Polarlichter: Bunte Leuchterscheinungen über Neumayer

Kräftige Farben, auch der Mond ist am 22. Juni zu sehen. © Jens-Peter Biethan.

Neben der Seismologie (siehe AtkaXpress-Artikel vom 26. Mai 2015) gibt es noch einen weiteren wichtigen Bereich in der Geophysik, die Magnetik. Das Magnetik-Observatorium befindet sich etwa 1500 Meter von der Station entfernt in einem Schacht 15 Meter unter der Schneeoberfläche. Mit drei verschiedenen Messgeräten wird das Erdmagnetfeld kontinuierlich gemessen. Dabei werden die Feldkomponenten in alle drei Raumrichtungen (Nord-Süd, Ost-West und die Vertikale) einzeln und die totale Stärke des Magnetfeldes vermessen.

Normalerweise nur eine ziemlich konstante Linie, doch bei starker magnetischer Aktivität ein wildes Gezappel, was auf Polarlichter hindeutet
Normalerweise nur eine ziemlich konstante Linie, doch bei starker magnetischer Aktivität ein wildes Gezappel, was auf Polarlichter hindeutet

Das Magnetfeld der Erde ist nicht immer gleich, es unterliegt Schwankungen. Die Daten, die an der Neumayer-Station III gewonnen werden, sind hilfreich für die Untersuchung spezieller Phänomene beim Auftreten von Magnetfeldstürmen. Diese sind die Folge eines stark erhöhten Plasmastroms von der Sonne (Sonnenwind) nach heftigen solaren Protuberanzen. Protuberanzen bestehen aus Plasma, das von der sichtbaren Oberfläche geschleudert wird und durch starke Magnetfelder eindrucksvolle Bögen bildet. Sie treten in unregelmäßigen Abständen auf und sind verbunden mit starken Einbrüchen und raschen Schwankungen in der Feldintensität. Schwache Stürme können oft nur wenige Stunden dauern, starke Stürme können auch über mehrere Tage hinweg andauern.

Heftige Stürme im Erdmagnetfeld können im Winter in manchen klaren Nächten mit faszinierenden Polarlicht-Erscheinungen verbunden sein, die über Stunden anhalten können.

Aber was genau sind Polarlichter (Fachbegriff: Aurora Borealis auf der Nordhalbkugel, hier unten im Süden: Aurora Australis) und wie entstehen sie?

Eindrucksvolle Polarlichter am 22. Juni 2015 über der Station. © Andreas Leonhardt
Eindrucksvolle Polarlichter am 22. Juni 2015 über der Station. © Andreas Leonhardt

Polarlichter sind Leuchterscheinungen am Nachthimmel in beiden Polregionen, die in vielen Variationen auftreten können. Das Aussehen der Leuchterscheinungen ist vielfältig. Sie reichen von einem fahlen, gleichmäßigen schwachen Leuchten über dem Horizont bis hin zu flammenartigen, sich rasch verändernden Girlanden in intensiven, unterschiedlichen Farben, die große Teile des Himmels überziehen können.

Das Erdmagnetfeld hat für uns eine extreme Schutzwirkung gegen den ständig ankommenden Strom hochenergetischer Teilchen aus dem All, die sonst für uns gefährlich wären. Die meisten Teilchen werden im Erdmagnetfeld abgebremst und außerhalb um die Erde herum geleitet. Somit ist es auch ein sehr wirksamer Schutzschild gegen die solare Partikelstrahlung.

Es gibt jedoch Teilchen, die diesen Schutzschild durchbrechen können. In der Regel sind dies Elektronen, sehr viel seltener aber auch Protonen. Diese Teilchen können von den Feldlinien des Erdmagnetfeldes dann auch „eingefangen“ werden und werden dann, auf spiralförmigen Bahnen um die Feldlinien kreiselnd, zu den Polen hin abgelenkt. Durch die Kollision der Elektronen in der Atmosphäre mit den Atomen und Molekülen werden diese „angeregt“, d.h. Elektronen in der äußeren Elektronenhülle werden auf ein energetisch höheres Niveau gehoben. Beim Zurückspringen auf die alte, energetisch niedrigere Bahn wird die frei werdende Energiedifferenz als Licht abgestrahlt. Das ist die Ursache der Polarlichter und ist vergleichbar mit den Vorgängen in einer Neonröhre. Rote und grüne Polarlichter deuten auf Sauerstoff hin, Stickstoff ist blau und violett. Durch Farbmischung haben Polarlichter oftmals auch eine gelblich-grüne Erscheinung.

Vielfarbige Polarlichter am 22. Juni, fotografiert von Jens-Peter Biethan.
Vielfarbige Polarlichter am 22. Juni, fotografiert von Jens-Peter Biethan.

Polarlichter sind in manchen Jahren seltener oder kaum zu sehen, in manchen Jahren treten sie dagegen sehr gehäuft auf. Das hängt stark von der jeweiligen Sonnenaktivität ab, die durch die Anzahl der zu beobachtenden Sonnenflecken sehr gut charakterisiert werden kann. Eine hohe Sonnenfleckenzahl ist typisch für eine sehr „aktive“ Sonne. Dann kommt es häufig zu sehr starken Plasmaausbrüchen auf der Sonne, die durch einen stark erhöhten Teilchenstrom zur Erde und ein erhöhtes Auftreten von Magnetfeldstärken zur Folge haben. Die Sonne besitzt einen etwa 11-jährigen Zyklus in der Abfolge der Sonnenfleckenzahl. Das letzte Sonnenfleckenmaximum war 2013/2014.

Trotzdem haben wir schon eindrucksvolle Polarlichter gesehen. Die bisher stärksten sahen wir am 22. Juni 2015 abends. Sie waren so stark, dass man die Farben sogar mit bloßem Auge sehen konnte. Normalerweise ist das Auge nicht lichtempfindlich genug und erkennt nur helle Flecken. Mit Kameras dagegen können, mit langen Belichtungszeiten, die Polarlichter sehr gut fotografiert werden.

Polarlichter über der Neumayer-Station III in der Antarktis
Fotografiert mit einem Fischaugenobjektiv, sodass fast der gesamte Himmel zu sehen ist. Links unten sieht man den Mond. © Annemarie Sticher.

Unsere Messgeräte zeigen uns immer die aktuellen Werte des Magnetfelds und seine Veränderung und sobald die Werte außergewöhnlich hoch sind, das Wetter passt und es dunkel genug ist, wird sich schnell angezogen und mit Kameras bewaffnet auf die Lauer gelegt, auf der Suche nach dem richtigen Augenblick das schönste Bild zu erwischen. Es ist zwar nicht gerade einfach, mit kalten Fingern in dicken Handschuhen die Kamera zu bedienen, aber so ein Naturschauspiel ist es allemal wert.

Eure Neumayer-Geos Annemarie und Andreas

 

 

 

Leser:innenkommentare (7)

  1. Christian Lehrmann

    Hallo Annemarie, Hallo Andreas,
    das sind ja wirklich atemberaubende und sehr beeindruckende Aufnahmen, die Euch da von den Polarlichtern gelungen sind. Vor allem das Farbenspiel ist dabei absolut faszinierend.
    Sehr interessant ist auch die Perspektive, die das Fischaugenobjektiv dabei bietet.

    Ich drücke Euch die Daumen, dass Ihr noch ganz viele dieser schönen aber leider auch sehr vergänglichen Lichterscheinungen vor die Linse bekommt – und viele Grüße von mir auch an das ganze Überwinterungs-Team !
    Christian

    1. Annemarie

      Hallo Christian,

      vielen Dank.
      Leider nähern wir uns mit Riesenschritten dem Polartag, sodass es leider nicht mehr so viele Möglichkeiten geben wird. Das Wetter muss dann auch noch mitspielen.

      Viele Grüße,

      Annemarie & Andi

  2. Reiner

    Hallo Annemarie, hallo Andreas, liebe Üwis,
    es gibt ein paar Sachen, um die ich Euch wirklich beneide. Neben der Abgeschienenheit und Ruhe (auch wenn Ihr Euch in der Enge schon mal auf den Selbigen geht), die intensiven Erlebnisse eines Teams in der Antarktis (ja, ja, es gibt Internet, Telefon und Skype) sind es die besonderen Momente, die uns Landeiern vorenthalten bleiben. Die Schwarz-Weiss-Aufnahmen der Webcam im Juni haben ließen schon erahnen, welche gigantischen Polarlichter über Euch hinweggefegt sind. Aber die Farbefotos sind überwältigend. Ich beneide Euch.
    Herzliche Grüße
    Reiner

  3. Uli Sticher

    Hi Schöne Bilder stelle dich als Fotograf ein bis bald

  4. Dieter Hucke

    bin heute, 7.7.2016 auf eurem BLOG gewesen, die Fotos laden zum grossen Teil nicht mehr, es steht ein kleines X in der Diashow.
    Kann man diese Fotos etwas grossformatiger anschauen?

    1. Sina Löschke

      Hallo Dieter,
      bei unserem Test mit Google Chrome sah die Seite fehlerfrei aus. Haben Sie die Seite mal in einem anderen Browser geöffnet – und sind dabei die selben Darstellungsfehler aufgetaucht?
      Beste Grüße im Namen des AWI-Medienteams, Sina Löschke

      1. Dieter Hucke

        Hallo Sina,
        danke für die schnelle Rückmeldung! Ich hab Firefox verwendet. Beim erneuten Versuch hat es jetzt geklappt, eventuell war meine Internetverbindung zu langsam für meine Ungeduld :-)

        Trotzdem würde ich gern nochmal fragen, ob man die Bilder in höherer Auflösung ansehen kann? Gerade die Bilder ins Weltall hinein sind wunderschön !

        viele Grüße von Dieter

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