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Forschung an Deutschlands südlichster Station: Wie kommt die Luft ins Eis? Was macht der Schnee mit der Sonnenstrahlung? Und was passiert im Innern eines Eisschildes?

Die Kohnenstation ist Deutschlands südlichster Außenposten. Gelegen auf 75 Grad südlicher Breite, 0 Grad östlicher Länge und einer Höhe von 2892 Metern über dem Meeresspiegel sind es von der Kohnenstation „nur“ noch rund 1670 Kilometer bis zum Südpol. Die Station wurde im Jahr 2001 errichtet und dient Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen nur im Sommer als logistische Basis für Forschungsarbeiten. Während des antarktischen Winters ist sie unbewohnt.

In diesem Expeditionsblog berichten Glaziologen und Meteorologen des Alfred-Wegener-Institutes und ihre internationalen und nationalen Kooperationspartner von ihren aktuellen Forschungsarbeiten an der Kohnenstation. Derzeit gehen die Wissenschaftler zwei großen Fragen nach: Im Projekt Coldest Firn untersuchen sie, wie die Luft ins Eis kommt. Im Rahmen von Coldest Firn – Meteorologie (CoFi – Met) erforschen sie klimarelevante Eigenschaften der Schneeoberfläche.

Zwischendurch wird es zudem Berichte von der Expedition des EKSEIS-Team geben. Im EK-SEIS -Projekt stehen Forschungsarbeiten auf dem Halvfarryggen und Ekströmisisen (in der Nähe der Neumayer-Station III) zur internen Struktur des Eisschildes sowie zum Aufbau des Bodens darunter im Mittelpunkt. Diese Forschungsarbeiten finden nicht an der Kohnenstation statt.

Das Coldest-Firn-Projekt

Wie kommt die Luft ins Eis, wie die Temperatur? Was hat sich in der Vergangenheit zuerst geändert – die Temperatur und Kohlendioxid (CO2) folgte? Oder war es vielleicht genau anders herum? Dies sind zwei der zentralen Fragen der Paleoklimaforschung.

Firn ist das Stadium zwischen Schnee und Eis, solange die Poren noch offen sind. Im Eis sind alle Poren zu Luftblasen isoliert und der Luftaustausch zur freien Atmosphäre unterbunden. Je nach den klimatischen Bedingungen liegt der Übergang von Firn zu Eis in Tiefen zwischen 50 und 120 Meter. Das Eis ist zu diesem Zeitpunkt bereits 200 bis 2000 Jahre und in Eiszeiten schon 5000 Jahre alt oder sogar noch älter, die Luft dementsprechend jünger.

Firn ist für die Eiskernforschung, welche die Klima und Umweltgeschichte der letzten Jahr-hunderte bis Jahrhundertausende rekonstruieren, von besonderem Interesse, weil im Firn alle wichtigen Klima- und Umweltsignale eingefroren werden. Uns interessiert, wie Schnee über Firn zu Eis in Abhängigkeit von den heutigen klimatischen Bedingungen verdichtet. Erst wenn wir die heutige Firnverdichtung verstanden haben, können wir den Lufteinschluss unter eiszeitlichen Bedingungen rekonstruieren, den Altersunterschied zwischen Eis und eingeschlossener Luft abschätzen, das Verhalten von Temperatur und CO2-Konzentration in der Vergangenheit rekonstruieren und mit hoher Zuverlässigkeit sagen, ob sich die Temperatur oder das CO2 zuerst geändert hat. Dazu versuchen wir in der nächsten Jahren Eiskerne bis 200 Meter Tiefe in den kältesten Gebieten der Antarktis zu bohren, weil diese Gegenden den eiszeitlichen Klimabedingungen am nächsten kommen.

CoFi-Met – Was macht der Schnee mit der Sonnenstrahlung?

Im Rahmen dieses Projekts wird die zeitliche und räumliche Variabilität der Reflektion solarer Strahlung (Albedo, BRDF) an der Schneeoberfläche in der Antarktis untersucht. Das Hauptziel ist eine Verbesserung von prognostischen Schneemodellen und von Parametrisie-rungen der Schneealbedo, wie sie derzeit in regionalen und globalen Klimamodellen ver-wendet werden. Diese Parametrisierungen werden in Abhängigkeit von Schneekorngröße, Schneeoberflächenrauigkeit und atmosphärischen Parametern formuliert. Um dieses Ziel zu erreichen, kombinieren wir bodengebundene in situ-Messungen und flugzeuggetragene Fernerkundungsmessungen miteinander.

Die bodengebundenen Daten decken dabei die zeitliche Variabilität von Schnee- und Atmosphäreneigenschaften ab, was es uns ermöglicht, prognostische Schneemodelle zu validieren und zu verbessern. Die durch Flugzeugmessungen gewonnenen Daten geben hingegen Aufschluss über die räumliche Variabilität selbiger Größen. Nur durch die Kombination beider Messmethoden kann ein aussagekräftiger Einblick in die Wechselwirkung zwischen solarer Strahlung und Schneeeigenschaften gewonnen werden.

Durch die Einbindung der erhobenen Messdaten in Modelle und einem anschließenden Vergleich zwischen simulierter und gemessener Schneealbedo können Parametrisierungen der Schneeeigenschaften wie sie in Strahlungs- und Klimamodellen verwendet werden, validiert und verbessert werden.

EKSEIS – Seismische Messungen auf dem Halvfarryggen und Ekströmisen

Die Bewegung des antarktischen Eisschildes wird durch Vorgänge an seiner Ober- und Unterseite sowie durch die räumliche Veränderung der Eigenschaften im Eis kontrolliert. Das heißt, die interne Struktur des Eisschildes stellt ein Gedächtnis der vergangenen Bewegung dar, dessen Verstehen für die Entschlüsselung der Eisschild-Geschichte und der Vorhersage seines zukünftigen Verhaltens eine Schlüsselfunktion besitzt.

Als Archiv für die vergangene, dynamische Bewegung des Eises dienen zudem die Bodenschichten unter dem Eisschild. Denn die physikalischen Eigenschaften an der Unterseite des Eises bestimmen, wie sich das Eis bewegt.

Die Expedition EKSEIS hat die Kartierung dieser subglazialen Sedimentschichtung und der Mächtigkeit der Wassersäule unter dem Schelfeis zum Ziel. Außerdem wollen wir die Eigenschaften der Eisbedeckung (Anisotropie und räumliche Variation der seismischen Ausbreitungsgeschwindigkeit) bestimmen. Dazu setzen wir reflexionsseismische und Radar-Verfahren ein, von deren Messergebnissen wir auf die physikalischen Eigenschaften des Eises bezwiehungweise auf die Beschaffenheit der Sedimente schließen können.

Diese Messungen finden auf einem Profil auf dem Ekströmisen, der Übergangszone zum Schelfeis, und im gegründeten Einzugsgebiet des Ekströmisen statt. Zudem werden seismische Messungen über einer magnetischen Anomalie etwa 100 Kilometer südlich des Halvfarryggens durchgeführt, wo ein Vulkan vermutet wird.

Basierend auf den Erfahrungen aus früheren Expedition kommen zwei verschiedene Quellen zur Anregung von seismischen Wellen zum Einsatz: herkömmliche Sprengseismik sowie Vibroseismik. Der Großteil der Profile wird mit einem in den letzten Jahren am AWI entwi-ckelten Messaufbau durchgeführt. Für diesen wird ein sogenannter seismischer Vibrator als seismische Quelle eingesetzt. Als Empfänger dient ein Schneestreamer. Darunter versteht man ein 1,5 Kilometer langes Kabel, an welchem in einem Abstand von 25 Metern Geophone angebracht sind. Sprengseismik dient zur Ergänzung auf ausgewählten Abschnitten.

Wir hoffen, mithilfe der Expeditionsergebnisse die Dynamik des Ekströmisens seit dem letzten glazialen Maximum vor circa 25000 Jahren rekonstruieren und die gegenwärtigen Eigenschaften an seiner Unterseite bestimmen zu können.

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