Eine Unterkunft für den Notfall – Teil 2 der Sommervorbereitung

Die E-Base: Im Sommer Station der Südafrikaner, im Winter Notunterkunft für das Neumayer-Team. Foto: L. Duncker

Im Winter dürfen wir die ausschließlich im Sommer genutzte Station der Südafrikaner als Notunterkunft für den Katastrophenfall nutzen – unsere Emergency Base. Das bietet sich an, da die SANAP Summer Station (South African National Antarctic Programm) nur 6 km nördlich der Neumayer-Station III gelegen ist. Zur Not kann man auch zu Fuß dorthin gelangen. Es gibt dort einen fest installierten Generator für die Strom- und Wärmeproduktion und Kommunikationseinrichtungen wie ein Kurzwellen- und ein UKW-Funkgerät und dazugehörige Antennenanlagen.

Ein Katastrophenfall könnte zum Beispiel ein Brand auf der Neumayer-Station sein, welcher die Station unter Umständen unbewohnbar machen würde.

Nach Abreise der letzten Sommergäste zu Beginn der Wintersaison Anfang März haben wir unsere Notfallausrüstung dorthin gebracht. Die besteht aus Proviant, Küchenbedarf, Körperpflegeartikeln, medizinischer Notfallausrüstung, Iridiumtelefonen und Funkgeräten, Decken, Bettzeug, Handtüchern, Schlafsäcken und persönlicher Reservebekleidung für Drinnen und Draußen, Notstromaggregat, Schneeschmelze, Schaufeln, elektrischen Heizöfen und einer Survivalbox. Im Gegensatz zu vielen anderen Stationen können wir uns glücklich schätzen, für die neunmonatige Wintersaison eine Emergency Base zur Verfügung zu haben.

Diese Ausrüstung wird vor Eintreffen der nächsten Sommersaison wieder abgeholt, denn die Südafrikaner wollen ihre Station dann selbst nutzen.

Die Neumayer-Station III ist etwa 8 Kilometer vom Meer entfernt auf dem Ekström-Schelfeis gelegen. Schelfeis ist Eis, welches vom antarktischen Kontinent herunter auf das Meer driftet. Das geschieht, weil es kontinuierlich einen gewissen Schneezutrag auf dem Kontinent gibt, und dieser nicht taut, sondern mit der Zeit durch das Gewicht des Neuschnees immer dichter gepackt zu Eis wird. Das Schelfeis schwimmt also auf dem Meer und ist hier bei der Neumayer-Station circa 170 Meter dick. Der Teil des Schelfeises, welcher aus dem Meer herausragt, ist etwa 20 bis 30 Meter hoch. An der Schelfeiskante brechen regelmäßig Stücke ab, die dann zu Eisbergen werden. Schelfeis gibt es an mehreren Stellen rund um die Anarktis beispielsweise das Ross-Schelfeis in der Ross See oder das Ronne-Schelfeis in der Wedellsee. Das Ekström-Schelfeis driftet circa 100 bis 150 Meter pro Jahr vom Kontinent herunter. Das heisst, dass man die Station noch viele Jahre nutzen kann, bevor sie ins Meer fallen wird. Dafür kann natürlich niemand eine Garantie geben. Theoretisch kann auch ein riesiges Stück vom Schelfeis abbrechen und zum Eisberg werden, das Ekström-Schelfeis an der Atkabucht ist aber Gott sei Dank durch mehrere Auflagepunkte gut auf dem Untergrund fixiert. Schelfeis ist an vielen Stellen – wie auch ein Gletscher – von Spalten durchzogen. Zum Beispiel an der Kante zum Meer hin spaltet sich das Schelfeis auf und es bilden sich Schelfeisfinger. Oder durch Erhöhungen am Meeresgrund, über die das Eis hinweg schleift, bilden sich Eisverwerfungen und dadurch Risse und Spalten.

Um sich um die Station herum und zu bestimmten Punkten an der Schelfeiskante hin sicher bewegen zu können, hat man um die Neumayer-Station herum und an der Schelfeiskante mehrere Punkte bzw. Wege (Trassen) erkundet, die spalten- bzw. rissfrei sind. Das sind zum Beispiel die Wege zu den Anlegestellen für die Versorgungsschiffe und auf dem Schelfeisfinger, auf den man den Container für das Pinguinobservatorium SPOT (Single Penguin Observation and Tracking) gestellt hat. Dazwischen befinden sich mehrere Spaltengebiete. Das Risiko dort einzubrechen und nicht ohne fremde Hilfe wieder herauszukommen, ist nicht unerheblich. Von diesen Trassen und Wegpunkten hat man GPS-Punkte genommen und die Routen mit Flaggen besteckt, so dass man den Weg auch bei schlechter Sicht nicht verliert. Da das Eis driftet, müssen diese GPS-Daten immer wieder erneuert und die neuen Koordinaten auf unsere GPS-Geräte gespielt werden. Auch die Flaggen auf den Trassen müssen häufiger mal ersetzt werden, da sie sonst durch den Schneezutrag im Schnee versinken würden. Alles dies ist vor Eintreffen der ersten Sommergäste geschehen. Auf Google Earth kann man sich anschauen, wie die Schelfeiskante des Ekström Schelfeises aussieht (suche: Neumayer-Station).

Mit besten Grüße von der Neumayer-Station III

Eure Neumayer-ÜWIs

 

Leser:innenkommentare (3)

  1. Ron

    Das klingt ja nach einer wunderbaren Expedition! schwierig aber spannend! Das ist einer meiner Lebensträume mal so

  2. Petra D.

    Hallo Üwis,

    ich lese immer gerne Eure Beiträge, sie sind immer sehr informativ und spannend auch für jemanden, der nicht ‚vom Fach‘ ist.

    Heute freute ich mich sehr gefreut über das Schnee-Sahne-Häubchen (so sieht es doch aus oder?) vor Neumayer III, das Ihr vorhin gebaut habt. Hoffentlich hält es noch lange.

    Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2017
    vom Niederrhein in den tiefen tiefen Süden
    wünscht

    Petra D.

  3. Jan

    Das nenne ich mal ein Abenteuer! Da bekomme ich direkt Fernweh! Habe mir auch gleich die google earth bilder angesehen. Sehr interessant zu lesen was ihr da, trotz schwieriger Bedingungen so alles auf die Beine gestellt habt! Ich wünsche euch weiterhin viel Erfolg!

    Grüße Jan

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