Zeltest unter verschärften Bedingungen…

Zeltaufbau geglückt
Das kleine Zeltdorf
Unser kleines Zelt-Dorf von der Station aus betrachtet. Im Hintergrund links erkennt man das Spurenstoffobservatorium („Spuso“). Foto: Petra-Gößmann-Lange

Neben den täglichen Routineaufgaben und den Forschungsarbeiten hier auf der Station, gibt es ja auch immer wieder etwas aus dem Rahmen fallendes. Da wäre zum Beispiel der „Zelt-Test“ zu nennen, den wir noch in der Sommersaison durchgeführt haben.

Beim Stichwort „Zelt“ denken ja die meisten erstmal an mehr oder weniger unterhaltsame Urlaube auf einem Campingplatz. Abends wird meist gemütlich gegrillt und man freut sich seines Lebens. Dann gibt es natürlich noch den anderen Teil der Bevölkerung, der in den Outdoor-Läden dieser Welt seine zweite Heimat gefunden habt und fieberhaft auf den neuen Katalog wartet, um zu prüfen ob etwa ein neues Zelt, das Licht der einschlägigen Weltenbummler-Szene erblickt hat. Da wird dann in den Katalogen eifrig mit den neuen Vorzügen geworben. Die Belüftung sollte gut sein, sturmstabil und auch sonst grundsolide, dabei aber natürlich auch möglichst wenig wiegen, um nur einige Kriterien zu nennen.

Wenn wir aber mal wirklich ehrlich sind, müssen wir uns eingestehen, dass man die meist teureren Zelte eher selten im wirklichen Grenzbereich einsetzt. Es ist zwar während einer Fahrradtour oder auch einer Gebirgstour lästig und unangenehm, wenn sich das Zelt in Wohlgefallen auflöst… Jedoch ist man meist eher nicht in Lebensgefahr, wenn man sich aufgrund des großen Loches im Zeltdach nach einem Sturm fragt, ob es sich hierbei um die vom Händler angepriesene „optimale Luftzufuhr“ handelt.

Wenn man allerdings in der Antarktis wirklich mal auf ein Zelt angewiesen ist, sieht es schon ein wenig anders aus. Falls wir das nähere Stationsumfeld verlassen, nehmen wir ja immer für den Notfall eine sogenannte Survival-Box mit. Diese große Kiste reicht für zwei Personen und beinhaltet neben vielen andere Sachen auch ein Zelt. Nun war es mal an der Zeit, nach möglichen Nachfolgekandidaten für die doch etwas in die Jahre gekommene Zelte zu suchen. Was liegt hierbei also näher, als einfach einige der neusten Modell einem Härtetest unter südpolaren Realbedingungen zu unterziehen.

An einem nahezu windstillen Tag ging es daher raus, um die vier Kandidaten aufzubauen. Schon beim Aufbau konnte man klar die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Konstruktionen bewerten. So scheint es ein wenig schwierig, im echten Notfall zunächst die Zeltstangen in die kleinen Stoffröhren zu schieben und erst wenn alle Stangen an ihren Platz sind, die ganze Konstruktion aufzurichten. Bei Wind hat man damit dann im Moment des Aufstellens ein schönes Segel… Das haben andere Hersteller sicherlich besser (durch etwa Klick-Systeme) gelöst. Die Aufbauzeit variierte ebenfalls.

Insgesamt haben wir vier Zelte getestet. Mit einem Tunnel- und einem Kuppelzelt sowie zwei Geodäten haben wir unterschiedliche Geometrie-Konzepte getestet. Manche der Zelte hatten auch den Vorzug, Schneelappen zu besitzen. Diese Verlängerungen des Außenzeltes liegen auf dem Boden auf und können mit Schnee beschwert werden und bieten eine zusätzliche Stand- bzw. Sturmsicherung. Wie sich allerdings schon beim Bergkurs, wo wir die Zelte das erste Mal kennenlernten bzw. testeten, zeigte gestaltet sich das Freigraben der Schneelappen beim Abbau als mühsam. Außerdem beschädigt man dabei leicht die Zeltplane. Hinzukommt: Auch ohne Schneelappen lässt sich mit Schnee eine ebenso gute Sturmsicherung am Rand des Zeltes aufschütten.

Nach erfolgreichen Aufbau hatten wir nun unser ein kleines Zelt-Camp direkt vor der Station stehen. Die Zelte wirkten auf einige sogar so anziehend, dass sie sich dazu entschlossen, spontan die ein oder andere Nacht in ihnen zu verbringen.

Nach mehreren Tagen und einigen doch recht starken Stürmen ging es zur Auswertung bzw. zum Abbau der Zelte. Vor und hinter allen Zelten hatten sich erwartungsgemäß erhebliche Schneeverwehungen gebildet. Die Höhe dieser war proportional zur Größe der Zelte. Gerade kleinere Zelte sind hier von Vorteil, allerdings wird es in ihnen mit Personen, die ihre dicke Kleidung an- bzw. ausziehen wollen, dann doch recht kuschelig.

Allgemein haben die Zelte, bis auf eine Ausnahme, den extremen Bedingungen gut standgehalten. Bei dem Zelt, welches den antarktischen Stürmen nicht gewachsen war, handelte es sich gleichzeitig auch um das größte Zelt im Bunde. Sein Versagen äußerte sich in einem Bruch der Zeltstange, deren scharfe Kanten im Anschluss dann auch noch die Zeltplane zerschnitten. Aber auch die anderen mobilen Behausungen hatten durchaus ihre kleinen Probleme. So sind zum Beispiel die im europäischen Sommer sicher zweckmäßigen Lüftungsöffnungen in der Zeltplane wahre Schnee-Fänger. Zwischen dem Moskitonetz und dem Innenzelt sammelt sich kiloweise feinster Driftschnee.

Alles in allen ein sicher erkenntnisreicher Test, der in die finale Entscheidung, welches Zelt letztendlich ausgewählt wird, sicher maßgeblich mit einfließen wird.

Viele Grüße aus der Antarktis wünschen die „Zelt-Tester“

Jens und Petra

Leser:innenkommentare (4)

  1. susi

    Hört sich wahnsinnig abenteuerlich an. Da bleiben wir lieber auf einem Campingplatz in Deutschland! LG

  2. Coco

    Wow! Sehr interessant und anbenteuerlich)

  3. Jan

    Blackdiamond Firstlight oder Highlight. Kann beide empfehlen. Das Highlight hatte der Seilpartner mit, weil wir ein Vorzelt wollten. Sonst das Firstlight – fühlt sich kleinwenig kleiner an.
    Das Mountainhardwear Direkt 2 machte auch keinen schlechten Eindruck – habe aber nie darin gepennt.
    Vorteil des MHW Zeltes dürften die besseren Abspannmöglichkeiten sein.
    Bei den von mir benutzten Versionen der BD Zelte (das HL in 2005 und das FL in 2006) war die grosse Längseite nicht abzuspannen.
    Das Epic (der BD-Zelte) ist echt erstaunlich im hochalpinen oder winterlichen Klima.

    Ich würde kein Membranzelt mehr kaufen wie OD, Rab, Bergans etc.

  4. Tamara

    Also wenn ich mir das so ansehe bekomme ich Gänsehaut :D ich hoffe die Zelte haben gehalten was sie versprachen und euch war nicht all zu kalt

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