Jedes Jahr findet im August und September das Sommerstudenten-Programm bei FAIR und GSI statt. Studentinnen und Studenten aus verschiedensten Ländern verbringen acht Wochen auf dem Campus, lernen dabei die Experimente und Forschungsbereiche kennen und nehmen am Arbeitsalltag rund um die Beschleunigeranlage teil.
Jeden Sommer wird es auf dem Campus von FAIR und GSI noch internationaler als sonst: Aus bisher 40 verschiedenen Ländern reisen Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Sommerstudenten-Programms an. Es sind Bachelor- und Masterstudenten im Bereich Physik und benachbarter Natur- und Ingenieurwissenschaften, die ihre Semesterferien damit verbringen, Kontakte zu knüpfen, nebenbei ihr Englisch zu verbessern und erste eigene Schritte in der Forschung zu gehen.
„Ich teste die Arbeitsweise einer Detektorelektronik für das Antiprotonen-Experiment PANDA“, berichtet Konstantinos Paraschou aus Griechenland. Jeder Sommerstudent wird einer Forschungsgruppe zugeordnet und arbeitet unter Betreuung eines Tutors an einem eigenen Projekt. „Wir sind also ein kleiner Teil von einem großen Forschungsprojekt“, sagt Valeriia Zhovkovska aus der Ukraine, die am zukünftigen FAIR-Großexperiment „Compressed Baryonic Matter“ (CBM) mitwirkt. „An diesem Experiment sind einige Leute von meiner Uni beteiligt. Sie haben mich deshalb für das Programm vorgeschlagen.“ Chen Xu aus China hatte bereits eine persönliche Verbindung zu FAIR und GSI: „Meine Mutter war hier Wissenschaftlerin, als ich ein Kind war. Das war einer der Gründe, warum ich mich hier für ein Materialforschungsprojekt beworben habe.“ Andere Teilnehmer bewerben sich ganz ohne vorherigen Kontakt. „Ich habe in einem sozialen Netzwerk den Link auf das Programm gefunden und mich beworben, weil ich mich sehr für Atom- und Kernphysik interessiere“, berichtet Bohdan Bidenko, der ebenfalls aus der Ukraine stammt. „Ich bin zum ersten Mal geflogen, um hierher zu kommen!“
Alle 34 Sommerstudenten sind zusammen in einem Hotel in der Nähe untergebracht. „Darauf lege ich großen Wert“, berichtet Jörn Knoll, der langjährige Organisator des Programms. „Es macht einen großen Teil der Erfahrung aus, dass die Studenten in dieser zusammengewürfelten Gemeinschaft leben, zusammen gemeinsame Unternehmungen machen, die verschiedenen Erfahrungen austauschen und letztlich zu Freunden werden.“

Insgesamt 34 Studentinnen und Studenten aus 20 Ländern nehmen am Sommerstudentenprogramm 2016 von FAIR und GSI teil. Foto: G. Otto/GSI
Das erste Studentenprogramm fand im Frühjahr 1982 statt, damals noch auf deutsche Studenten beschränkt und mit nur 18 Plätzen. „Alle Beteiligten waren damals so begeistert, dass wir im ersten Jahr gleich eine zweite Veranstaltung im Spätsommer durchführten“, erzählt Knoll. „Und die Begeisterung blieb über all die Jahre: bei unseren Sommergästen wie auch deren Betreuerinnen und Betreuer; ein guter Anlass daher im Namen unserer vielen jungen Gäste allen bislang am Programm beteiligten Kolleginnen und Kollegen aus den Forschungs- und Technologiebereichen sowie aus unseren Serviceabteilungen für ihr stets großes Engagement zu danken.“ Obwohl er schon seit acht Jahren im Ruhestand ist, organisiert er immer noch jedes Jahr das Programm, sucht Tutoren und steht als Ansprechpartner zur Verfügung. „Besonders erfreulich ist in diesem Jahr, dass wir genauso viele weibliche wie männliche Teilnehmer haben.“
Seit sechs Jahren ist das Programm in den Ausbildungskanon der „Helmholtz Graduateschool for Hadron and Ion Research“ (HGS-HIRe) eingebunden. Die Gradiertenschule trägt die Kosten für Unterbringung und Anreise. Außerdem erhalten die Teilnehmer ein Tagegeld. „Für uns als Forschungsinstitut ist das Sommerstudenten-Programm von großer Bedeutung“, erklärt Knoll. „Als großen Erfolg können wir verbuchen, dass etwa ein Viertel der Sommerstudenten früher oder später zurück zu FAIR und GSI kommt: um im Rahmen des Doktorandenprogramms unserer Graduiertenschule ihre Doktorarbeit zu machen, oder um später als Postdoc oder Mitglied einer Kollaboration bei uns zu forschen. Das Programm ist also ein wichtiges Mittel in der Nachwuchsförderung. Außerdem berichten die Studenten zuhause von einem tollen Sommeraufenthalt, was natürlich gut für die Wahrnehmung unseres Forschungsinstituts in der Welt und innerhalb der Wissenschaftscommunity ist.“
Neben dem Erlebnis, eine große Forschungsanlage kennenzulernen und ein eigenes Projekt zu bearbeiten, bietet das Sommerstudentenprogramm begleitende Vorlesungen zu allen Themen des FAIR- und GSI-Forschungsprogramms sowie praxisorientierte Tutorials an, etwa zum Schreiben wissenschaftlicher Publikationen.
Genauso wichtig wie die wissenschaftlichen Aktivitäten ist das Freizeitprogramm, bei dem die Studenten die Region und Kultur kennenlernen. „Es ist hier eine gute Mischung aus Arbeit und Freizeit“, beschreibt Bohdan die acht Wochen. „Gestern haben wir eine Grillparty für unsere Tutoren und Lektoren organisiert, morgen geht es auf ein Fußballspiel ins Darmstädter Stadion, und abends sitzen wir oft zusammen auf der Dachterrasse des Hotels.“
„Wir waren auch schon in Heidelberg und auf dem Melibokus wandern“, ergänzt Amel Belounnas. Sie ist eine derjenigen, die nach dem Sommerstudenten-Programm mit FAIR und GSI in Verbindung bleibt. Die Algerierin, die in Frankreich wohnt und studiert, hat eine Doktorandenstelle an der Université de Pierre et Marie Curie in Paris für das HADES-Experiment und wird für Strahlzeiten nach Darmstadt kommen. Ádám Takács aus Ungarn beginnt in Kürze seine Masterarbeit in Theoretischer Physik und denkt ebenfalls über die Zukunft nach: „Ich fände es super, hier meine Doktorarbeit zu machen“, sagt er. Sein Projekt hat jedenfalls Zukunft: Er arbeitet an einer Modellrechnung zur starken Wechselwirkung zwischen Elementarteilchen. Die Eigenschaften dieser Teilchen und deren Zusammenwirken sollen in Experimenten an der zukünftigen Beschleunigeranlage FAIR untersucht werden.
Hinterlasse einen Kommentar
Datenschutzhinweise: Wir speichern beim Kommentieren keine IP-Adressen, Sie können bei Name und E-Mailadresse gerne Pseudonyme verwenden. Weitere Informationen und Widerspruchsmöglichkeiten gibt es in unserer Datenschutzerklärung.