Industrie nimmt und ihnen qualitativ hochwertige Ergebnisse anbietet.“
Bisher haben wir viel über Jelenas Karriere und Arbeitsleben gesprochen. Aber auch Wissenschaftler*innen verbringen Zeit außerhalb von Labor und Büro.

Hast du nebenbei noch Zeit für Hobbys?
„Ich mag Laufen, Wandern und Tanzen. Kochen ist für mich eine Leidenschaft und Kunst. Und ich verbringe so viel Zeit wie möglich in der Natur“, erzählt uns Jelena. Dann fügt sie hinzu: „Ich habe festgestellt, dass ich zum Beispiel nicht in einer großen Stadt leben könnte. Wenn ich aus meinem Fenster schaue, möchte ich ein weites Feld vor mir sehen, keine Gebäude.“ Sie reist auch gerne. „Dieses Jahr war voller verschiedener Orte und Länder, Sommer und Sonnenuntergänge am Meer. Ich hatte dort viel Spaß.“
Hobbys machen Spaß, aber alles wird besser, wenn man es teilen kann: Am liebsten verbringt Jelena Zeit mit ihren Freunden. „Ich habe Hobbys, aber ich unternehme diese gerne mit meinen Freunden. Sie wissen, was mein Ding ist, ich weiß, was ihr Ding ist. Das ist immer besser, als mit jemandem zu gehen, der dir eigentlich nicht sehr nah steht.“
Hast du einen Wissenschafts-Fakt, den du mit uns teilen möchtest?
Jelena nimmt sich einen Moment Zeit zum Nachdenken. Nach ein paar Sekunden Stille entscheidet sie sich für: „Ich würde sagen, dass ein*e Wissenschaftler*innen in ihrer eigenen Welt leben. Sie sind bei der Arbeit ernsthaft und so konzentriert, aber wenn man diese Barriere überwindet, kann man mit uns im Pub viel Spaß haben, bei ein paar Getränken und natürlich gutem Essen.“
Vielen Dank, Jelena Bardak!




