IT-Lösungen für die Pandemie: Dr. Thorsten Kollegger
Dr. Thorsten Kollegger ist Abteilungsleiter der GSI-IT und gleichzeitig FAIR-IT-Koordinator. Mit seiner Abteilung betreibt und entwickelt er die IT-Infrastruktur für GSI und FAIR. Seine Teams betreuen und betreiben Rechenzentren und umfangreiche IT-Systeme für alle Bereiche. Darüber hinaus entwickeln sie fortschrittliche Software und Services für die vielfältigen und einzigartigen Anforderungen von GSI und FAIR. Das Interview führte Jutta Leroudier während unserer Experimentierzeit im März/April 2020 geführt.
Wie hat die Corona-Pandemie deinen Arbeitsalltag verändert?
Die Corona-Pandemie hat den Arbeitsalltag in unserem Team sehr stark verändert. Bereits im Januar gingen die ersten Anfragen nach IT-Unterstützung von externen Usern ein. Aufgrund von Reisebeschränkungen, die es zu diesem Zeitpunkt schon in einigen Länder gab, konnten diese nicht mehr vor Ort an den Experimenten teilnehmen. Ab diesem Zeitpunkt haben wir daran gearbeitet Remote-Lösungen für die Arbeit der Experimentkollaborationen oder im Beschleunigerbereich zu realisieren. Ab Mitte März, als auch in Deutschland entsprechende Maßnahmen eingeführt wurden, sind die Anforderungen an die IT für die Einrichtung von Fernarbeit regelrecht explodiert. Gleichzeitig haben wir unsere Methode, wie wir zusammenarbeiten, von einem auf den anderen Tag komplett geändert, da ein Großteil des Teams ins Homeoffice gewechselt ist.
Welche neuen Anforderungen stellt die Corona-Krise an deine Arbeit? Welche neuen Aufgaben haben sich dadurch ergeben?
An uns sind viele neue Fragestellungen herangetragen worden. Wie kann man remote an einem Experiment oder dem Beschleunigerbetrieb teilnehmen? Wie kann man die Kommunikation zwischen Personen aus den verschiedenen Institutionen weltweit oder den Personen im Homeoffice bestmöglich aufrechterhalten? Wie kann man bei Fern-
arbeit Datenschutz und IT-Sicherheit gewährleisten? Wie kann man Netzwerkverbindung so darstellen, dass sie die Funktionalität bei Fernzugriffen und problemlosem Datenfluss sicherstellen? Dafür mussten wir die jeweiligen Anforderungen der einzelnen Bereiche genau kennen und individuelle Lösung anbieten.
Welche Lösungen hast du mit deinem Team realisiert?
Viele unserer Systeme waren nicht für die plötzlich anfallenden hohen Anforderungen ausgelegt. Wir haben die Kapazität einzelner Systeme innerhalb von ein bis zwei Wochen um den Faktor 50 gesteigert. Durch die Unterbrechung der internationalen Lieferketten war die Beschaffung von Hard- und Software dabei eine sehr große Herausforderung, die wir gemeistert haben. Die Beschaffungsprozesse konnten wir trotz aller Hürden in kürzester Zeit abwickeln.
Für verschiedene Gruppen oder spezielle Systeme haben wir maßgeschneiderte Detaillösungen entwickelt. Ziel dabei war in der Regel, die Fernarbeit für Gruppen des gesamten Campus von der Administration über einzelne Projekte bis hin zu den Experimentgruppen und dem Beschleunigerbereich zu ermöglichen. Zum Beispiel greifen nun Forscher, die sich im Ausland befinden, auf ihre Experimente zu, oder für Experten aus dem Beschleunigerbereich ist es nun möglich im Homeoffice zu arbeiten.
Darüber hinaus haben wir für die Anwender einen erweiterten Support angeboten. Viele Leute hatten erhöhten Beratungsbedarf, da sie zum ersten Mal mit den neuen Systemen gearbeitet haben. Dafür ist unserer Abteilung gut aufgestellt und organisiert. Die vorhandenen Mechanismen und Tools für die neuen Aufgaben waren alle vorhanden und eingerichtet. Allerdings mussten wir klare Prioritäten festlegen und unsere Aufgaben umorganisieren. Zum Beispiel haben große Teile aus unserem Team, die für Infrastruktur zuständig sind, nur noch User-Support gemacht. Geplante Projektarbeit und die Weiterentwicklung der Systeme haben wir vorübergehend gestoppt und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.
Wieviel Aufwand hattet ihr damit?
Den größten Aufwand hatten wir mit dem Support. Viele Anwender haben zum ersten Mal remote gearbeitet. Bei uns sind in der Hochphase Ende März mehrere 100 Support-Anfragen, wie zum Beispiel E-Mails oder Anrufe, pro Tag eingegangen. Das war eine Steigerung von etwa einer Größenordnung.
Wie organisiert ihr die Arbeit im Team?
Bei uns sind aktuell zwei Drittel der Leute im Homeoffice. Auf dem Campus arbeiten nur noch die Personen, die sich um Hardware kümmern oder für die der Zugang zu Systemen vor Ort absolut notwendig ist. Für die IT war es glücklicherweise einfach das Arbeiten im Homeoffice zu realisieren, da die Tools bereits vorhanden waren und alle im Team damit umgehen können. Unsere Kommunikation läuft nun im Wesentlichen über verschiedene Videokonferenz-Tools, im Chat oder andere virtuelle Kommunikationskanäle.
Welche Abteilungen haben euch unterstützt und wie sah diese Unterstützung aus?
Viele Abteilungen haben uns in den vergangenen Wochen unterstützt und bemerkenswerte Leistungen erbracht. Der Einkauf hat bei der Beschaffung von Hardware und Software schnell gehandelt und hat zum Beispiel innerhalb von einer Woche sehr viele Lizenzen für ein komplett neues Videokonferenzsystem beschafft. Die Einstellung des Budgets durch das Controlling ging sehr schnell vonstatten. Die Infrastrukturabteilungen der Abteilung Gebäude- und Anlagentechnik versorgen unsere Anlagen nach wie vor sehr zuverlässig, auch unter den aktuell erschwerten Bedingungen.
Was wünschst du dir für die nächste Zeit?
Ich hoffe, dass diese Ausnahmesituation hier auf dem Campus und auch weltweit so schnell wie möglich vorbei ist und möglichst wenige Menschen unter der Krankheit leiden müssen. Für meine Arbeit hier wünsche ich mir, bald wieder in den normalen Betrieb zurückkehren zu können und wieder aktiv unsere Systeme und Arbeiten zu gestalten.
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