Durch Glaskeramik dem Kosmos näher: Interview mit Alumna Dr. Janina Krieg
Reisen und die Welt entdecken, bei Janina Krieg gleicht kein Tag dem anderen. Bei all der Abwechslung bleibt jedoch eines immer gleich – ihre Begeisterung für das Weltall und die Wissenschaft. Erkannt was sie machen möchte, hat Janina während ihrer Promotion bei GSI/FAIR. Jetzt ist sie Produktmanagerin bei Schott. Im Interview erzählt uns Janina mehr über ihre Arbeit und ihre Erfahrungen.
Das Interview führten Lilly Sztatecsny und Felix Leitz, die am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) „Wissenschaft – Medien – Kommunikation“ studieren. Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Medien und Öffentlichkeitsarbeit“, in der KIT und GSI/FAIR kooperieren, führten Studierende im Wintersemester 2022/2023 Interviews mit jungen Forschenden bei GSI/FAIR.
Janina, wie bereitest du dich auf deinen Arbeitstag vor?
Mein Arbeitsalltag ist jeden Tag anders. Neben Pendeln zwischen Büro und Homeoffice reise ich sehr viel. Eine Morgenroutine gibt es eigentlich nicht. Ich schlafe möglichst lang, trinke schnell einen Kaffee und dann geht es los.
Was genau machst du als Produktmanagerin bei Schott?
Wenn man Produktmanagement googelt, kommt man nicht weit. Man erfährt nicht wirklich, was Produktmanager machen. Auch intern bei Schott gibt es diesbezüglich viele verschiedene Varianten und Schwerpunkte. Zusammengefasst sind Produktmanager*innen für ein Produkt zuständig. Dafür sammeln wir Informationen über die aktuelle Marktsituation, Projekte und Projektideen, dafür benötigte Ressourcen und die vorherrschenden Wettbewerbsverhältnisse. Wir stellen Kontakt mit Kunden auf Konferenzen oder durch den Vertrieb her. Am Ende bündeln wir alle Wünsche und arbeiten dann als Übersetzer zur Produktion. Im Prinzip läuft alles, was mit diesem Produkt zu tun hat bei uns zusammen. Ich muss alle Schnittstellen immer überzeugen und agiere als eine koordinierende Kraft.
Hast du ein Büro oder arbeitest du digital?
Mit der Pandemie hat sich unser Unternehmen modern aufgestellt. Wir haben ein Büro, das zum Treffen da ist. Man hat keine festen Schreibtische mehr. Ich habe mir ein Homeoffice eingerichtet und kann auch im Hotel, bei einem Kunden, einer Konferenz, oder im Zug meinen Laptop auspacken. Am liebsten habe ich zwei Bildschirme und meinen Laptop. Das ist dann einfacher.
Was sind deine aktuellen Projekte?
Für mein Produkt, eine Glaskeramik namens ZERODUR®, bin ich in Europa und Nordamerika unterwegs. Im Moment ist meine Hauptaufgabe, auf jede Konferenz und Ausstellung zu fahren, bei der man Kontakte herstellen kann. Ich war vor kurzem in Bremen auf der Space Tech Expo, im Oktober in Dubrovnik auf einer Konferenz zu Space Optik und im Juli in Montreal. Im letzten halben Jahr war es wichtig, die ganze Community wieder zu treffen. Auf diese Reisen folgt jetzt interne Schreibtischarbeit und Abstimmung im Werk. Generell arbeite ich sehr langfristig an Wissenschaftsprojekten, die von der ESA oder NASA erst in einigen Jahren gelauncht werden.
Du bist zuständig für ZERODUR®, was ist das?
ZERODUR® ist eine Glaskeramik. Bei einer Glaskeramik handelt es sich um eine Glasmatrix, in der Kristalle enthalten sind. Diese Kristalle haben die Eigenschaft, sich bei einer Temperaturerhöhung zusammenzuziehen, während sich die Glasmatrix drumherum ausdehnt. Man kann festlegen, dass sich die Kristalle genauso stark zusammenziehen, wie sich die Glasmatrix ausdehnt. Dadurch passiert mikroskopisch sehr viel, makroskopisch macht das Material nichts. Sowas Ähnliches kennt ihr von einem anderen Produkt von Schott: CERAN® vom Kochfeld.
Was ist so besonders an ZERODUR® und wo wird es angewendet?
ZERODUR® dehnt sich bei Temperaturunterschieden weder aus, noch zieht es sich zusammen. Das klingt erstmal nicht spannend aber für Anwendungen im Hochpräzisionsbereich ist das sehr wichtig.
Man denke an ein Teleskop, wie z. B. das Extremly Large Telescope in Chile. Dort gibt es Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht von bis zu 20 Grad Celsius. Das Material für die Optik muss diese Schwankungen aushalten und darf sich nicht ausdehnen oder zusammenziehen. Andernfalls würde man kein scharfes Bild bekommen. Eines dieser temperaturstabilen Materialen ist ZERODUR®. Das wird als Spiegelsubstrat in Teleskopen eingesetzt. Neben der Anwendung in Großteleskopen, kommt es in der Luft- und Raumfahrt zum Einsatz. Man findet es auch im Maschinenbau als Längenmaßstab und in der Lithografie.
Gibt es Erfahrungen, die dir aus deiner Zeit bei GSI bei deinem jetzigen Job helfen?
GSI ist super international. Ich habe durch meine Arbeitsgruppe viel über andere Kulturen und andere Arbeitsweisen gelernt. Außerdem hatte ich bei GSI schon viele Experimente im Ausland. Ich bin unter anderem nach Paris, Toulouse oder Dresden gefahren und habe dort mit internationalen Gruppen zusammenarbeiten dürfen. Das war definitiv eine gute Grundlage für meine Reisetätigkeit. Ich konnte gut üben, mit anderen zu kommunizieren. Gerade beim Kunden oder auf Konferenzen gibt es ganz andere Kulturkreise, mit denen man schneller und besser ins Gespräch kommt, wenn man schonmal etwas in dieser Richtung gemacht hat.
Das Wichtigste ist, dass ich während meiner Promotion rausgefunden habe, was ich gerne mache und was ich in Zukunft machen möchte. Ich dachte immer, ich will Forscherin werden und die Welt retten. Dann habe ich aber festgestellt, dass ich lieber andere Forscher*innen in dieser Aufgabe unterstütze. Anstatt mich Jahre lang bis ins kleinste Detail mit einem Thema zu beschäftigen, hat es mir mehr Spaß gemacht die Experimente zu planen, Leute zu finden und zu begeistern und letztlich das Experiment durchzuführen. Diese Erkenntnis hat mir auch geholfen, meinen jetzigen Job zu finden.
Was war dein aufregendstes Reiseerlebnis?
Die coolste Reise hatte ich im Frühjahr. Da stand ich im JPL (Jet Propulsion Laboratory) Kontrollraum und es wurde gerade mit Voyager, einer Raumsonde, kommuniziert.
Du wolltest mal Astronautin werden, richtig?
Ja, ich habe mich schon zweimal beworben. Jedes Mal, wenn eine Gelegenheit da war, dachte ich mir, ich versuche es. Ich wöllte Astronautin werden, um die Wissenschaft voranzubringen und über Wissenschaft zu kommunizieren. Wenn ich die Chance hätte, würde ich sie deswegen ergreifen. Ansonsten versuche ich diese Ziele durch meine Arbeit zu verfolgen.
Wie sehen deine Zukunftsvorstellungen aus?
Ich will immer neue Sachen lernen. In den letzten zwei Jahren habe ich neben dem Beruf noch studiert und einen MBA (Master of Business Administration) abgeschlossen. Ich sehe mich in Zukunft in einer Schnittstellen-Position, wie ich sie jetzt als Produktmanagerin auch habe. Thematisch könnte ich mir etwas in Richtung Nachhaltigkeit vorstellen. Das hat über Ecken auch etwas mit dem Weltraum zu tun. Ich kann mir außerdem gut vorstellen, in Zukunft eine Führungsverantwortung zu übernehmen.