PALAOA – Was man so im Wasser hört

Spektrogramm (Theresa Thoma)

PALAOA ist das Hydroakustik-Observatorium, oder anders gesagt: Ein spezielles Unterwassermikrofon, genannt Hydrophon, lauscht unter dem Schelfeis und nimmt die Rufe von Robben und Walen auf. Es ist das Langzeit-Observatorium der Ocean Acoustics Group am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven.

Ganz in der Nähe vom „Nordanleger“, dort wo die Polarstern im Januar angelegt hat, befindet sich das Hydrophon. Es ist schon im Jahr 2005 durch das Schelfeis ins Meer gelassen worden. Auf der AWI-Webseite gibt es eine frühere Pressemitteilung mit Informationen zu PALAOA. (Link: https://www.awi.de/ueber-uns/service/presse/presse-detailansicht/weltweit-einmalige-unterwasser-horchstation-palaoa-feiert-fuenfjaehrigen-geburtstag-live-toene-von-robben-und-walen-aus-der-antarktis.html). Wen das Thema Wale, Geräusche im polaren Meer und ähnliches interessiert, der kann auf der Seite der Ocean Acoustics Group noch weiter lesen (Link: https://www.awi.de/en/science/climate-sciences/physical-oceanography/main-research-focus/ocean-acoustics-group.html).

Die Speicherkarten und Akkus in der Aufzeichnungsbox müssen alle zwei, drei Monate getauscht werden, das gehört als Funkerin zu meinem Aufgabenbereich. Mein Vorgänger und ich haben uns dazu einen schönen fast windstillen Tag Mitte Februar für den Ausflug ausgeguckt. Die Vorbereitungen fingen schon ein paar Tage vorher an: Beim Elektriker frisch geladene Akkus bestellen, die Aufzeichnungsbox samt Speicherkarten (die immer mit der anderen getauscht wird) überprüfen, das GPS für die Zeitsynchronisation aufladen, Werkzeug zusammensuchen und bei der Technik nachfragen, welchen Pistenbully wir haben können.

Am Morgen der Abfahrt haben wir dann die Speicherkarten, Akkus (sauschwere Dinger!), Werkzeug, ein paar Schaufeln und etwas Proviant in den Bully geladen und sind mit 13 km/h „losgedüst“. Die Anfahrt zu PALAOA dauert mit dem Bully etwa eineinhalb Stunden. Auf dem Weg gab es einen guten Ausblick auf die Eisberge, die dank Luftspiegelungen teilweise über dem Horizont zu schweben schienen. Das nenne ich mal einen Arbeitsweg!

An PALAOA angekommen haben wir den Bully als Windschutz nebenan geparkt und die Schaufeln ausgepackt. Dank der Markierung durch Bambusstangen haben wir die Stelle schnell gefunden und konnten uns ans Werk machen: buddeln, bis wir auf die Holzplatte stoßen, die die Kiste mit dem Aufzeichnungsgerät abdeckt. Die Kiste haben wir dann vorsichtig aufgemacht, das alte Aufzeichnungsgerät ausgeschaltet und rausgeholt und anschließend die Akkus ausgetauscht. Als der neue Strom drin war, haben wir das andere Gerät mit den frischen Speicherkarten darauf gebettet und eingeschaltet. Kiste zu, Brett drauf, Schnee wieder drüber und das war es auch schon. Klingt nicht nach viel, aber mit den dicken Polaranzügen und Handschuhen sind auch eigentlich einfache Tätigkeiten plötzlich viel langwieriger, schwieriger und anstrengender.

Dann sind wir noch einmal das Hydrophon-Kabel abgegangen, von der Kiste bis zu dem Punkt, wo es im Eis verschwindet. Das Kabel sah gut aus, es spricht also nichts dagegen, PALAOA die nächsten Monate wieder alleine aufzeichnen zu lassen.

Nach einem „Picknick am Strand“ (einer 5-Minuten-Terrine, Tee und Kekse) wurde es dann trotz warmer Stiefel und Handschuhe irgendwann kalt, also haben wir uns wieder auf den Rückweg gemacht. Wieder zu Hause angekommen haben wir die wertvolle Fracht der Speicherkarten und die alten Akkus in die Station gebracht.

Erst einige Tage später sind wir bei schlechtem Wetter mal dazu gekommen die Speicherkarten auch tatsächlich auszulesen. Spannend: Man hört echt jede Menge Tiere. Die meisten klingen fast außerirdisch… Ich habe mich mal einen Nachmittag damit beschäftigt, spannende Stellen genauer anzuschauen und herauszufinden, was man da eigentlich so hört.

Eine grobe Idee, wann was los ist, bekommt man, wenn man die Aufnahmen in einem beliebigen Programm aufmacht, das anzeigt, wo es laut und wo es leise ist. Da kann man dann gezielt reinhören. Was man da hört, kann man aber an der Amplitude, also der Lautstärke, nicht erkennen. Durch einen Tipp bin ich darauf gekommen, sich mal das Spektrogramm (also die Tonfrequenzen) als Bild anzuschauen, um eine Zuordnung der Tiere zu ermöglichen. Leise Töne sind blau, rot ist mittellaut und weiß ist ganz laut. Dabei werden tiefe Töne, zum Beispiel ein dunkles Brummen, unten gezeichnet, ein hohes Pfeifen würde weiter oben im Spektrogramm auftauchen.

Und tatsächlich, einige Tiere sind dort ganz eindeutig zu erkennen. Am markantesten fand ich die Rossrobbe, deren Sirenengeheul ein sehr eindeutiges Spektrogramm zeichnet. Man erkennt sehr schön, wie die roten und weißen Linien immer wieder hoch und runter gehen, und das ist auch das, was man als „Sirene“ hört.

Ausschnitt aus Amplitude und Spektrogramm passend zu dem kleinen Tonausschnitt (Theresa Thoma)

 

Mit ein bisschen Unterstützung von einer Biologin vom AWI, die sich schon lange mit marinen Klängen beschäftigt, habe ich einige Ausschnitte zuordnen können. Das hier sind ein paar der Highlights:

Weddellrobbe:

Spektrogramm Weddelrobbe (Theresa Thoma)

Buckelwale:

Spektrogramm Buckelwale (Theresa Thoma)

Brechendes Eis:

Spektrogramm brechendes Eis (Theresa Thoma)

Rossrobbe:

Spektrogramm Rossrobbe (Theresa Thoma)

Seeleopard:

Spektrogramm Seeleopard (Theresa Thoma)

Krabbenfresserrobbe:

Spektrogramm Krabbenfresserrobbe (Theresa Thoma)

Viele Grüße aus dem Eis auf dem Meer

Theresa

 

 

Leser:innenkommentare (16)

  1. Die Siegerländer

    Hallo!
    Wir sind mal wieder mehr wie begeistert über den Blogeintrag. Vorallem mit den Tonsequenzen. Man hat ein bisschen das Gefühl dabei sein zu dürfen ;-)
    Viel Spaß euch weiterhin!
    Alles Gute aus dem verregneten Siegerland

    Die Siegerländer

    1. Theresa

      Hallo ins Siegerland!
      Ja, ich habe auch das Gefühl mitten drin zu sein, wenn ich den Tieren zuhöre. Man ist irgendwie sogar noch näher dran, als wenn man nur eine Walflosse in der Ferne verschwindensieht.
      Grüße vom Schelfeis
      Theresa

  2. Christian Ruthenberg

    Moin,
    vielen Dank für den akustischen Einblick. Spannend und faszinierend diese unterschiedlichen Klänge. Wie ist denn PALAOA durch das Schelfeis gelangt? Ist das nicht sehr schwierig durch eine solch dicke Eisschicht zu kommen? Ich orientiere mich da an den Fotos von der Polarstern am Anleger. Da sieht das sehr dick aus, das Eis.

    Liebe Grüße aus dem Norden
    Christian

    1. Theresa

      Hallo Christsian,
      mit einem Heißwasserbohrer wurden die etwa 100m durch das Schelfeis „gebohrt“. Dort wurden dann die Hydrophone ins Meer hinunter gelassen.
      Grüße vom Eis auf dem Meer
      Theresa

  3. Frank DL6DBN

    Hallo von einem weiteren Siegerländer!

    Nachdem ich die Ankündigung des Blogeintrags in der QO-100-Funkverbindung zwischen Dir, Theresa (@DP0GVN), Felix und Andreas (@DP0POL/mm) mitbekommen hatte, habe ich ihn mit Spannung erwartet. Jetzt, da ich ihn lesen und vor allem hören kann, bin ich total begeistert und erstaunt, wie gut die Aufnahmen unter dem Eis werden. Mit dem technischen Verständnis als Funkamteur von Frequenz, Amplitude und Zeitstrahl lesen sich die Spektrogramme wie ein akustisches Bestimmungsbuch. So etwas wünschte ich mir von vielen Tieren. Danke!

    Vielleicht treffen wir uns einmal auf dem QO-100-Satelliten, und demnächst kann ich wieder auf die WSPR-Bake aus der Antarktis lauschen. Dem gesamten Überwinterungsteam auf Neumeyer III wünsche ich eine gute, forschungsreiche und gesunde Zeit. Und dem nächsten Beitrag im AtkaXpress fiebere ich schon entgegen.

    vy 55 es 73, Frank/DL6DBN

    1. Theresa

      Hallo Frank,
      freut mich, wenn ich bei den Wal- und Robbenrufen nicht zu viel versprochen habe, ich finde die auch total faszinierend. Ich war überrascht, wie viel man aus den Spektrogrammen heraus lesen kann und wie eindeutig sich da manche Tiere erkennen lassen.

      Ich bin nicht all zu oft, aber doch gelegentlich auf QO-100 unterwegs, mit ein bisschen Glück laufen wir uns da mal über den Weg. Dann können wir gerne ein Ründchen über PALAOA und co. reden, dann muss das Pile-Up eben ein bisschen warten ;-)

      Grüße aus dem Funkbüro
      Theresa

  4. Andreas Fuchs

    Hallo,
    coole Sache, unglaublich dass solche Geräusche nicht aus dem Synthesizer stammen. Als Otto-Normal-Sterblicher hat man sonst wohl kaum die Chance, so etwas in der Natur zu hören. Vielen Dank dafür.

    Grüße ans gesamte ÜWI-Team
    A. Fuchs

  5. Fritz OE3FZB

    Hallo Theresa, hallo Ihr ÜWI´s,
    endlich schaffe ich es auch mal, mich zeitnah für einen neuen Blog-Bericht zu bedanken.
    Schön, dass Du uns diesmal auf eine kleine akustische Reise in die antarktischen maritimen Welten mitgenommen hast – sehr interessant.
    Ich bin schon gespannt, worüber Ihr das nächste Mal berichtet. Und wie die Ernte in EDEN läuft. ;-)
    Alles Gute Euch in der finstersten Zeit des Antarktis-Jahres!

    Liebe Grüße aus Wien und Dir einfach 55 es 73,
    Fritz OE3FZB

  6. Jürgen Baßfeld

    Hallo Theresa und ÜWI-Team,
    wenn man schon nicht selbst vor Ort sein kann und die Eindrücke aufsaugen kann, so ist dies wieder ein toller Beitrag, der viele Eindrücke vermittelt. Arbeitet Ihr auch schon am Google Übersetzer für Walisch? Ich jedenfalls freue mich auf weitere Berichte dieser Art.

    Lasst es Euch gut gehen!
    Herzliche Grüße aus dem Schwabenland!
    Jürgen
    DL9SBT

  7. Lieven ON8HZ

    Hello Theresa,

    I hope it is no problem I post in English. Reading German is no problem, writing it however is less fluent…

    Thanks for the blog entry! Very interesting to hear the sound logs of PALAOA. I was not aware you can distinguish the various animals so clearly by analysing the spectrogram.

    Out of technical interest I have two questions. You mention it is a 1.5 hour drive to the location where the hydrophone is located, and that you need storage cards and batteries for multiple months of operation. I assume it is crucial to be certain that the logger is working fine when it it running all by itself. Is there any way for you to check that remotely? Is there a wireless link that tells you all is running fine?
    And you mention the accus you use are rechargeable. Could you please detail a bit more what type of rechargeable batteries survive the extreme weather conditions on Antarctica for multiple months to power the logger?

    Thanks a lot en keep up the good work.

    Best regards from Belgium,
    Lieven ON8HZ.

    1. Theresa

      Hello Lieven,

      no English is no Problem. If you (or somebody else) wants to read the blog entry in English, there is the British Flag in the top right corner where you can switch the language.

      PALAOA läuft wirklich völlig auf sich allein gestellt, nur beim Einschalten blinkt einmal eine LED. Die Technik ist gut erprobt und sehr zuverlässig, so dass wir die Station „auf gut Glück“ laufen lassen. Andere Außenstationen haben eine (WLAN-) Richtfunkstrecke oder setzen gelegentlich Statusmeldungen per Iridium ab. Diese Stationen haben aber zusätzlich zu Akkus dann meist noch eine eigene Windkraftanlage und/oder Solarpanele.

      PALAOA läuft mit vier Bleigel-Akkus mit jeweils 100 bis 125 Ah. Diese befinden sich gut eingepackt in der unteren Hälfte der PALAOA-Kiste, die wiederum wettergeschützt im Boden vergraben ist.

      Viele Grüße nach Belgien,
      Theresa DC1TH @ DP0GVN

  8. Franz

    Hallo,

    ich komme leider nicht so oft zum Kommentieren da dieser Blog meine Abendlektüre zum Einschlafen ist, und das mach ich idR vom Handy… und naja große Hände kleine Tasten Plus Müdigkeit und schwups wieder kein Kommentar da gelassen.

    Aber es sei gesagt; das ist hier richtig großes Kino und Stellenweise besser als so manche TV-Doku.

    Auf alle Fälle ist das hier mit den eingebetteten Audio und die dazugehörige Visualisierung erste Sahne.

    Also ganz dickes Lob an alle die hier mitwirken, ich bin jedesmal wirklich gut unterhalten.

    Grüße aus München

    Ps: Aus purer Neugier: ist zufällig Roland Emmerichs „The day after tomorrow“ in der Neumayer III Bordvideothek? Habt ihr Bordvideothek? 😄

    1. Theresa

      Hallo Franz,

      freut mich, wenn der Blog gefällt :-)

      Wir haben hier zwar eine Bordvideothek, aber „The day after tomorrow“ habe ich auf Anhieb nicht gefunden.

      Grüße in die Heimat
      Theresa

  9. Mario Kley

    Hallo Theresa,

    Ich habe gestern Abend sehr interessiert Dein QSO auf QO-100 mit der C28-Runde verfolgt und habe Deinen Hinweis auf diesen Blog notiert und heute beim Frühstück gleich mal die Sounds von unter dem Eis angehört. Einfach faszinierend kann ich dazu nur sagen.

    Vielen Dank das Du uns daran teilhaben läßt und auch nochmal Vielen Dank für den kurzen Funkkontakt am 7.Januar 2021 von Bord der Polarstern. Das war wirklich ein Highlight in meiner Funker-Karriere. Vielleicht klappt es ja nochmal mit DP0GVN ;-)

    Liebe Grüße und 73 de DO3JMK, Mario aus Brandenburg an der Havel

  10. Regina Hohmann

    Hallo Theresa,
    wir sind wieder begeistert über den Blogeintrag. Diese Tonsequenzen sind wirklich faszinierend. So etwas bekommt man sonst nie zu hören. Vielen Dank dafür!
    Herzliche Grüße aus Heidelberg,
    Regina

  11. Dorthe

    Vielen Dank für die tollen Blogs. Ich lese sie mit totaler Begeisterung und freue mich schon immer auf den nächsten Beitrag. Die Tonaufnahmen sind der Hammer! Gerne mehr davon.
    Liebe Grüße aus London.
    Dorthe

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