Klar Soweit? No.25 – Alles auf Zucker

Wissenschaftscomic Zucker gesundheitsschädlich Zuckersucht Diabetes Insulinresistens Metabolisches Syndrom
Klar Soweit? No.25 | Bild: Veronika Mischitz/Helmholtz-Gemeinschaft

Herzlich willkommen zur 25. Ausgabe von Klar Soweit?  – dem Helmholtz-Wissenschaftscomic. Die Geschichte des Haushaltszuckers liest sich stellenweise wie ein Grisham-Thriller. Bereits in den 1970er und 80er Jahren warnten Autoren wie John S. Yudkin vor dem übermäßigen Konsum von Sacccharose (Haushaltszucker) aufgrund schwerer gesundheitlicher Einschränkungen, die sich daraus ergeben könnten. Es gelang der Lebensmittelindustrie allerdings, den Fokus auf Fett als Ursache von „Zivilisationskrankheiten“ zu lenken. Low Fat galt lange Zeit als Devise und der Zucker war vergessen.

2003 erarbeitete die WHO ein Strategiepapier, das ganz klare Obergrenzen für die täglich konsumierte Zuckermenge vorsah. Glaubt man der – in diesem Video (ZDF Zoom – Süß und Gefährlich | 2013) zitierten – Lobby-Forscherin Christine Kearns, liefen die Zuckerverbände und -produzenten gemeinsam mit Senatoren und Politikern aus dem amerikanischen Gesundheitsministerium dagegen Sturm. Sie entwickelten den sogenannten „WHO-War-Plan“. Die Empfehlung kam wieder vom Tisch – vorerst.

Knapp 12 Jahre später, nachdem die gesundheitsschädigenden Effekte stark erhöhten Zuckerkonsums (allen voran Haushaltszucker und Glucose-Fructose-Sirup), immer weitreichender erforscht wurden, spricht sich die WHO 2015 ganz deutlich dafür aus, den täglichen Zuckerkonsum auf maximal 25 Gramm zu beschränken. Ist den Zucker wirklich so gefährlich und nehmen wir tatsächlich ein solches Übermaß zu uns, dass derartige Beschränkungen notwendig sind?

Wissenschaftscomic Zucker gesundheitsschädlich Zuckersucht Diabetes Insulinresistens Metabolisches Syndrom

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Wissenschaftscomic Zucker gesundheitsschädlich Zuckersucht Diabetes Insulinresistens Metabolisches Syndrom
Helmholtz-Wissenschaftscomic No.25 | Bilder: Veronika Mischitz/Helmholtz-Gemeinschaft, CC-BY-ND 4.0

Übermäßiger Zuckerkonsum und seine massiven gesundheitlichen Folgen sind also schon lange kein anglo-amerikanisches Problem mehr. Wer sich aufmerksam auf Schulhöfen, Spielplätzen und in Innenstädten umsieht, findet bei uns viele Beispiele für eine Generation an Eltern (und Kindern), die Cola, Säfte, Fruchtzwerge, Chips und Milchschnitten für ausgewogene Kost hält – frisches Obst und Gemüse aber kaum noch auf den Tisch bringt. Die deutschen Zucker- und Lebensmittelverbände versuchen derweil nach Kräften, Bedenken zu zerstreuen. Das bisschen Zucker wird schon nicht gefährlich sein…

Vermeintlich unabhängige Organisationen wie EUFIC (European Food Information Council) veröffentlichen überraschend kritische Beiträge zum Thema Zucker und zu seinem Gefahrenpotenzial, stehen allerdings auch auf der „Gehaltsliste“ von Konzernen wie Coca Cola, Ferrero, Pepsi, Nestlé, Mars und Co. Do the math.

 

EDIT: Wir sind keine Ärzte/Ernährungsberater und sehen daher an dieser Stelle von Ernährungstips ab. Alle Interessierten verweisen wir gerne auf die Aktion Projekt Zuckerfrei der Hamburger Gesundheitswissenschaftlerin und Bloggerin Hanna Frey. Dort gibt es neben aktivem Austausch auch viele Rezepte, weiterführende Literatur und Tips für eine nachhaltige Umstellung der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten.

 

Quellen

Am besten macht man sich wie immer sein eigenes Bild. Wir haben einige interessante weiterführende Links zusammengetragen:

Über den Comic

Der Helmholtz-Wissenschaftscomic „Klar soweit?“ erscheint einmal im Monat in den Helmholtz Blogs. Die Zeichnungen von Veronika Mischitz, aka Frau Kirschvogel, stellen Themen des aktuellen Diskurses um die Wissenschaft und Forschung dar – mal kommentierend, mal witzig – mal erzählend, mal erklärend. Die Creative Commons-Lizenz, unter der die Comics stehen, ermöglicht das Teilen und Weiterverwenden der Zeichnungen, solange Urheber und Lizenz genannt werden. Wir freuen uns über eine angeregte Diskussion in den Kommentaren unter den einzelnen Comics. „Klar soweit?“ ist auf der Comic-Seite www.helmholtz.de/comic zu finden und als RSS-Feed abonnierbar. Nutzer der Plattform App.Net können sich per Push-Benachrichtigung über neu erscheinenden Comics auf mobilen Geräten informieren lassen.

Leser:innenkommentare (12)

  1. Julia

    Hallo, das ist ein wirklich schönes Comic.
    Leider ist der Inhalt nicht ganz korrekt, denn 1 Glas 100%iger Orangensaft hat keinen (wie es in dem Comic stet) „künstlich zugefügten Zucker“. Der enthalte Zucker stammt aus der NATÜRLICHE Süße der Frucht!

    Zugeführter Zucker steckt nur in Fruchtsaftnektar (ca. 25-50% Fruchtgehalt) und in Fruchtsaftgetränken.
    Aus diesem Grund sind 100% Fruchtsäfte zu bevorzugen.

    Vielleicht kann man diesen Vergleich und diese Angaben in dem Comic korrigieren.

    Gruß, Julia

    1. Frau Kirschvogel

      Hallo Julia,

      vielen Dank für deinen Kommentar. Ich bin unsere Texte noch einmal durchgegangen und kann die Stelle nicht finden, auf die du dich beziehst, da wir lediglich erwähnen, dass die Lebensmittel größtenteils (aber nicht immer) zugefügte Zucker enthalten.

      Warum steht der 100%ige Orangensaft trotzdem auf unserer „roten Liste“ und warum eignet er sich so gut für einen Vergleich (Wie im Comic auf Seite 2)?

      Fruchtsäfte sind verarbeitete Lebensmittel, dass heißt, der enthaltene Zucker liegt in isolierter Form vor und unterscheidet sich weder molekular noch stoffwechselphysiologisch von Haushaltszucker (Saccharose). Für die Verwertung im Körper ist es also völlig unerheblich, ob der Zucker ursprünglich irgendwann mal aus Früchten stammte. Er gelangt als Gemisch aus Glucose und Fructose im Verhältnis 1:1 ins Blut und das ziemlich schnell, da die Ballaststoffe aus der Frucht fehlen. Da Fruchtsäfte natürlicherweise sehr viel Zucker enthalten ( 1 Glas von knapp 200 ml Orangensaft ca. 18 g, 1 Glas Bio-Apfel-Direktsaft bis zu 20 g), kommt man schnell auf einen ähnlich hohen Zuckergehalt wie z.B. bei einem Glas Cola.

      Trotzdem haben Fruchtsäfte ein gutes, gesundes Image aufgrund der Vitamine, Mineralstoffe etc. die darin auch enthalten sind. Jeder Arzt wird dir allerdings raten, Fruchtsäfte ebenso wie gesüßte Getränke vom Speiseplan zu streichen und stattdessen lieber frisches Obst und Gemüse zu essen, denn die darin enthaltenen Ballaststoffe sorgen dafür, dass der Körper nicht mit der ganzen Zuckermenge auf einen Schlag „überschwemmt“ wird.

      Herzlichen Gruß
      Frau Kirschvogel

      1. Julia

        Hallo Frau Kirschvogel,

        vielen Dank für die schnelle Antwort.
        Dem was sie zum Thema Zucker geschrieben haben, stimme ich zu.

        Im Comic neben der Darstellung mit den Zuckerwürfeln steht „Die Angaben in Zuckerwürfeln beziehen sich auf künstlich zugefügten Zucker“ – und genau das ist nicht korrekt formuliert. Denn 100%iger Fruchtsaft (Direktsaft oder aus Konzentrat) enthält keinen KÜNSTLICH zugefügten Zucker, sondern nur den Fruchtzucker, der natürlich in der jeweiligen Frucht enthalten ist. Dies ist gesetzlich streng festgelegt! Daher ist der selbstgespresste Fruchtsaft bezüglich des Zuckeranteils nicht „besser“.

        Lediglich diese Angabe im Comic ist nicht korrekt. Wenn man den Fruchtzuckergehalt von Saft (100%ig, Direktsaft oder aus Konzentrat) auf Zuckerwürfel umrechnet, mag die Angabe im Comic richtig sein – künstlich zugefügt ist der Zucker trotzdem nicht.

        Freundliche Grüße,
        Julia Mai

        1. Frau Kirschvogel

          Ah, jetzt! Da stimme ich dir zu. Das ist tatsächlich missverständlich formuliert. Wir werden das so schnell wie möglich ergänzen/abändern.

          Herzlichen Dank!

  2. 3 tolle Infografiken - Zuckermonster

    […] Helmholtz Gesellschaft hat 3 schöne und informative Info-Grafiken zum Thema Zucker veröffentlicht:   […]

  3. Skinci

    Und wieder ein genialer Comic!

    Ein wenig schockierend für mich, wie viel Zucker doch reingemogelt wird…
    Alle paar Wochen gibt es schonmal ’nen Schokoriegel (bzw. dann auch gleich mehrere hintereinander) und ich spüre das sucht-ähnliche Verhalten innerhalb von Sekunden wie mein Körper mehr davon fordert.
    Während gewöhnliche Süßigkeiten die Ausnahme für mich darstellen, die Situation mit dem Orangensaft macht mich besonders nachdenklich. Ich habe rausgelesen, dass die Fruchtzucker, obwohl derselbe Name, sehr unterschiedlich sein können. Der Fruchtzucker im Obst unterscheidet sich also deutlich vom industriellem Fruchtzucker ? Somit kann ich meinen selbstgepressten Orangensaft nährstoffmäßig überhaupt nicht mit einem Orangensaft aus dem Supermarkt vergleichen ?
    100% Orangensaft (oder auch anderer Saft) sagt also nicht wirklich etwas aus ?
    Kann ich denn den Richtwerten auf den Produkten auch nicht vertrauen ? Bei 6 Zuckerwürfel pro Glas, müsste ja bei den „Daily Intake“ Angaben etwa ungefähr 70% stehen, oder ?
    Sehe gerade, dass 17.2g Zucker als 19% der täglichen Einnahme (in Australien) deklariert werden. Zusätzlich noch mit 5 von 5 Health-Stars ausgezeichnet werden und somit auf einer Stufe mit Brokki stehen.. ?!?

    1. Frau Kirschvogel

      Vielen Dank für dein positives Feedback!

      (Bei Details zum Thema Fruchtsäfte verweise ich an dieser Stelle ergänzend auf meine Antwort zum ersten Kommentar.) Fructose bleibt Fructose und Glucose bleibt Glucose – egal ob ursprünglich aus Früchten, Haushaltszucker oder Glucose-Fructose-Sirup stammend. Der Unterschied liegt laut aktuellem Kenntnisstand darin, ob die Zucker in isolierter Form gegessen/getrunken werden oder in Assoziation mit z.B. Ballaststoffen.

      Trinkst du ein Glas Saft oder Limonade, konsumierst du isolierte Kohlenhydrate. Isst du dagegen eine Orange oder einen Apfel, konsumierst du auch einen bestimmten Anteil an Ballaststoffen, die die Aufnahme der Kohlenhydrate ins Blut verlangsamen – der Insulinspiegel wird langsamer ansteigen und auch die Leber hat mehr Zeit, die Kohlenhydrate zu verstoffwechseln.

      Es spricht aber – und das ist meine persönliche Meinung – nichts gegen einen Schokoriegel oder ein Glas Saft ab und zu. Nur sind Säfte und Schorlen keine geeigneten Durstlöscher und sollten weder regelmäßig noch in großen Mengen verzehrt werden.

      Bei den Angaben auf Verpackungen bin ich grundsätzlich skeptisch. Da hinterfrage ich sofort, woher diese Empfehlungen eigentlich kommen und welche Motivation dahinter steht. Die „Obergrenze“ der WHO ist relativ neu und sehr streng ausgelegt. Das kommt nicht von ungefähr. Die von dir zitierten Prozentangaben scheinen sich eher auf den Anteil zu beziehen, denn wir im Durchschnitt tatsächlich aktuell konsumieren, und der viel zu hoch ist. Kann man sich als Hersteller wunderbar zurechinterpretieren, oder? :)

      Herzlichen Gruß.

      1. Skinci

        Ah genau so stand es da auch wo ich es gelesen hatte. Mir war nur unklar ob isoliert meinen sollte „von Rest getrennt“ oder „Moleküle werden isoliert (wie beim Hausbau)“.

        Stimmt, wobei die Abgewöhnung zur Gewohnheit wurde. Finde es tatsächlich einfacher es so gut wie ganz wegzulassen, anstatt mich nach einem Riegel zu stoppen, nicht die ganze Packung zu leeren (was eher schlecht als recht funktionierte).

        Ein Nutellabrot oder Joghurt sind dann meine Süßigkeiten, die ich ab und zu genieße.

        Habe mal eben nachgesehen, Australiens Empfehlung ist es 90g Zucker pro Tag einzunehmen. Das sind fast 16% deren täglichen Energiezufuhr.
        Aber hier machen Pommes auch einen Großteil der Tiefkühlgemüseabteilung aus. ^^

  4. Christian Weiten

    Also das ist ja echt toll! Ich habe noch nirgends eine bessere und schönere kurze Erläuterung gesehen, großes Lob. Die Zeichnung, der Text, alles top.
    Schade finde ich nur, dass ihr nicht wenigstens in einem Nebensatz erwähnt, dass man süß ohne Zucker durchaus genießen kann: mit dem natürlichen Süßungsmittel Erythrit, das zwar nur ca. 70 % der Süßkraft hat, aber dafür kalorienfrei ist, also nicht den Blutzucker erhöht.
    Zuckerfreie Grüße,
    Christian Weiten

    1. Frau Kirschvogel

      Hallo Christian,

      vielen Dank für deine Rückmeldung! Wir haben uns an dieser Stelle bewusst gegen Empfehlungen entschieden. Wir sind keine Ärzte/Physiologen und sehen uns daher nicht in der fachlichen Position, Ernährungstips an Leser herauszugeben. Vielmehr möchten wir die wissenschaftlichen Grundlagen herausarbeiten, für Themen sensibilisieren und zum Diskurs anregen. Und natürlich behalten wir uns auf dieser Grundlage vor, nicht für Produkte und Hersteller zu werben. :) Austausch und Ergänzungen in den Kommentaren sind allerdings jederzeit willkommen.

      Ich habe gesehen, dass ein Absatz im Text fehlt, der auf die Aktion Zuckerfrei verweist und verlinkt. Das werde ich ergänzen. Denn auf dem Blog von Ernährungsberatern finden Leser kompetente Informationen rund um das Thema Ersatz und Vermeidung von Zucker.

      Herzlichen Gruß
      Frau Kirschvogel

  5. Richard Jansen

    Der einzige Haken an der verlinkten deutschen Übersetzung/Zusammenfassung des Vortrags von Dr. Lustig:
    Dessen Seitenbetreiber nutzt selbigen Vortrag zum „empfehlen“ der Paleo-Diät (da auch der Vortrag von Dr. Lustig am Ende mehr oder weniger unkritisch auf diese Diät verweist).
    Auch wenn ich nachvollziehen kann, dass es sicher nicht einfach war, eine vernünftige Übersetzung ins deutsche zu finden, betrachte ich diesen Sachverhalt als kritisch, jedoch nicht zwingend problematisch, da sich die verlinkte Seite unerwartet selbstkritisch (insbesondere gegenüber Esoterischen Strömungen) und undogmatisch gibt.

    Wie Sie mit diesem Hinweis umgehen, ist natürlich Ihnen überlassen. Da ich nicht weiß, wie kritisch Sie das selbst bewerten, möchte ich Sie daher bitten die Seite noch mal zu überprüfen und bei tatsächlichem Bedarf nachzubessern.

    1. Frau Kirschvogel

      Hallo Herr Jansen,

      vielen Dank für Ihren Hinweis. Dass auf einigen der verlinkten Seiten ernährungsrelevante Themen (Clean Eating, Paleo etc.) behandelt werden, ist uns bewusst. Hier steht der Informationswert des jeweils verlinkten Artikels für uns nach reiflicher Abwägung allerdings über dieser Tatsache. Wir distanzieren uns im Impressum des Blogs allgemein von den externen Inhalten und gehen im Begleittext dieses Comics explizit nochmal darauf ein, dass wir uns nicht als Ernährungsberater verstehen und daher weder bestimmte Diäten empfehlen oder ausschließen, sondern vielmehr wissenschaftliche Grundlagen aufarbeiten.

      Wir sind überzeugt, dass unsere Leser verlinkte Inhalte ebenso kritisch hinterfragen wie unsere eigenen Beiträge und daher Ernährungstrends, Diäten und Strömungen eigenverantwortlich bewerten können.

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