Eine Entdeckungsreise unter dem Mikroskop

Die rund um die Kapverden auftretende blütenbildende Diatomee Thalassiosira sp (Foto Alexandra Kraberg).
Die rund um die Kapverden auftretende blütenbildende Diatomee Thalassiosira sp (Foto Alexandra Kraberg).

Von Annette Wilson & Minna Hovi |

Und wieder senden wir Grüße von der guten alten Dame Polarstern!

Mit zunehmender Nähe zum Äquator ändert das Wasser um uns herum deutlich seine Farbe. Wir sehen das nicht nur mit bloßem Auge, sondern auch in den zugehörigen Satellitenbildern. Gleichzeitig beobachten wir eine Änderung der Phytoplanktonzusammensetzung in unseren Proben unter dem Mikroskop, und hier liegt der Schlüssel für die unterschiedlichen Farben des Meeres.

Unsere Fahrt begann in den küstennahen Gewässern des Ärmelkanals mit seinem nährstoffreichen und grünen Wasser. In diesen gemäßigten Breiten führt die ungleichmäßige Erwärmung des Wassers durch die Sonne und durch saisonale Wetterlagen zu einer Durchmischung der oberen Wasserschichten. Im Winter kann diese Schicht zwischen 200 und 300 Meter tief reichen, Nährstoffe in das Oberflächenwasser bringen und damit das Phytoplanktonwachstum unterstützen. Das tropische Gebiet, durch das wir derzeit fahren, ist zum einen sehr viel nährstoffärmer und hat zum anderen aufgrund der gleichmäßigen Sonnenerwärmung (die wir alle sehr genießen!) eine sehr viel flachere durchmischte Schicht. In Folge ist das Wasser planktonarm und erscheint in einem tiefen, leuchtenden Blau.

Verschiedene Ceratium Spezies entlang unserer Reiseroute: (a) Ceratium furca, (b) Ceratium azoricum, (c) Ceratium teres, (d) Ceratium cf. Carriense (Fotos Alexandra Kraberg).
Verschiedene Ceratium Spezies entlang unserer Reiseroute: (a) Ceratium furca, (b) Ceratium azoricum, (c) Ceratium teres, (d) Ceratium cf. Carriense (Fotos Alexandra Kraberg).

Unsere ersten Phytoplanktonproben zogen wir mit einem Netz von 20 Mikrometer Maschengröße bei 48 Grad nördlicher Breite. In der Probe wimmelte es an Arten, die typisch sind für Schelfmeere und küstennahe Gewässer. Auffällig waren insbesondere Diatomeen mit ihrem pillendosen-ähnlichen Aussehen. Zudem fanden wir giftige Dinoflagellaten wie etwa Dinophysis acuminata. Mit zunehmender Wassertiefe außerhalb des europäischen Schelfs (3 – 4 Kilometer) änderte sich die Zusammensetzung unserer Proben schlagartig. Je nach Breitengrad tauchten unterschiedliche Spezies der Dinoflagellatenart Ceratium auf. Ceratium kann recht einfach aufgrund ihrer drei Hornfortsätze erkannt werden.

Das Auftreten der sonnenähnlichen Diatomee Planktoniella sol in der Biskaya kündigte den ersten tropischen Einfluss an. Diese wunderschöne Zelle fand sich zunehmend häufiger in den Netzen, je weiter wir nach Süden zum Ampère Sea Mount (circa 35 Grad Nord) vordrangen. Die Zusammensetzung in den Proben zeichnet sich aus durch wunderschöne Exemplare, wobei die Häufigkeiten aufgrund des nährstoffarmen Wassers deutlich abnehmen.

Rund um die Kapverden (16 Grad nördlicher Breite) tauchten dann wieder Arten auf, die ansonsten für Küstengewässer charakteristisch sind, darunter auch insbesondere Diatomeen. Typisch für diese Gegend ist die kleine Thalassiosira, die dichte Bestände („Blüten“) bildet und sich als braune Masse in unseren Netzen niederschlug.

Grundsätzlich gilt für alle Organismen, dass die Anzahl von Arten Richtung Tropen zunimmt. Und dies gilt auch für Phytoplankton im Ozean. In den ersten Tagen unserer Fahrt konnten wir Emiliana huxleyi beobachten, eine Coccolithophoride, die meist in den hohen und gemäßigten nördlichen Breiten vorkommt. Unter zunehmendem tropischen Einfluss tritt eine große Menge

Vertreter dieser Gruppe auf, die sich durch ihr kalkschaliges Skelett unterscheiden. Diese markanten Kalkplättchen dienen auch zur Identifizierung der unterschiedlichen Arten.

Im Gegensatz zu den europäischen Küstengewässern sind die tropischen Breiten eher selten das Ziel von Forschungsreisen. Wir sind daher sehr gespannt, was wir im weiteren Verlauf unserer Reise noch alles entdecken in unseren Netzen und unter dem Mikroskop.

Slán go foil & Terveisiä maailmalta!

Annette & Minna im Namen aller Studentinnen und Studenten hier an Bord

Leser:innenkommentare (1)

  1. Torben N.

    Sehr geehrte Nadine,

    sehr interessant, was Ihr unter dem Mikroskop beobachtet. Ich habe soeben durch den Artikel viel dazulernen dürfen. Habe ich das richtig verstanden: durch eine unterschiedliche Phytoplanktonzusammensetzung ändert sich die Farbe des Meeres? Richtung Tropen ist das Wasser ja meist türkisblau. Die Anzahl des Phytoplanktons nimmt Richtung Tropen zu – das heißt je mehr davon vorhanden ist, desto heller ist das Wasser? Oder denke ich da gerade falsch? Und wieso sind die Tropen selten das Ziel von Forschungsreisen, wenn es da mehr zu entdecken gäbe? Liegt das an den Arten?

    Herzliche Grüße!

    Torben N.

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