Was hat schmelzender Schnee in den schweizer Bergen mit Grönland zu tun?
Eigentlich nichts. Dann aber doch wieder viel. Das Schmelzen der saisonalen Schneedecke ist ein wichtiger Teil des Jahreszyklus in den Bergen, weil dann wieder flüssiges Wasser in größeren Mengen zur Verfügung steht. Gleichzeitig steigt in der Schmelzsaison aber auch die Gefahr von sogenannten Nassschneelawinen an. In den letzten fünf Jahren wurde im Rahmen der MUSI-Kooperation zwischen Uni Heidelberg/AWI, dem schweizer WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF und der FH Joanneum in Österreich (gefördert von DFG, SNF und FWF) eine Methode entwickelt, um die Schmelzprozesse im Schnee kontinuierlich beobachten zu können. Dazu haben wir ein aufwärtsschauendes Bodenradar konzipiert, welches von unten nach oben durch den Schnee schaut. Besonders interssiert waren wir an der Schneehöhe, dem von der Dichte abhängigen, sogenannten Schnee-Wasser-Äquivalent (SWE) und dem Flüssigwassergehalt (liquid water conent – LWC: wie viel flüssiges Wasser ist eigentlich in der Schneedecke?). Dazu mussten aber noch eine Information über die Mächtigkeit der Schneedecke hinzugezogen werden. Das Messsystem konnte nicht alle Größen gleichzeitig bestimmen.
Durch Kombination mit einem einfachen GPS-Empfänger, der an der LMU München konzipiert wurde, wurde es nun auch möglich, unabhängig von äußeren Messungen nun Schneehöhe, SWE und LWC zu bestimmen. Das ganze ist im Detail in einer Publikation in den Geophysical Research Letters nachzulesen. Die Journalisten des Discovery Channels Canada haben daraus gleich einen Film gemacht, der das ganze noch besser veranschaulicht (ab Minute 3:25). In einem ScienceShot gibt es auch noch verständliche Schemas zum Aufbau des Systems. Wobei man mit der wissenschaftlichen Interpretation und Anwendung für die Beurteilung der Lawinengefahr dabei etwas vorsichtiger sein muß, als in den Beiträgen dargestellt …
Was hat das nun mit Grönland zu tun? In der Firnzone des Grönländischen Eisschilds wurde in den letzten Jahren ein großer Aquifer bzw. Wasserleiter entdeckt, in welchem Wasser in flüssiger Form das ganze Jahr über erhalten bleibt. Zudem dehnt sich der Bereich, in welchem der Firn zumindestens an einigen Tagen im Jahr anfängt zu schmelzen, immer weiter in höhere Lagen aus. Um die Gesamtmassenbilanz des Eisschildes genau bestimmen zu können, also das Verhältnis von Schneezutrag und Schmelze bzw. Kalben von Eisbergen, ist es wichtig zu wissen, welcher Anteil des Schmelzwassers im Eisschild verbleibt und dort evtl. auch wieder gefriert. Um auch in Grönland eine kontinuierliche Beobachtung der Schmelzprozesse zu ermöglichen, werden während der FirnCover-Kampagne derzeit auch die Bedinungen vor Ort für den Aufbau eines aufwärtsschauenden Radars untersucht.
