Die ersten Eindrücke
Hallo in die Runde,
Wir schon wieder, denn von nun an haben wir hier die Verantwortung. Wer wir überhaupt sind und was wir hier machen, wollen wir in den nächsten Beiträgen genauer erzählen, aber vielleicht schon mal so viel: Eva, unsere Köchin, steht seit wir hier sind ununterbrochen in der Küche und liest jedem die Wünsche von den Lippen ab. Peter, unser Teamleiter und Stationsarzt hat hier inzwischen eine Landarztpraxis eingerichtet und bietet nun Kuren an, nebenbei hat er sein e-Schlagzeug aufgebaut und übt für die noch zu gründende Neumayer-Band. Motor-Martin, unser Betriebsingenieur, hat alles im Griff von Frischwasser bis zur Energieversorgung. Genauso wie Bernd, der Blitz, unser Elektriker, der unsere Skidoos fahrtüchtig hält und gern Knöpfe drückt. Unserem Funker Markus sollte ein Feldbett im Funkbüro aufgestellt werden, er ist immer an Ort und Stelle und antwortet, wenn jemand Neumayer ruft. Lukas, unser Meteorologe, macht unerschöpflich alle 3h Wetterbeobachtungen und versorgt uns mit dem gewünschten Wetter. Unser Team der Geophysik besteht aus Nora und Felix, die abwechselnd im magnetischen Observatorium verschwinden und auf Traverse fahren. Nellie, unsere Luftchemikerin stapft bei jedem Wind und Wetter hinaus zum Spurenstoffobservatorium und versucht alle Fahrzeuge soweit wie möglich von diesem fernzuhalten, um eine Kontamination zu vermeiden. Und Achtung, Überraschung, wer mitgezählt hat, wundert sich jetzt, denn wir haben noch ein zehntes Teammitglied: Laser-Martin, unser sogenannter Projekt-Üwi, hat durch einen Projektzuschlag die Möglichkeit bekommen an Neumayer einen Messcontainer für Wolken- und Aerosol-Fernerkundung aufzustellen, welcher für ein Jahr wissenschaftliche Daten sammeln wird und uns nebenbei gratis nächtliche Lasershows bietet.

Verrückt, diese Station auf dem Eis. Wenn man drinnen ist, könnte man fast vergessen, wo man sich eigentlich befindet! Das Wasser kommt fließend und warm aus der Leitung, die Klospülung ist auch nicht anders als daheim (nur, dass wir hier mit Filtratwasser spülen, wodurch das Wasser immer leicht bräunlich erscheint). Man hat beheizte Zimmer, es gibt eine Sauna (!) und eine gemütliche Lounge, leckeren Kaffee und gutes Essen. Nur wenn der Blick in Richtung Fenster geht, wird man auf einmal daran erinnert, wo man sich eigentlich grade befindet. Egal ob bewölkt oder sonnig draußen, man wird geblendet, denn an den reflektierenden Schnee gewöhnen sich die Augen nur langsam.

Während wir uns hier einlebten, ging um uns herum der Trubel der Sommersaison weiter. Mit Spannung verfolgten wir, wie das Sommer-Technik-Team die neue Windkraftanlage aufstellte, neue Filtratleitungen verlegte und Container von A nach B transportierte. Unsere Geophysiker:innen fuhren auf ihre ersten Traversen zu verschiedenen Messstationen.

Mehrere wissenschaftliche Arbeitsgruppen waren vor Ort, um diverse Messungen durchzuführen, neue Messinstrumente auszuprobieren oder Proben zu nehmen. Stürme ziehen auf und vergehen, die Sonne geht inzwischen schon wieder unter und färbt den Himmel abends in den schönsten Rot- und Orangetönen. Nachts wird es mittlerweile schon so dunkel, dass wir in der Station auch mal Licht anmachen.


Die Pinguine verschwanden im Meer, wo sie sich dick und fett fressen, damit sie den Winter auf dem Eis ohne weitere Nahrungsaufnahme überleben können. Das Meereis brach vollständig auf, wodurch das Blau der Atkabucht jetzt auch von unseren Büros aus sichtbar ist. Die Tage wurden merklich kürzer und die Temperaturen niedriger. In klaren Nächten wurden erste Polarlichter gesichtet. Mit dem Ende der Sommersaison kehrte bei uns also so etwas wie Herbststimmung ein.
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Und dann ging doch plötzlich alles ganz schnell. Kisten wurden verstaut, Taschen gepackt, das Dröhnen der Staubsauger surrte über die Gänge und mischte sich unter die allgemeine Aufbruchstimmung. Die große Abreise der Sommergäste rückte näher und näher. Und dann standen wir auch schon da, zehn Menschen in Polarkleidung, winkend, etwas ungläubig dem letzten Flugzeug nachschauend bis das Summen der Motoren in der Ferne verstummte. Das weshalb wir hier sind hatte nun wirklich begonnen: unsere Überwinterung.

Nun, wie fühlt es sich an über 3000 km entfernt von der nächsten Zivilisation auf Schelfeis zu stehen und zu wissen, dass das nächste Flugzeug erst in 8 Monaten wiederkommen wird und wir bis dahin für uns und die Station selbst verantwortlich sein werden? Für uns, eine Mischung aus Respekt vor den bevorstehenden Aufgaben und Herausforderungen, Vorfreude auf die kommenden Erlebnisse, Wehmut über die Abreise der uns liebgewonnenen Menschen, aber auch Erleichterung über die nun einkehrende Ruhe. Ihr könnt euch das in etwa so vorstellen, wie das Gefühl nach einer großen Feier, wenn die letzten Gäste nach Hause gegangen sind, Ruhe in der Wohnung einkehrt und man glücklich und erschöpft aufs Sofa fallen und für einen kurzen Moment die Beine hochlegen kann.
In der Zwischenzeit haben wir uns bestens in der Isolation eingerichtet und genießen sehr die letzten hellen Tage, bevor es mit großen Schritten auf die Polarnacht zugehen wird.
Mehr über uns und was wir hier so tun, lest ihr in unseren nächsten Beiträgen. Bis dahin, allerliebste Grüße aus dem Süden,
Euer 43. ÜWI-Team







Leser:innenkommentare (5)
Corinna Siefke
….ich freue mich schon auf die Fortsetzung:)…
Olaf Wiegand
Liebes Überwinterer-Team an der Neumayer-Station III,
es ist total spannend, was Sie von Ihrer Arbeit berichten. Das wäre es auch ganz besonders für die Schülerinnen und Schüler unserer Schule. Ich habe gelesen, dass Sie mit Kindern darüber sprechen:
https://ruhrpottkids.com/termine-tipps-und-trends/klimageschichten-erzaehlen-AWI/
Vielleicht demnächst auch einmal mit denen unserer Schule? Das würde unsere Schüler/-innen und unsere Lehrkräfte sehr freuen. Und den Schulleiter natürlich auch. :-)
Olaf Wiegand
Schulleiter
Albrecht-Dürer-Gymnasium
Heinitzstraße 73
58097 Hagen
Tel. 02331 – 8 12 94
Fax 02331 – 8 45 89
http://www.ad-hagen.de
Herzliche Grüße sendet und Ihnen und ganz besonders Peter Frölich
Olaf Wiegand
Detlef
Hi Leute.
Das klingt nach Abenteuer. Wie läufts aktuell? Wie viele seid Ihr auf der Station? Und was macht die Psyche im langen Winter? Habt viel Spaß. Gibts geile Partys? Kann mir das alles kaum vorstellen. Berichtet mal bitte.
Liebe Grüße und fingers crossed
Detlef
Lukas
Hi Detlef,
bei uns läuft es bestens und die Stimmung ist super. Der nächste Blogbeitrag kommt bald. So viel kann ich schon verraten: Es werden einige deiner Fragen beantwortet werden.
Liebe Grüße aus dem Süden
Nesrin
Hello,
voller Bewunderung hab ich euer Beitrag gelesen. Ich hoffe ihr habt eine schöne Zeit und Ruckzuck ist der Sommer da.
Wie sieht euer Alltag aus was macht ihr so? Keine Ahnung ich kann mir das garnicht vorstellen so abgeschieden und alleine. Mega mutig von euch allen. Wie trifft man so eine Entscheidung ?
So ich bin dann mal Weck…
Welche Altersgruppe ist euer Team?
Ich könnte noch mehr fragen stellen aber das nervt bestimmt …. Na ja eins weiß ich ihr verpasst nichts. Ich wünsche euch eine SGSDEGZA (Supergrasseschönedufteerleuchtendegesundezufriedeneangenehme) Zeit.
Schöne Grüße
Nesrin Kramer