Ein Besuch am Watzmann

Ein Zwischenstopp am Wegweiser. Foto: Steven Franke
Ein Zwischenstopp am Wegweiser. Foto: Steven Franke

Anfang Mai 2016 kam es zum Ausfall vom „Watzmann“, einer von drei seismologischen Stationen, die zum geophysikalischen Observatorium der Neumayer-Station gehören.  Auf unseren Monitoren in der Station konnten wir verfolgen, wie nur noch partiell Daten übermittelt wurden und der Datenstrom später komplett abriss.

Übersichtskarte © AWI
Übersichtskarte © AWI

Am Watzmann bilden mehrere Seismometer (Instrumente zur Detektion von Erdbebenwellen) einen wichtigen Teil im Datenerfassungssystem für die Analyse und Lokalisation von Erdbeben. Der Watzmann liegt 50 Kilometer südlich der Neumayer-Station III auf dem Halvfarryggen in 400 metern Höhe. Die Fahrstrecke von Neumayer aus beträgt allerdings rund 75 Kilometer, da wir potentielle Spaltengebiete großräumig umfahren müssen.

Wir nutzten ein Zeitfenster mit günstigem Wetter und besuchten die seismologische Station am Watzmann. Ziel war es zu verstehen, wie es zu dem Ausfall gekommen ist und wie die Datenerfassung wieder in Betrieb genommen werden kann. Anhand der Analyse der bis zuletzt übermittelten Daten, lag die Vermutung nahe, dass es kein Problem in der Datenübertragung sein konnte, sondern eher die Energieversorgung versagt hatte.

Eine zuverlässige autarke Energieversorgung in der Antarktis durch Solarzellen und Windgeneratoren ist bei starken Stürmen mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 150 Kilometer pro Stunde und zwei Monaten, in denen die Sonne nicht mehr aufgeht, eine Herausforderung. Letztendlich waren einige Arbeiten innerhalb und außerhalb des Containers nötig, um die Datenerfassung und Übermittlung zur Neumayer-Station wieder in Betrieb zu nehmen.

Das filigrane Arbeiten an elektronischen Bauelementen draußen bei Kälte und Wind mit dünnen Handschuhen ist hierbei einer der unangenehmsten Aufgaben, wie unser Elektriker Stefan zu spüren bekam. Fünf bis zehn Minuten draußen arbeiten, 20 Minuten Hände und Finger wärmen: Das ist der Rhythmus, mit dem man vorankommt. Unter diesen Bedingungen können Arbeiten, die unter normalen Umständen schnell erledigt sind, mehrere Stunden dauern.

Der Container am Watzmann dient neben der Funktion als seismologisches Observatorium auch als kleine Notstation. Zwei Betten, Decken, Kochgeschirr sowie Notfallnahrung sind vorhanden und machen einen Aufenthalt über mehrere Tage wesentlich angenehmer. Bereits nach zwei Tagen waren alle Reparaturarbeiten erledigt und die Datenakquisition läuft seitdem ohne Probleme. Auf dem Rückweg wurden wir mit klarer Sicht in den antarktischen Himmel belohnt.

Expeditionen wie diese sind natürlich nur möglich, wenn alle Überwinterer zusammenarbeiten. Im Endeffekt ist jeder gefragt: die Techniker, die sich um die Fahrzeuge und um Reparaturen vor Ort kümmern; die Wettervorhersage unserer Meteorologin, damit die Traverse in einem günstigen Wetterfenster stattfinden kann; unser Funker, der zu jeder Zeit erreichbar ist, bis hin zu unserer Ärztin, die uns auf alles vorbereitet, was hoffentlich nie passieren wird.

Für ausgedehnte Film- und Fotoaufnahmen fehlte auf dieser außerplanmäßigen Traverse leider die Zeit. Dennoch haben wir für die Leserinnen und Leser des AtkaXpress ein paar Videoaufnahmen und Fotos hier zur Verfügung gestellt um ein paar Eindrücke über unsere Arbeit zu bekommen.

Viele Grüße, das Neumayer-Team

Leser:innenkommentare (6)

  1. Anja

    Wieder ein ganz toller Bericht! Danke dafür!

    LG

    Anja

  2. Martin Ballaschk

    Hallo,

    ein schöner Bericht! Mir war ja gar nicht bewusst, dass diese Stationen ja autark bleiben, ohne mit Sprit oder Radionukliden nachgetankt werden zu müssen.

    Was mich aber am neugierigsten gemacht hat: Was war denn kaputt und was musste wie repariert werden? War es etwas ganz banales, was so aufwendiger und mühsam repariert werden musste?

    Viele Grüße,
    Martin Ballaschk

    1. Neumayer Üwis

      Hallo Martin,
      im Endeffekt musste ein Bauteil ausgetauscht werden, dass den Windgenerator regelt. Zum anderen haben wir auch die Batterien per Generator geladen, da wir eh schon mal da waren. Letztendlich haben wir auch an der Konfiguration etwas geändert damit das in Zukunft vielleicht nicht mehr passiert und konnten anhand der mitgeschriebenen Parameter des Ladereglers eine Fehleranalyse machen.
      Sehr aufwendige Reparaturen sind im Winter hier leider nicht möglich. Es findet jedoch jeden Sommer eine Traverse zu allen unseren seismologischen Stationen statt. Dann werden größere Arbeiten erledigt.

      Die Station am Watzmann läuft übrigens immer noch und wir sind ganz zuversichtlich : )

      Liebe Grüße von den Neumayer Geos

  3. Thomas

    Herzliche Grüße an die Neumayers
    und ganz herzlichen Dank für Euren Bericht. Da kommen viele schöne Erinnerungen zurück. Wir haben ‚mal zwei Tage bei Drift vor dem Array im Bully abgewetter, weil wir die Kabel nicht zerstören wollten. Das schein ja kein Problem mehr zu sein.

    Euch allen noch viel Spass und viele schöne Erlebnisse wünscht
    Thomas

    1. Neumayer Üwis

      Hi Thomas,
      dann nehme ich an, dass du ein Ehemaliger Üwi bist : )
      Wann hast du denn überwintert?

      So schlimm war es bei uns zum Glück nicht.
      Aber viele schöne Erinnerung haben wir dort auch gesammelt.
      Es ist auch ganz schön zu sehen, dass der ein oder andere Überwinterer von früher noch an den Beiträgen hier interessiert ist.

      Dir alles Gute von den Neumayer Geos!

      1. Thomas

        Hallo Neumayer Geos,

        schlimm war es auch 1997 nicht. Für mögliche Drifttage im Bully mussten nur ausreichend viele Bücher mitgenommen werden. So war das Abwettern im Bully immer ganz entspannt.

        Euch allen noch viel Spaß und eine schöne Mittwinterfeier wünscht
        Thomas

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