Von Weddellrobben und Unterwasserrobotern (ROV)

Ausgewachsene Weddellrobben (Leptonychotes weddellii) an einem Riss im Meereis in der Atka-Bucht. Foto: Dominik Nachtsheim.

Von Dominik Nachtsheim

Es war ein langer Weg, aber es ist geschafft: Am 20. Dezember hat sich Polarstern trotz der widrigen Eisverhältnisse in der Atka-Bucht erfolgreich bis zur Schelfeiskante durchgekämpft. Dort begann sofort die Entladung der Container und des Treibstoffs für die Neumayer-Station III bzw. für die Kohnen-Station. Die Entladung und spätere Beladung von Polarstern verlief dank des mittlerweile eingespielten Teams von Schiff und Neumayer-Station reibungslos. Mit einem gemütlichen Beisammensein verabschiedeten wir uns am Abend des 21. Dezembers vom Neumayer-Personal sowie der in der Atka-Bucht liegenden südafrikanischen „SA Agulhas II“ und machten uns auf den Weg in Richtung Südwesten.

Ablegen von der Schelfeiskante bei Neumayer-Station III. Foto: Dominik Nachtsheim
Ablegen von der Schelfeiskante bei Neumayer-Station III. Foto: Dominik Nachtsheim

Neben einigen Frachtgütern kam jedoch an Neumayer auch Personenfracht an Bord: das Robben & ROV-Team, bestehend aus Horst, Nils, Richard und Dominik. Unsere Anreise verlief ein wenig anders als die unserer Kollegen an Bord. Von Bremen bzw. Frankfurt ging es am 7. Dezember über München nach Kapstadt. Nach zweitägigem Aufenthalt in der Stadt am Tafelberg ging es am nächsten Tag mit einer Iljuschin Il-76, einer russischen Frachtmaschine, zur Novo Airbase in der Antarktis. Da das Wetter auf unserer Seite war, konnten wir nach einer kurzen, warmen Mahlzeit vor Ort direkt bis zur Neumayer-Station III weiterfliegen. Dort hatten wir zehn Tage Zeit, einige Dinge für unser kommendes Projekt vorzubereiten und ein alternatives Forschungsgebiet in der Atka-Bucht zu erkunden. Unser eigentliches Ziel und angestrebtes Untersuchungsgebiet ist das Drescher-Inlet, ein etwa 25 Kilometer langer Riss im Riiser-Larsen Schelfeis. Wir werden dort für etwa fünf Wochen ein Camp errichten, von dem aus wir autark arbeiten können.

Ausgewachsene Weddellrobben (Leptonychotes weddellii) an einem Riss im Meereis in der Atka-Bucht. Foto: Dominik Nachtsheim.
Ausgewachsene Weddellrobben (Leptonychotes weddellii) an einem Riss im Meereis in der Atka-Bucht. Foto: Dominik Nachtsheim.

Im Drescher-Inlet werden wir zum einen Weddellrobben mit kleinen Kameras ausstatten, die in Intervallen von einigen Sekunden über mehrere Tage Fotos machen. Dazu werden die Robben für kurze Zeit durch unseren erfahrenen Tierarzt Horst narkotisiert und das Gerät auf das Haarkleid am Kopf aufgeklebt. Damit wollen wir die Aufnahme von Beutetieren durch die Robben erfassen. Besonders interessant sind für uns Tauchgänge, welche unter das Schelfeis führen. Von vorherigen Kampagnen wissen wir, dass dort eine sehr besondere und bisher kaum erforschte Lebensgemeinschaft zu finden ist, welche auch für Wedellrobben aufgrund eines potentiell reichhaltigen Nahrungsangebots lohnenswert sein könnte. Außerdem wollen wir mit Hilfe eines ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugs (ROV) diese Unterschelfeisfauna dank hochauflösender Bildtechnologien genauer untersuchen, kartieren und quantifizieren. Am Ende der Kampagne sollen einige Robben mit handflächengroßen Satellitensendern versehen werden, mit denen wir die Bewegungen der Tiere über die kommende Monate verfolgen können. Spätestens in einem Jahr verlieren die Robben die Geräte wieder bei ihrem jährlichen Haarwechsel.

Die wenigen Tage, welche wir nun auf Polarstern verbracht haben, haben wir vor allem in die Vorbereitung unseres Camp-Aufbaus im Drescher-Inlet investiert. Unsere gesamte Fracht muss per Helikopter vom Schiff zu unserem Camp-Standort geflogen werden. Dies bedarf natürlich einer akribischen Planung, vor allem damit wir nichts wichtiges auf Polarstern vergessen. Ein Team von Wissenschaftlern und Crew wird am Tag der Camp-Entladung auf dem Schelfeis abgesetzt und die Helikopterfracht annehmen, während an Bord ein zweites Team fleißig alle Sachen in oder an den Helikopter laden wird. Insgesamt rechnen wir mit einem vollen 8-Stunden Arbeitstag bis unser Camp voll ausgestattet ist. Von dort an sind wir auf uns alleine gestellt und Polarstern wird uns Ende Januar wieder vom Drescher-Inlet abholen.

Bei der ersten wissenschaftlichen Station der Polarstern, während der verschiedene Geräte von fast allen Arbeitsgruppen an Bord zum Einsatz kamen, wurden mittlerweile auch die ersten Proben gewonnen. Nun dampfen wir also in Richtung Drescher-Inlet, welches frühestens am 26. Dezember erreicht wird. Wie so vieles in der Antarktis ist unsere Ankunft allerdings vom Wetter und den Eisbedingungen abhängig. Dazu dann in Kürze mehr.

Frohe Feiertage und liebe Grüße von Bord der Polarstern,

Dominik Nachtsheim, AWI

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