Zu zweit aus Armenien

Alina (l.) und Liana (r.) Movsesyan. Bild: G. Otto/GSI

Alina und Liana Movsesyan sind Schwestern. Sie kommen aus Armenien, haben an der Universität in Jerewan Physik studiert und schreiben jetzt ihre Doktorarbeiten bei GSI in der Kernstrukturphysik und in der Materialforschung. Das Interview führt Carola Pomplun aus der GSI-Öffentlichkeitsarbeit.

Alina und Liana Movsesyan, ihr seid Schwestern. Wie seid ihr beide zu GSI gekommen?

Alina Movsesyan (AM): Während meines Studiums wurde schnell klar, dass die Forschungsmöglichkeiten in Armenien begrenzt sind, deshalb suchte ich nach Alternativen. Im Internet habe ich das GSI-Sommerstudentenprogramm gefunden und mich im Jahr 2008 beworben. Das Programm war toll und dort habe ich auch meinen jetzigen Betreuer aus der Abteilung „Kernreaktionen“ kennengelernt, der mir das Forschungsgebiet vorstellte. Das hat mich so begeistert, dass ich bei ihm meine Doktorarbeit begonnen habe.

Liana Movsesyan (LM): Meine Schwester hat mir so viel von Deutschland erzählt, dass ich auch kommen wollte. Mein Forschungsgebiet ist die Nanotechnologie. Dafür kam die GSI-Materialforschung in Frage. Also habe ich mich zwei Jahre später ebenfalls auf das Sommerstudentenprogramm beworben und hatte Glück. Für meine Masterarbeit ging ich zurück nach Armenien, aber danach öffnete sich eine Position für eine Doktorarbeit bei der GSI. Da habe ich sofort zugesagt.

Warum haben Sie sich für ein Physikstudium entschieden?

AM: Mein Physiklehrer in der Schule war daran schuld. Er hat so einen Enthusiasmus für die grundlegenden Fragen der Welt aufgebracht: Warum passieren manche Dinge? Warum ist das Universum so? Es ist noch so vieles unverstanden und kann entdeckt werden. Das hat bei mir den Forschergeist geweckt.

LM: Bei mir war es das spezielle Fachgebiet. Ich hatte schon immer ein Interesse für Mathematik, überlegte aber Architektur zu studieren, denn mein Vater ist Architekt. Ein Privatlehrer hat mir dann von der Nanotechnologie erzählt. Sie beinhaltet viel experimentelle Arbeit und ist wie eine Kunstform, man erschafft etwas. Ich wusste schnell: das will ich machen.

Um was geht es in Ihren Doktorarbeiten?

LM: Mit dem GSI-Linearbeschleuniger kann man Kanäle in Materialien hineinschießen und sie dann ausätzen. So erhält man feine Poren, die man auch wieder mit einem anderen Material füllen kann. Sie sind eine Matrize für die Produktion von winzigen Nanodrähten. Mich interessieren dabei besonders Halbleitermaterialien, denn für sie gibt es viele Anwendungen in der Energietechnik. Sie spielen eine Rolle in Solarzellen oder als Elektroden für die Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff.

AM: Ich beschäftige mich in der R3B-Kollaboration, die auch an der zukünftigen FAIR-Anlage arbeiten wird, mit der Struktur von sogenannten exotischen Atomkernen. Sie sind selten und sehr instabil, aber man kann sie mit dem GSI-Ringbeschleuniger künstlich erzeugen und beschleunigen. In unserem Experimentieraufbau können wir Streuexperimente mit ihnen machen, bei denen wir alle Reaktionsprodukte mit ihren Eigenschaften bestimmen. In meiner Doktorarbeit geht es hauptsächlich um die Datenanalyse. Wir haben mit dem bei GSI bestehenden Aufbau aus dem ALADIN-Magneten und dem Neutronendetektor LAND einen bestimmten Atomkern, nämlich Nickel-57, vermessen.

Was ist in Deutschland anders als in Armenien?

AM: Deutschland ist sehr gut organisiert. Es gibt für alles Regeln und sie werden auch befolgt. Das ist hilfreich, aber manchmal auch ein bisschen anstrengend. Die Kulturen sind aber nicht so unterschiedlich. Ich mag den deutschen Lebensstil. Die Menschen und besonders meine Kollegen sind sehr freundlich und hilfsbereit. Und ich habe die Gelegenheit viele Kontakte, auch mit internationalen Forschern, zu knüpfen, neue Freunde zu gewinnen und zu reisen.

LM: Ich habe oft Heimweh nach meiner Familie. Familie ist in Armenien sehr wichtig. Dann ist es gut, dass Alina da ist. Am Anfang war natürlich alles anders: das Wetter, das Essen. Aber daran gewöhnt man sich. Die deutsche Sprache finde ich sehr schwierig. Ich habe Russisch in der Schule gelernt und bin froh, dass bei GSI so viele Russen arbeiten. Wenn sie sich unterhalten, verstehe ich das. Aber einem deutschen Gespräch zu folgen fällt mir noch schwer. Ich lese gerne deutsche Märchen, zum Üben. Und die Architektur finde ich sehr schön. Das habe ich wohl von meinem Vater, dass ich darauf achte. Mir gefallen die Burgen und die Fachwerkhäuser.

Was kommt nach der Doktorarbeit?

LM: In Deutschland oder in Europa zu bleiben wäre schön. Auf meinem Fachgebiet gibt es leider in Armenien noch keine Möglichkeiten. Aber vielleicht eröffne ich auch eines Tages dort ein Nanotechnologie-Labor – wer weiß!

AM: Ich sehe mich in Europa oder den USA, aber auch in Armenien verändert sich etwas. Eine Synchrotron-Lichtquelle namens CANDLE wird gerade gebaut. In der Zukunft gibt es hoffentlich auch bei uns mehr Möglichkeiten zu forschen.

Dieses Interview erschien im GSI-Magazin target. Abonnement und mehr Informationen.

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