Servus zusammen …
Es ist November … normalerweise der Monat, in dem der Polartag beginnt, die Überwinterungsphase mit Isolation endet und in der ganzen Antarktis die Stationen in die hektische Betriebsamkeit der Sommersaison hinübergleiten. Flugzeuge und Schiffe kommen vorbei, Teams werden ausgetauscht, die neuen Teams eingewiesen, extra angereiste Forscher mit vielfältigen Forschungsgebieten drängen sich plötzlich auf den im Winter noch geräumigen Stationen. Doch nicht so in diesem Jahr … Antarktika schlummert noch. Der Tiefschlaf ist zwar vorbei, ab und zu öffnet Antarktika sogar schon die Augen und räkelt sich in der Sonne. Aber nur um dann gleich wieder in einen leichten Schlaf zu fallen … und dabei laut zu schnarchen, was sich für uns als Stürme und mieses Wetter darstellt. Kurzzeitige Schönwetterperioden von 2 Tagen werden von längeren Schlechtwetterperioden über 5-6 Tage immer wieder abgelöst. Jeder von uns möchte eigentlich gerne seine mehr oder minder dringlichen Außenarbeiten erledigen, aber immer wieder lässt dies das Wetter nicht zu. An den wenigen einigermaßen schönen Tagen können nur die dringlichen Außenarbeiten erledigt werden wie z.B. mit dem Pistenbully die großen Sastrugis abzutragen, die sich um die Station auftürmen infolge der sturmbedingten Schneeverwehungen. Oder um ausgefallene Richtfunkverbindungen und mechanische Probleme bei der Motorsteuerung der Satellitenempfangsanlage auf dem Dach zu reparieren. Eigentlich wollte ich unsere Trassen schon mit neuen Bambusstangen markiert haben, aber dazu hat die kurze Zeit mit schönem Wetter bisher nicht gereicht. Aber noch ist an den alten Bambusstangen ein kleiner Stoffrest der Flagge erhalten und weist im Wind flatternd den Weg … der Austausch der Stangen hat also noch Zeit.
In der Zwischenzeit befinden sich das norwegische und belgische Team bereits in Quarantäne und warten auf den Intercontinentalflug in die Antarktis. Vom zentralen Landeplatz im Dronning Maud Land auf Novo soll das belgische Team dann mit einer kleinen Basler DC3 zu der belgischen Station Princess Elisabeth weiterfliegen. Doch aktuell befindet sich die Basler noch in Rothera auf der westantarktischen Halbinsel, nachdem sie am 14.11.20 von Punta Arenas (die südlichste Großstadt Chile´s) Richtung Antarktika aufgebrochen war. Eigentlich sollte die Basler mit dem Flugpersonal von 4 Leuten weiter nach Novo mit einem geplanten Tankzwischenstopp bei uns fliegen. Das Wetter sah anfangs auch günstig aus, Mario hatte in den zwei Tagen davor bereits die 1500 Meter lange und 40 Meter breite Landepiste mit Pistenbully und Schneefräse präpariert, währenddessen ich die Piste beflaggt habe.

Panorama Flugfeld (Klaus Guba)
Zusätzlich stellten wir einen Wohncontainer in sicherem Abstand zur Station auf, falls das Flugzeug bei Wetterverschlechterung nicht weiterfliegen könnte, um den näheren Kontakt mit durchreisenden Personen zu vermeiden. Doch dann fing Antarktika wieder zu „schnarchen“ an … Sturm, Wolken, Schnee, Whiteout. Ich konnte gerade noch die Windfahne abbauen und das Flugfeld abflaggen, drei Bambusstangen waren schon gebrochen im Wind … Jetzt gibt´s erstmal 6 Tage Sturm mit im Wetterbericht vorausgesagten Windböen bis zu 75 Knoten. Am 22.11. soll das Wetter wieder besser werden, Mario wird also voraussichtlich am Sonntag wieder das Flugfeld von den Schneeverwehungen befreien und ich die Flugfeldflaggen samt Windfahne ausbringen. Hoffentlich bleibt das Wetterfenster dann auch so stabil, dass der kleine Flieger nach dem Auftanken direkt weiter nach Novo fliegen kann. Denn dort müsste dann inzwischen auch das belgische Team angekommen sein, nachdem es sich in Kapstadt aufgrund der Flugverzögerungen bereits fast drei Wochen in Quarantäne befunden hat … und sehnsüchtig auf den Weiterflug zu ihrer Station wartet. Vorausgesetzt das Landwetter bei der Princess Elisabeth Station ist noch ausreichend … Reisen in Antarktika ist definitiv unberechenbarer als sonst wo auf der Welt. Vor allem, wenn Antarktika „schnarcht“ …
Auch auf der anderen Seite des Kontinents gibt es schon Flugverkehr. Über meinen Messenger-Dienst hab ich Nachrichten und Bilder von Concordia, der französisch-italienischen Station erhalten … das neue Überwinterungsteam ist dort bereits am 15.11.20 nach einer Quarantänezeit in Hobart / Australien eingeflogen worden und hat frisches Obst mitgebracht. Und an der norwegischen Station Troll wird voraussichtlich auch am 22.11.20 das neue Team mit Frischproviant landen. Tja, bei uns dauert`s noch a wengerl … Wen es interessiert, im Internet finden sich zu allen oben erwähnten Stationen auch sehr schöne Bilder und Berichte.
Das derzeitige schlechte Wetter nutz ich inzwischen und bereite schon mal die Rückfracht vor. Ist eine gute Beschäftigung für Schlechtwetterperioden und muss ja auch irgendwann gemacht werden. Die geplante Rückfracht zusammensuchen, in Kisten packen, Frachtlisten und Packlisten anfertigen, Kisten beschriften … organisatorische Sachen, die relativ viel Zeit benötigen. Und bei schönem Wetter sind solche Sachen erst richtig nervig.

Rückfracht (Klaus Guba)
Und Blog schreiben ist bei schlechtem Wetter auch schön zur Ablenkung. Ich geh dabei immer in Gedanken die letzten Wochen durch und schau mir dabei natürlich auch Fotos an, die ich gemacht habe. Doch in den letzten drei Wochen hab ich kaum neue Fotos gemacht … ein guter Zeitpunkt, um nochmal die gesamten letzten 11 Monate Revue passieren zu lassen und dabei die Bilder der vergangenen Monate durchzuschauen, während der Sturm mit über 60 Knoten Windgeschwindigkeit mal wieder die Station durchrüttelt. Es ist viel passiert …
Ein Rückblick: Nordanleger Anfang Februar (Noah Trumpik), Pingus vor Schelfeiskante Anfang März (Wanderson de Almeida Santos), Mondaufgang am Ice-Rise Mitte März (Noah Trumpik), Der Himmel glüht Mitte März (Wanderson de Almeida Santos), Der Schnee glüht Mitte März (Wanderson de Almeida Santos), Kabause in Schneedrift Ende März (Wanderson de Almeida Santos), Eiskristalle am Fenster Ende März (Wanderson de Almeida Santos), Mond über Antarktika Mitte April (Wanderson de Almeida Santos), Noch geht die Sonne unter Anfang Mai (Mario Beyer), Grillparty bei minus 15 Grad Anfang Mai (Andreas Oblender), Mittags am Tag nach Midwinter (Noah Trumpik), Meereismessung Ende Juli (Roman Ackle), Meereismessung Mitte August (Wanderson de Almeida Santos), Schneedrift in der Garage Anfang August (Roman Ackle) und Abdichten der Garage Anfang August (Roman Ackle)
In den Kommentaren des Blogs wird immer wieder nach den anderen Teammitgliedern gefragt. Ich hab die Kommentare dazu in den Teamsitzungen immer wieder angesprochen, aber das Blogschreiben ist nicht jedermanns Sache. Zur Erleichterung habe ich einen kleinen Steckbrief angefertigt … und den ersten hab ich heut zurückbekommen:
Mario Beyer (Anna-Marie Jörss)
Steckbrief
Name: Mario Beyer
Position: Ingenieur und stellvertretender Stationsleiter
Ausbildung: Bau- und Möbeltischler, Schiffsmechaniker
Vorherige Arbeit: Traditioneller Holzbootsbau, Schiffsmechaniker, Schiffsbetriebstechniker
Lebensmittelpunkt: Stralsund / Dänholm
Pläne nach der Rückkehr: Urlaub und Häusle weiterbauen
Schönstes Erlebnis in Antarktika: Farbenspiel in der Polarnacht
Was hab ich am meisten vermisst? Die Ostsee
Bilder von der Arbeit:
Bilder: 10.000h Wartung Blockheizkraftwerk (Mario Beyer), 400h Wartung Bully (Mario Beyer), Vor Wartung der Kläranlage (Mario Beyer), Nach Wartung der Kläranlage (Mario Beyer), Bully tanken (Mario Beyer), Bully´s ausbuddeln (Mario Beyer), Ein Tag im Feld (Mario Beyer), Schnee räumen (Mario Beyer), Inspektion Hilux (Anna-Marie Jörss), Reparatur Hilux (Anna-Marie Jörss) und Monatliche Wartung Windkraftanlage (Anna-Marie Jörss)
Schaun ma mal, wann der nächste Steckbrief zurückkommt.
Bis zum nächsten Mal … bleibt´s gsund, viele Grüße an alle Blogleser und Extra-Grüße an unsere Familien und Lieblingsmenschen zuhause.
Peter Jonczyk
Klaus, wir machen uns schon bereit, euch abzulösen…😎
Übt euch schonmal, im Tragen des MNS. Das ist ja neu für Euch!
Danke für den super Beitrag 👍
Peter Jonczyk
ÜWI Team 2021
Klaus Guba
Servus Peter,
vom 22.11. bis 24.11. war eine Basler hier und die Flugzeugcrew hat in einer Quarantäne Kabause am Flugfeld übernachtet. Dabei haben wir schon mal das Tragen des MNS und social distancing geübt. Aber wenn ihr Mitte Januar ankommt ist das ja hoffentlich nicht nötig. Wir freun uns jedenfalls auf euch.
See you,
Klaus
uwe terzenbach
Hallo und Moin aus dem nasskalten norddeutschen Herbst !
ein Frühling ohne frisches Obst und Gemüse ist schon recht hart, aber der bevorstehende Sommer ohne die übliche Hektik und Betriebsamkeit ist bestimmt auch nicht zu verachten, zumindest in den Zeiten in denen Antarktica nicht „schnarchen“ sollte ;-) umso hektischer wird’s dann wenn die Polarstern samt Fracht und Ablösung eintrifft. Genießt also die verbleibende Zeit wann immer es geht.
Liebe Grüße vom ex-ÜWI: Uwe
Klaus Guba
Servus Uwe,
Obst aus Dosen schmeckt gar nicht so schlecht. Zusätzlich noch ein bisschen Salat aus EDEN, es lässt sich gut aushalten. Und ab morgen soll das Wetter endlich besser werden … wir werden die schönen Tage draussen geniessen, es gibt dort aber auch viel zu tun nach den Stürmen der letzten Tage. Und bis zur geplanten Ankunft der Polarstern sind es nur noch knappe 6 Wochen. Die Zeit vergeht schnell …
Viele Grüße,
Klaus
Jürgen Baßfeld
Hallo Klaus,
wir sind wieder zu Hause im „Ländle“.
Du hast wieder eine sehr begeisternde Darstellung Eurer Arbeit geschrieben. Wie man sieht seid Ihr ja schon in Aufbruchstimmung.
Die „Polarstern“ schwimmt wieder. Im November habe sie noch im Dock gesehen, gerade ist sie auf einer Fahrt durch die Nordsee.
Uns hat der „Lockdown light“ wieder voll im Griff.
Man bleibt am besten zu Hause, träumt vom Tanzen mit Pinguinen und bastelt an Antennen und sinnt über das Vorgehen bei aktuellen Projekten nach.
Ihr träumt wohl eher davon wieder bei Euren Familien und Freunden zu sein, nur das ist hier momentan auch nicht angesagt. Vielleicht schon mal eine Vorübung? Wer weiß?
Möge Eure Arbeit zum Nutzen des Planeten sein, damit jetzt auch dem Letzten bewusst wird, wie sensibel das Leben auf diesem Planeten ist.
Nehmen wir also die Herausforderung des Klimawandels an und fangen jetzt an unser eigenes Verhalten zu ändern.
Es ist schon ein toller Gedanke, an so einem globalen Projekt mitarbeiten zu können.
(Aus welcher Sicht und Qualifikation auch immer; auch aus der Sicht des Funktechnikers)
Lasst es Euch in der Vorweihnachtszeit gut gehen.
Ich wünsche allen Menschen fern und nah ein besinnlich endendes Jahr 2020.
Herzliche Grüße aus dem Schwaben Lande
Jürgen
Klaus Guba
Servus Jürgen,
Danke für das Lob und den Kommentar. Und den guten Vorsätzen und Wünschen kann ich mir nur anschliessen …
Viele Grüße aus dem Eis,
Klaus
Admiral
Vielen Dank. Toller Bericht. Alles Gute!
Klaus Guba
Danke für´s Lesen. Es freut uns wenn´s gefallen hat …
Edeltraud Tutzer
Hallo Klaus,
ich lese nach wie vor deinen Blog, und bin jedesmal begeistert, fasziniert und auch ein bisschen neidisch…
Von Deinen super Fotos hab ich mir schon einige heruntergeladen 😉
Ich wünsche euch allen weiterhin eine gute Zeit, ein frohes Weihnachtsfest 🌲🎄und einen guten Start ins neue Jahr 2021…🎉🎊passt auf euch auf🍀😇
LG Edeltraud
Klaus Guba
Servus Edeltraud,
Danke für´s Blog Lesen, für´s Lob und für die guten Wünsche. Und natürlich auch von mir die besten Wünsche und viel Gesundheit für 2021.
Viele Grüße aus Antarktika,
Klaus