Spiegelauge 2017-01: #NeumayerSchoki und ein esoterischer Jahresauftakt

Die Polarstern mit einer dringend erwarteten Schokoladenlieferung. Foto: AWI/Linda Duncker

Vor wenigen Tagen berichteten hier in den Helmholtz-Blogs die Forscher auf der Antarktis-Station Neumayer III von einer dramatischen Entwicklung: Die Schokolade ging zur Neige! Auf Twitter riefen wir dazu auf, als Geste der Unterstützung wenigstens Bilder von Süßigkeiten zum Südpol zu schicken:

Zahlreiche Twitterer beteiligten sich mit kalorienreichen Beiträgen – sie sind in einem Twitter-Moment gesammelt zu bewundern.

Manche stellten auch die Frage, ob es nicht eher gemein sei, Bilder von Schokolade an Forscher zu schicken, die selbst auf dem Trockenen sitzen. Einen cleveren Lösungsansatz für diese Dilemma lieferte ein Nutzer, der vorschlug: Warum beamen wir nicht wie mit dem Raumschiff Enterprise die Schokolade übers Internet?

Es gab auch diverse Vorschlägen, selbst Schokolade vorbeizubringen – zweifellos mit dem nicht uneigennützigen Wunsch verbunden, die Antarktis zu besuchen! Daneben fand sich auch der Ruf nach dem legendären Polar-Abenteurer Ernest Shackleton, der über eine Süßigkeiten-Knappheit nur gelacht hätte:

Noch am selben Nachmittag gelang es den Kollegen in der Pressestelle des Alfred-Wegener-Instituts dann, von den vielbeschäftigten Wissenschaftlern am Südpol ein Foto vom Entladen des Forschungsschiffs Polarstern zu bekommen, das unter Anderem die erlösende Schokoladen-Lieferung dabeihatte:

Naschi gut, alles gut!

Esoterik zum Jahresbeginn

Das Schlagwort des „Postfaktischen“ wurde in den letzten Wochen des Jahres 2016 rauf- und runtergeritten, um ein Phänomen zu erklären, das kaum zu fassen scheint. Ungeachtet der Diskussion über faktenbasiertes Denken und Handeln legten gleich zu Jahresbeginn mehrere Qualitätsmedien eine derart realitätsbefreite Performance hin, dass es manchen beinahe die Sprache verschlug:

https://twitter.com/misharrrgh/status/816384433859264512

Die publikumswirksame Kombination von Astrologie und Homöopathie, beides nicht gerade Lieblingsthemen der wissenschaftsnahen Twitteria, löste eine spürbare Erschütterung der Macht aus.

Entsprechend wenig ernsthaft wurde sich auch mit dem Inhalt des Artikels auseinandergesetzt:

Angespornt von der Boulevardpresse wollten die öffentlich-rechtlichen Medien offenbar nicht mit leeren Händen dastehen und legten nach:

Auch hier ließen die sarkastischen Reaktionen nicht lange auf sich warten:

Das ZDF hat sich zur Kritik auf Twitter bislang nicht geäußert – ob die Sterne nicht richtig stehen?

Schlafloses Datensammeln

Als Social-Media-Manager in Elternzeitvertretung hat mir ein Zufallsfund auf Twitter einen wissenschaftlich wertvollen Blick auf das geliefert, was sich „auf der anderen Seite“ abspielt: Ein Vater hat die Wach- und Schlafzeiten seiner neugeborenen Tochter minutengenau erfasst und zu einer wunderschönen Visualisierung verarbeitet.

Die gute Nachricht: im Großen und Ganzen hat das Baby in der Nacht geschlafen (oberes rechtes Drittel des Diagramms). Kurze Schlaf- und Wachphasen sind hingegen scheinbar zufällig über den Tag verteilt. Eine kuriose „Inversion“ fand offenbar im ersten Monat statt: Nach einigen Tagen war das kleine Mädchen für wenige Wochen überwiegend in der Nacht wach und hat am Tag geschlafen (blauer Halbbogen links der Mitte). Danach stellte sich der Rhythmus wieder auf das übliche Tag-Nacht-Verhältnis ein.

Eine spannende Analse, die für mich vor allem eine Frage mit sich bringt: Wie behält man in so einer Situation bloß die Nerven, diese Daten so gewissenhaft zu erfassen?

Die Kolumne

Die Kolumne „Augenspiegel – Webfundstücke rund um die Wissenschaft“ erscheint regelmäßig im Blogportal der Helmholtz-Gemeinschaft. Darin stellt Henning Krause, Social Media Manager in der Helmholtz-Geschäftsstelle, Fundstücke aus Web 1.0 und 2.0 vor, die zeigen, wie sich der gesellschaftliche Diskurs um Wissenschaft im Internet abspielt: neue Kommunikationsformen, neue Technologien und Kommunikationskulturen in Blogs, Apps, und sozialen Netzwerken, wo sich Internet-Meme, Shitstorms und virale Inhalte abspielen.

Von Oktober bis Februar 2016/17 erscheint stattdessen in loser Folge das Spiegelauge von Michael Büker. Dabei geht es ebenfalls um Wissenschaftliches, Kurioses und Bemerkenswertes aus dem Netz.

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