Nobelpreis-Thema in der Dokotorarbeit

Mithilfe des Teilchenbeschleunigers UNILAC können die toplogischen Isolatoren hergestellt werden, die Janina Krieg untersucht. Foto: G. Otto/GSI

Janina Krieg arbeitet an ihrer Promotion über topologische Isolatoren an der Technischen Universität Darmstadt in Kooperation mit der GSI-Materialforschung. Für Arbeiten zu diesem Thema erhielten drei Forscher 2016 den Physik-Nobelpreis. Das Interview führte Carola Pomplun.

Janina, was sind topologische Isolatoren?

Topologische Isolatoren sind etwas sehr Neues und ein superspannendes Thema. Sie wurden erst im Jahr 2005 theoretisch vorhergesagt und 2007 nachgewiesen. Normalerweise unterscheidet man Stoffe in Leiter, Halbleiter oder Nichtleiter, je nachdem, ob sie Strom einfach so leiten, ob sie Strom nur unter bestimmten Bedingungen – beispielsweise hoher Temperatur – leiten, oder ob sie Strom gar nicht leiten. Topologische Isolatoren bilden eine völlig neue Klasse. Es sind Stoffe, die sich im Volumen wie Isolatoren verhalten, also Strom nicht leiten. Aber an ihrer Oberfläche leiten sie plötzlich doch.

Janina Krieg promoviert in der GSI-Materialforschung. Foto: G. Otto/GSI
Janina Krieg promoviert in der GSI-Materialforschung. Foto: G. Otto/GSI

Woher kommt dieses ungewöhnliche Verhalten?

Bei Strom handelt es sich ja um die Bewegung von Elektronen. In welche Klasse ein Stoff gehört, hängt mit den Energieniveaus der Elektronen zusammen. Es gibt ein Valenzband und ein Leitungsband, in dem sich die Elektronen aufhalten, die für Stromleitung verantwortlich sind. Die Lücke zwischen den Bändern bestimmt das Leitverhalten. Überlappen sie sich, können die Elektronen ungehindert das Band wechseln und der Stoff leitet. Ist die Lücke klein, können Elektronen zum Beispiel thermisch angeregt werden, sie zu überspringen. So funktionieren Halbleiter. Ist sie groß, können die Elektronen nicht in das Leitungsband gehoben werden und der Stoff ist ein Isolator. Bei den topologischen Isolatoren ist es nun so, dass es trotz großer Bandlücke zusätzlich “Querverbindungen” zwischen den Energieniveaus gibt, die Oberflächenleitung ermöglichen. Das lässt sich nur mit dem mathematischen Konzept der Topologie erklären, daher kommt der Name.

Was hat das für Konsequenzen?

Bei Raumtemperatur ermöglicht das eine fast widerstandsfreie Bewegung der auf der Oberfläche laufenden Elektronen, die auch noch gerichtet ist. Denn in das Volumen können die Elektronen nicht streuen, weil sie auf die Oberfläche beschränkt sind. Zusätzlich haben Elektronen noch einen sogenannten Spin, das kann man als Eigenrotation beschreiben. Weil der Spin an den Impuls gekoppelt ist, können die Elektronen je nach Spin nur in die eine oder die andere Richtung laufen. Sonst müsste sich der Spin ändern, was nicht so einfach möglich ist.

Was könnte man mit solchen Materialien anfangen?

Die Forschung sucht ja dauerhaft nach Wegen, Strom möglichst verlustfrei zu transportieren. Dabei könnten die topologischen Isolatoren helfen. Den Spin der Elektronen könnte man beispielsweise durch magnetische Störstellen umpolen und so die Laufrichtung der Elektronen manipulieren. Damit könnte man vielleicht auch die Rechenleistung von Computern erhöhen, indem man über den Spin zusätzliche Rechenoperationen ermöglicht.

Was ist der Inhalt deiner Forschung zu dem Thema?

Ich untersuche das Material Bismut-Tellurid, das ein topologischer Isolator ist. In der GSI-Materialforschung stellen wir Nanodrähte aus Bismut-Tellurid her. Dazu beschießt man Polycarbonat mit Gold- oder Bismut-Ionen aus dem GSI-Beschleuniger und stellt so feine Spuren in diesem Material her, die man zu Kanälen ausätzen kann. Diese Kanäle kann man mit Bismut-Tellurid füllen und erhält so die Nanodrähte, die man dann auf ihre Eigenschaften als topologischer Isolator untersuchen kann. Dazu sind allerdings Messgeräte nötig, die hier bei GSI nicht vorhanden sind. Deshalb musste ich für die Untersuchungen meiner Proben an andere Labors reisen, beispielsweise nach Paris.

Was war dein Grund für eine Karriere in der Forschung?

Ich wollte schon immer Forscherin werden. Seit ich weiß, was das Wort bedeutet – das war so in der Zeit Ende des Kindergartens oder Anfang der Schule. Ich kann mich noch an einen Moment erinnern, an dem mir meine Mutter mit einer Schmuckdose vor der Lampe in meinem Zimmer erklärt hat, wie der Wechsel von Tag und Nacht funktioniert. Mein Vater hat Geographie studiert, wir sind immer viel gereist. Ich hatte einen Kinderatlas, in dem auch Erdbeben und Vulkane erklärt waren. Das hat mich alles sofort fasziniert.

Ist die wissenschaftliche Arbeit in der Realität anders als in deiner damaligen Vorstellung?

Ich wollte damals schon etwas herausfinden, etwas Neues beobachten. Das stimmt auch heute noch so. Die Forscherarbeit in den Laboren ist das, was für mich wichtig ist.

Was sind deine Ziele für die Zukunft?

Erst einmal möchte ich meine Promotion abschließen. Ich könnte mir durchaus vorstellen, noch einmal das Feld zu wechseln und etwas völlig Anderes zu machen. Ich hatte schon immer auch Interesse an Vulkanologie und Geologie. Und ich bin schon ein bisschen abenteuerlustig und würde beispielsweise gerne mal auf einer Forschungsstation in der Arktis oder Antarktis arbeiten.

Leser:innenkommentare (1)

  1. Dokotorhüte – kleine Kunstwerke, die viele Geschichten erzählen - Beam On

    […] Diese Nanodrähte habe ich auf ihre elektrischen Eigenschaften untersucht. (Es gab auch mal einen kurzen Blog über mein Thema, weil es etwas mit dem Nobelpreis 2016 zu tun ha… […]

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