Als Sommergast auf dem Weg zur Neumayer-Station III

Blogautor Jan-Marcus Nasse auf dem Dach des Spurenstoffobservatoriums. Foto: J. Nasse

Von Jan-Marcus Nasse

Hallo liebe LeserInnen des AtkaXpress. Ich heiße Jan und bin gerade als einer der Sommergäste auf der Neumayer-Station III, um mit meinem Kollegen Udo ein neues Messinstrument auf dem Spurenstoffobservatorium der Station aufzubauen.

Ich habe Physik studiert und arbeite momentan als Doktorand am Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg. In der Arbeitsgruppe für Atmosphäre und Fernerkundung forsche ich zusammen mit meinen KollegInnen an der Rolle und Konzentrationsverteilung von freien Radikalen in der Atmosphäre. Freie Radikale sind eine Gruppe von Spurenstoffen (=Bestandteile der Luft mit sehr geringen und sich meist zeitlich ändernden Konzentrationen – im Gegensatz zu bspw. Sauerstoff), die einen großen Einfluss auf die Chemie der Atmosphäre haben, da sie sehr reaktiv sind und bei vielen chemischen Prozessen dort eine wichtige Rolle spielen.

Es ist sehr schwierig, Radikale in der Luft zu messen, weil sie nur in winzig kleinen Konzentrationen vorkommen und bei der Berührung mit Oberflächen (z.B. beim Abfüllen von Luft in eine Probenflasche) leicht zu anderen Stoffen weiterreagieren. Deshalb ist ein wesentlicher Teil der Arbeit in unserer Gruppe die Entwicklung geeigneter Messgeräte.

Für unsere Messungen hier an der Neumayer-Station III habe ich im vergangenen Jahr zusammen mit Kollegen und der Werkstatt unseres Instituts ein neues Instrument gebaut, das für mindestens ein Jahr die Konzentration verschiedener Spurenstoffe messen soll, um so die Chemie der Radikale in Polargebieten besser zu verstehen. Es ergänzt ein anderes Instrument unserer Arbeitsgruppe, das seit 1999 zum Spurenstoffobservatorium auf Neumayer gehört.

In den kommenden Wochen werde ich hier als Gast-Blogger über unsere Arbeit beim Aufbau des neuen Instruments und unsere Forschung damit berichten.

Bevor man allerdings etwas in der Antarktis aufbauen kann, ist einige Vorarbeit nötig. Als externer Wissenschaftler muss man sich zunächst beim Alfred-Wegener Institut mit einem Antrag um eine Unterstützung des Forschungsvorhabens bewerben. War das erfolgreich, überprüft das Umweltbundesamt, ob die geplanten Maßnahmen mit den Regeln zum Schutz der Antarktis vereinbar sind – in unserem Fall zum Beispiel, ob die Aufbauten um die Station nach Ende der Messungen wieder rückstandsfrei entfernt werden können. Außerdem muss das Projekt noch bei der Antarktisvertragsorganisation, in der die Mitgliedsländer des Antarktisvertrages die Regeln für die Antarktis beschließen, angemeldet werden.

Neben der persönlichen Vorbereitung, bestehend aus einer medizinischen Untersuchung, einem Seminar zum Umweltschutz und der Ausstattung mit Polarkleidung, muss der Transport der gesamten Ausrüstung geplant werden, wobei die Logistikabteilung des AWI eine große Hilfe ist. Ein Großteil unserer Fracht, insbesondere ein großes Teleskop, das zu dem neuen Instrument gehört, wurde bereits im September von Heidelberg nach Bremerhaven gebracht und dort auf die Polarstern geladen, die über Kapstadt zur Versorgung von Neumayer in die Antarktis fährt. Zwei Komponenten, an denen wir noch etwas länger gearbeitet haben, wurden per Luftfracht nach Kapstadt geschickt und zusammen mit uns in die Antarktis geflogen.

Für unsere Anreise sind wir von Deutschland nach Kapstadt geflogen. Nach einem kurzen Aufenthalt in Kapstadt und einem Tag Verzögerung aufgrund der Wetterbedingungen in der Antarktis, konnten wir am 20. Dezember zusammen mit den neuen Überwinterern das Iljuschin 76- Transportflugzeug Richtung Süden besteigen. Dabei funktionierte der Check-In erstaunlicherweise wie bei jedem anderen Interkontinentalflug inklusive Boarding Pass – mit dem Unterschied, dass als Ziel nur „Antarctica“ auf den Anzeigetafeln stand.

Nach einer sehr sanften Landung auf der Eispiste des Novo Flugfelds in der Nähe der russischen Station „Novolazarewskaya“ standen wir nach etwa fünfeinhalb Stunden Flug auf einer großen weißen Eisfläche in der Antarktis. Sofort nach der Landung wurde mit dem Ausladen des Flugzeugs begonnen und wir mussten überprüfen, ob unsere Fracht vollständig war. Aufgrund der Wetterbedingungen war zunächst nicht klar, ob wir mit einem kleineren Flugzeug direkt nach Neumayer weiterfliegen konnten. Nach einer kurzen Wartezeit wurden wir aber doch zur einer BT 67 gefahren, mit der wir am frühen Abend bei Neumayer landeten und herzlich empfangen wurden.

 

Da zu diesem Zeitpunkt auch die Polarstern noch zum Ausladen der Fracht für Neumayer in der Atkabucht war, nutzen Udo und ich die Gelegenheit, ein weiteres unserer Instrumente auf Polarstern zu warten, bevor diese am Abend des 21. Dezembers wieder von der Eiskante der Atkabucht ablegte.

Seitdem haben wir uns gut auf Neumayer eingelebt, ein außergewöhnliches Weihnachtsfest und Silvester gefeiert und schon einige Arbeiten für den Aufbau des neuen Instruments durchgeführt. Gerade testen wir einen Teil der Komponenten unseres Instruments und warten auf geeignetes Wetter, um unser großes Teleskop auf dem Spurenstoffobservatorium aufzubauen.

Viele Grüße von der Neumayer-Station III

Jan

Leser:innenkommentare (4)

  1. Christian Lehrmann

    Hallo Jan,
    ich habe Deinen sehr schönen Beitrag mit großem Interesse gelesen und finde es auch total spannend, welch großer logistischer Aufwand dahintersteckt, um z.B. ein neu entwickeltes Instrument in die Antarktis zu bringen und es dort vor Ort zu testen.
    Ich wünsche Dir für Dein Forschungsprojekt und den Aufenthalt auf der Neumayer-Station III jedenfalls alles Gute!
    Viele Grüße aus dem winterlichen Wolfenbüttel
    Christian

  2. Heiner Eschrich

    Hallo Jan ,

    Du bist ja richtig groß geworden ; das letzte Mal habe ich Dich in Jena im JEMBOPARK beim gemeinsamen Mittagessen gesehen ! So ca. 10 Jahre her ! Hier ist Heiner – der Arbeitskollege von Deinem Vater !
    Ist ja richtig spannend was Du da machen darfst ! Toll – da hast Du auch richtig was zu erzählen !
    Lass es Dir gut ergehen – und grüsse bitte auch die Eisbären von mir ! Gruss Heiner

    1. Juergen Wagner

      Gibts tatsaechlich da Eisbaeren ? Ich dachte immer de gaebs am Nord- aber nicht am Suendpol ?

  3. Siegfried.w.

    hallo,

    eure Berichte sind immer wieder faszinierend zu lesen man hat das Gefühl man wäre dabei.

    Viel Glück

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