„Wissenswerte“-Workshop zum Thema Impfung: Wir haben die HZI-Forscherin Jördis Ott dazu befragt

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Bereits gestern startete die Wissenswerte, das Fachforum für Wissenschaftsjournalisten, -kommunikatoren und Forscher aus den Natur-, Technik- und Medizinwissenschaften, dieses Mal in Magdeburg. Auch für die Forscher des HZI ist dieses Forum für Wissenschaftsjournalismus eine wichtige Veranstaltung. Jördis Ott, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe Epidemiologie, besucht heute die Wissenswerte um in einem Workshop zum Thema „Impfschäden – wie schädlich ist Impfen wirklich?“ mit zu diskutieren. Wie sie zu diesem Thema steht, welche Risiken existieren und was sie generell von der Wissenswerte hält? Rebecca Winkels, Redakteurin in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, hat sie dazu interviewt.

Rebecca Winkels: Wie wichtig ist es aus deiner Sicht als Wissenschaftlerin, sich impfen zu lassen?

Jördis Ott: Die Impfung allgemein ist eine der wirksamsten Errungenschaften der Vorsorge-Medizin, um die Sterblichkeit vor allem bei Kindern zu reduzieren. Sie ist ein Präventionsinstrument, das man weltweit einsetzen kann und das auch eine hohe Kosteneffizienz hat. Die meisten Krankheiten, gegen die geimpft wird, können tödlich sein oder schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Wer sich nicht impfen lässt, geht also ein Risiko ein, für sich selbst und eventuell auch für andere. Das muss sich jeder klar machen.

Rebecca Winkels: Welche Gefahr gibt es bei einer Impfung? Woher kommen die Zweifel?

Jördis Ott: Eine Sache, die Impfungen von anderen medizinischen Maßnahmen unterscheidet ist, dass sie sich an gesunde Menschen richten. Daher muss ein Impfstoff vor der Zulassung auch sehr hohe Anforderungen hinsichtlich Sicherheit und Wirksamkeit erfüllen. Natürlich gibt es keine hundertprozentige Sicherheit, aber das Risiko einer Komplikation nach Impfung ist nicht annähernd vergleichbar mit dem Risiko für die zu verhindernde Krankheit. Es wird oft sehr selektiv und vorwiegend über seltene negative Ereignisse berichtet. Dabei wird oft ein Zusammenhang zwischen Erkrankungen und Impfungen hergestellt, der nicht wirklich zutreffend ist. Zufällige Ereignisse, die bei geimpften Menschen kurz nach der Impfung auftreten, werden dann plötzlich mit der Impfung selbst verknüpft. Dabei verursachen Impfungen zumeist höchstens vorübergehende und leichte Reaktionen, die daraus resultieren, dass der Körper, sprich das Immunsystem, auf die Impfung reagiert, was ja erwünscht ist.

Rebecca Winkels: Woher weiß man, welche Impfungen notwendig sind und welche nicht? 

Jördis Ott: Die Ständige Impfkommission gibt in Deutschland Empfehlungen heraus. Ähnliche Institutionen gibt es in fast allen europäischen Ländern. Übersichtlich ist zum Beispiel der Impfkalender, der zeigt, wann und was geimpft werden sollte. Auf internationaler Ebene erarbeitet die Weltgesundheitsorganisation Impfempfehlung. Diese sind dann zumeist allgemeiner, da sie ja weltweit einsetzbar sein sollen bzw. von den einzelnen Ländern angepasst werden können.

Rebecca Winkels: Wie entstehen diese Impfempfehlungen?

Jördis Ott: Für die Empfehlungen wird nach besten verfügbaren Daten und Studien zu der jeweiligen Impfung und Krankheit nach festgelegten Methoden evaluiert und auf dieser Basis empfohlen. Da hat sich einiges getan. Früher basierte das unter anderem auf der Empfehlung von Experten, das ist jetzt wesentlich systematischer.

Rebecca Winkels: Eine Impfpflicht gibt es nicht?

Jördis Ott: Nein, in Deutschland nicht. Da geht es vor allem um ethische Fragen. Das ist ein schwieriges und sehr heiß diskutiertes Feld. Statt einer Pflicht wäre es sinnvoller, mehr Informationen, auch in den Medien, die allen zugängig sind, bereitzustellen. Eine generelle Impfpflicht ist aus meiner Sicht nicht die Ideallösung.

Rebecca Winkels: Welche Chance siehst du in der Teilnahme an der Wissenswerten? Was erhoffst du dir davon?

Jördis Ott: Ich halte es für sehr wichtig, sich der öffentlichen Diskussion zu stellen und aktiv daran mitzuarbeiten, wie Wissenschaft in der Öffentlichkeit präsentiert wird. Ich hoffe gerade beim Thema Infektionen und Impfungen mehr im Austausch mit den Journalisten zu stehen, um das Feld kritisch zu präsentieren und eine fundierte Diskussion zu erlauben. Außerdem möchte ich die Verbindung zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung im Bereich der Vakzinologie darstellen, denn hier geht es um wesentlich mehr als zum Beispiel die bloße Entwicklung eines Impfstoffes. Eigentlich ist es ein Feld für sehr interdisziplinäre Forschung.

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